Dicker Scheck aus Abu Dhabi Feierlaune in Dubai
14.12.2009, 16:50 UhrDas ölreiche Emirat Abu Dhabi hat seinen hoch verschuldeten Nachbarn Dubai überraschend mit zehn Mrd. US-Dollar in letzter Sekunde vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt. Finanzmärkte in aller Welt reagieren erleichtert.
Die Börse Dubai schoss am Montag mit mehr als zehn Prozent so kräftig nach oben wie seit 14 Monaten nicht mehr. Auch der Dax und die Aktienmärkte in New York verbuchten Gewinne.
Mit dem Geld konnte der staatliche Bauherr der berühmten Palmeninsel, Dubai World, am Montag fällige Kredite begleichen und hat nun eine Atempause bis April. Gelöst ist die Schuldenkrise damit aber noch lange nicht, denn das Glitzer-Emirat schuldet seinen Gläubigern Dutzende Mrd. US-Dollar. So muss Dubai World seine Kreditgeber, darunter HSBC, Lloyds, Royal Bank of Scotland und Standard Chartered, weiter von einem Stillhalte-Abkommen überzeugen, um seinen riesigen Schuldenberg umstrukturieren zu können.
Dubai World hatte Ende November um einen sechsmonatigen Zahlungsaufschub für insgesamt 26 Mrd. US-Dollar Schulden gebeten und damit an den Märkten weltweit Furcht vor einer zweiten Welle der Finanzkrise ausgelöst. Dubai, das selbst kaum über Öl verfügt, hat in den vergangenen Jahren mit zahlreichen spektakulären Bauprojekten Investoren angelockt, dabei aber auch einen riesigen Schuldenberg angehäuft. Von den insgesamt drei künstlichen Inseln in Palmenform ist bislang nur eine fertiggestellt. Zu weiteren Projekten gehört das Hotel Burj al-Arab in Form eines Segels.
Geldspritze als erster Schritt
Die Geldspritze durch Abu Dhabi markierte eine Abkehr vom bisherigen Umgang mit der Krise in der Region. So hatte Dubai vorigen Monat erklärt, nicht für die Schulden von Dubai World geradestehen zu wollen. Das konservative Abu Dhabi wiederum hatte keine Anzeichen geliefert, seinem Nachbarn unter die Arme greifen zu wollen, der mit seinen prunkvoll anmutenden Häuserfassaden und den Mega-Bauprojekten alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
Finanzexperten zeigten sich überrascht von dem Volumen der Geldspritze. "Das ist viel mehr als erwartet. Es ist eine kritische und lebenswichtige Rettungsleine", sagte Chefvolkswirt John Sfakianakis von der Banque Saudi Fransi-Credit Agricole in der saudischen Hauptstadt Riad. "Das sollte viel Vertrauen zurückbringen - Abu Dhabi zahlt die Rechnung." Gleichzeitig warnten die Experten jedoch, dass hiermit nur ein erster Schritt zur Lösung der Schuldenkrise unternommen wurde. "In den nächsten zwei Jahren werden 35 Mrd. US-Dollar in Anleihen und Krediten fällig", erklärte Saud Masud von der Großbank UBS. "Die große Frage ist: Wie schaffen sie den nächsten Schritt?"
Allein 4,1 Mrd. US-Dollar der Geldspritze fließen nun direkt zur Begleichung einer islamischen Anleihe, die am Montag fällig wurde. Als in der vergangenen Woche die Angst vor einer Zahlungsunfähigkeit Dubais um sich griff, wollten Anleger für das Papier zeitweise nur noch weniger als die Hälfte des Nennwertes zahlen. Das übrige Geld will Dubai für weitere Verpflichtungen von Dubai World einsetzen.
Hilfe ohne Bedingungen?
Zunächst blieb unklar, welchen Preis Dubai für die großzügige Hilfe des großen Nachbarn zahlen muss. Zuletzt war darüber spekuliert worden, dass Dubai Hilfe nur im Tausch gegen wertvolle Besitztümer erhält. Ein Regierungsbeamter erklärte, die Hilfe sei nicht an Bedingungen geknüpft. Volkswirt Sfakianakis stellte diese Aussagen jedoch infrage: "Ich bezweifle sehr, dass es bei diesen Summen keine Bedingungen gibt. Abu Dhabi hatte keine andere Wahl. Die Föderation der Vereinigten Arabischen Emirate stand auf dem Spiel." Abu Dhabi könnte auch auf Beschränkungen im freizügigen Nachtleben in Dubai pochen, das konservativen Muslimen ein Dorn im Auge ist.
Mit der Einführung eines neuen Insolvenzrechts will Dubai offenbar zugleich die Gläubiger von Dubai World zu dem nötigen Stillhalteabkommen bewegen. Das neue Insolvenzrecht soll an amerikanisches und britisches Recht angelehnt sein und nimmt damit vor allem insolvente Firmen vor den Forderungen der Gläubiger in Schutz. Das neue Recht soll greifen, falls Dubai World Gläubigerschutz beantragen muss. "Wir wollten dafür sorgen, dass die Firma den nötigen Schutz erhält, falls sie zum Insolvenzrichter gehen muss", erklärte eine Person aus dem Umfeld der Regierung.
Quelle: ntv.de, rts