Ratingagentur droht mit AAA-Verlust Fitch will Niederlande herabstufen
19.04.2012, 11:27 Uhr
Die Ratingagentur Fitch hat den Niederlanden mit dem Verlust des Topratings "AAA" gedroht.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach der Ratingagentur S&P droht nun auch der zweite Bonitätswächter Fitch den Niederlanden mit dem Verlust ihres Topratings, wenn das Land sein Schuldenproblem nicht in den Griff kriegt. Eine Herabstufung hätte fatale Konsequenzen für das Land, für die Finanzmärkte - und für den Euro.
Ein hochrangiger Manager der Ratingagentur Fitch hat die Niederlande wegen der anziehenden Staatsverschuldung vor einem Verlust der Spitzenbonität AAA gewarnt. "Die Niederländer stehen am Rande eines negativen Rating-Vorgangs", sagte Fitch-Analyst Chris Pryce der britischen Zeitung "Daily Telegraph". "Sie gehen Risiken ein, wenn sie die Schulden weiter anschwellen lassen", mahnte der Fitch-Direktor für Westeuropa.
Die Ratingagentur werde die Bewertung der Niederlande im Juni überprüfen. "Der erste Schritt ist wahrscheinlich ein Wechsel des Ausblicks von stabil auf negativ anstatt einer vollen Abstufung", sagte Pryce. Für den Fall, dass das Budgetdefizit nicht gesenkt und die Schuldenzunahme nicht gestoppt wird, drohe den Niederlanden die Herabstufung: "Eine umsichtige Herangehensweise wäre ratsam". Der kräftige Leistungsbilanzüberschuss und die Glaubwürdigkeit der Vorgängerregierungen erlaubten Fitch im Umgang mit den Niederlanden allerdings "eine etwas stärkere Großzügigkeit".
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte bereits im Januar die Niederlande vor einer Herabstufung gewarnt, sollten die öffentlichen Finanzen zu stark aus dem Ruder laufen. Die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Mark Rutte verhandelt seit Wochen mit ihrem rechtsextremen Verbündeten, der Freiheitspartei, über zusätzliche Sparmaßnahmen, um das Haushaltsdefizit im kommenden Jahr wieder unter die EU-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu drücken. Bislang wurde aber keine Vereinbarung erreicht.
Herabstufung könnte Eurokrise anheizen
Notenbankgouverneur Klaas Knot hat davor gewarnt, dass die Regierung das Vertrauen der Investoren am Anleihenmarkt verlieren könnte und dass die Zinskosten bei einem Verlust der Spitzenbonität beträchtlich steigen würden. Experten hatten zuletzt gewarnt, dass ohne Kurswechsel der niederländische Gesamtschuldenstand gemessen am BIP 2013 auf 73 Prozent steigen dürfte von 65 Prozent im vorigen Jahr.
Doch nicht nur für die Niederlande, sondern auch für die Eurozone könnte eine Herabstufung insgesamt neue Probleme mit sich bringen. Sollten nach der Herabstufung von Frankreich im Januar durch Standard & Poor's auch noch die Niederlande ihre Topbonität verlieren, würde sich der Kreis der Euro-Länder, die überhaupt noch das Spitzenrating besitzen, weiter verkleinern. Derzeit geben die Agenturen nur noch Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Luxemburg und Finnland die Topnote "AAA".
An den Finanzmärkten könnte das die Euro-Krise weiter anheizen und insbesondere die Lage für Spanien verschlimmern, das zuletzt an den Anleihemärkten wieder verstärkt unter Druck geraten war. Denn mit den Niederlanden würde ein weiteres Kernland der Eurozone ins Visier der Finanzmärkte geraten. Zudem würden die Niederlande bei einer Herabstufung als einer der letzten fünf Top-Garanten für die Bürgschaften des Euro-Rettungsschirms EFSF ausfallen.
Dadurch würden die Zinskosten für weitere Hilfspakete steigen oder das effektive Ausleihvolumen des Rettungsschirms weiter sinken. Der EFSF hatte bereits unmittelbar nach der Herabstufung Frankreichs im Januar ebenfalls sein Toprating verloren – Frankreich ist nach Deutschland der zweitgrößte Garantiegeber für die Hilfskredite.
Quelle: ntv.de, hvg/DJ