Solides US-Wirtschaftswachstum Fed-Chefin Yellen gibt sich "dovish"
07.05.2014, 21:54 Uhr
Janet Yellen stellt eine weitere schrittweise Verringerung der Anleihekäufe und "mit der Zeit" auch eine Verringerung der Bilanzsumme im Aussicht.
(Foto: REUTERS)
Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA sieht Fed-Chefin Yellen positiv. Den lockeren geldpolitische Kurs hält sie dennoch für angemessen. Beobachter interpretieren in ihre Worte allerdings eine Menge hinein.
Federal-Reserve-Chefin Janet Yellen hat sich bei ihrer ersten Kongressanhörung überwiegend optimistisch zu den Wachstumsaussichten der US-Wirtschaft geäußert - dabei aber trotzdem einen leicht "dovishen" ("taubenhaften") Eindruck hinterlassen. Bei ihrer halbjährlichen Anhörung vor dem gemeinsamen Wirtschaftsausschuss von Senat und Repräsentantenhaus machte Yellen deutlich, dass sie die Zinsen wie geplant bis auf weiteres bei nahe Null halten will. Der US-Dollar und die US-Staatsanleihen blieben im wesentlichen unverändert, die Aktienmärkte gaben weltweit leicht nach.
"Nachdem der harte Winter hinter uns liegt, deuten viele der zuletzt veröffentlichten Indikatoren darauf hin, dass eine Erholung von Ausgaben und Produktion bereits im Gange ist, was auf ein solides Wirtschaftswachstum im laufenden Quartal hindeutet", sagte Yellen vor dem Ausschuss. Im ersten Quartal hatte das Bruttoinlandsprodukt nur stagniert, was nach Angaben der Fed-Chefin überwiegend an einer Reihe temporärer Faktoren lag.
Yellen "beobachtet"
Yellen befasste sich ausführlich mit den Wachstumsrisiken. So nannte sie die jüngsten Daten vom Häusermarkt enttäuschend und sagte eine Beobachtung zu. "Die jüngste Abflachung der Aktivität im Hausbausektor könnte sich hartnäckiger als bisher angenommen erweisen", sagte sie. Das sei wahrscheinlicher als eine Rückkehr zu dem früheren Wachstumstempo. Der Häusermarkt ist sehr empfindlich für Zinsänderungen.
"Die wichtigste Nachricht war, dass die Fed-Chefin zwar zwei Abwärtsrisiken für das Wachstum genannt hat, aber kein Aufwärtsrisiko", befand Laura Rosner, Analystin bei BNP Paribas. Außer dem Häusermarkt führte Yellen noch eine ungünstige Entwicklung im Ausland, wie geopolitische Risiken und noch mehr finanziellen Stress in einigen Schwellenländern an.
Bei seiner jüngsten Sitzung hatte der Offenmarktausschuss FOMC kürzlich beschlossen, die monatlichen Anleihekäufe der Fed von 55 auf 45 Milliarden US-Dollar zu verringern. Zudem wurde beschlossen, den Leitzins unverändert bei 0,00 bis 0,25 Prozent zu belassen. Der Interpretation der Finanzmärkte, dass die Fed ihren Leitzins bis Mitte 2015 so niedrig lassen wird, hat die Zentralbank bisher nicht widersprochen.
Zinserhöhung 2015?
Yellen sagte in der Anhörung: "Das hohe Ausmaß ungenutzter Kapazitäten an den Arbeitsmärkten und die anhaltend niedrige Inflation, die unter dem Zielwert von 2 Prozent liegt, zeigen, dass die sehr akkommodierende Geldpolitik angemessen bleibt." Nach ihren Worten rechnen die meisten Fed-Offiziellen damit, dass 2015 oder 2016 eine Normalisierung der Geldpolitik stattfinden wird. Einen spezifischen Zeitplan gebe es dafür aber nicht.
UBS-Analyst Drew Matus sagte, sein Haus rechne weiterhin damit, dass die erste Zinserhöhung Mitte 2015 stattfinden werde. Zudem dürften in den Prognosen der FOMC-Mitglieder nach und nach Zinserhöhungen im Jahr 2016 auftauchen.
Risiken der Nullzinspolitik
Die Fed-Chefin stellte eine weitere schrittweise Verringerung der Anleihekäufe und "mit der Zeit" auch eine Verringerung der Bilanzsumme im Aussicht. Beginnen werde der Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik vermutlich damit, dass die Zentralbank Erträge aus fällig werdenden Papieren nicht mehr reinvestiere.
Auf der anderen Seite sprach die seit Februar amtierende Fed-Chefin auch die Risiken an, die sich aus ihrer Nullzinspolitik ergeben. "Über längere Zeit niedrige Zinsen können die Investoren dazu verführen, nach höheren Renditen zu jagen, indem sie sich stärker verschulden und höhere Laufzeiten- sowie Kreditrisiken eingehen", sagte sie.
Allerdings, so fügte Yellen hinzu, sei die Jagd nach Rendite derzeit nur schwach ausgeprägt. Auch scheine die Bewertung von Aktien und Immobilien aus historischer Sicht nicht übertrieben. Insgesamt erweckte Yellen nicht den Eindruck, dass die Fed ihre Niedrigzinspläne geändert hat.
Nicht "bearish" geklungen
Wenn der Zeitpunkt aus Sicht der Fed gekommen ist, dann, so beteuerte Yellen, werde die Notenbank aber entschlossen handeln. Dazu werde sie voraussichtlich den Zins anheben, den die Fed den Geschäftsbanken für überschüssige Einlagen zahlt. Hinzu komme eine Reihe anderer Instrumente mit denen das allgemeine Zinsniveau angehoben werden könne, sagt Yellen.
ING-Ökonom Rob Carnell fand den ersten Auftritt der neuen Fed-Chairwoman, verglichen mit der sehr marktbewegenden "Tapering"-Anhörung ihres Vorgängers Ben Bernanke im vergangenen Jahr gelungen: Angesichts der zuletzt guten Daten und der sinkenden Anleiherenditen habe das Risiko bestanden, dass auch sie "bearish" klingen würde, sagte Carnell. Aber in diese Falle sei Yellen nicht getappt. "Das kann sie als Erfolg sehen."
Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts