Neuer Rückschlag für Deutsche Bank Fitschen entschuldigt sich
18.12.2012, 19:40 Uhr
Fitschen: "Mein Anruf erfolgte mit guten Absichten."
(Foto: REUTERS)
Jürgen Fitschens Anruf bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sorgt für Schlagzeilen. Die politische Schelte ist groß. Nun geht Fitschen in die Offensive - und entschuldigt sich persönlich bei Bouffier. Der Konzernlenker will so beweisen, dass er die Kultur beim deutschen Bankenprimus verändern kann. Wenn da nicht bereits der nächste Dämpfer folgen würde.
Sein Beschwerdeanruf beim hessischen Ministerpräsidenten nach der Steuerrazzia schlägt in der Öffentlichkeit hohe Wellen, nun entsch uldigt sich Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen auch persönlich. "Die Unabhängigkeit der Rechtspflege ist auch für mich ein hohes Gut. Sollte mein Anruf in der Öffentlichkeit zu einem falschen Eindruck geführt haben, möchte ich mich dafür ausdrücklich entschuldigen", sagte Fitschen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Mein Anruf erfolgte mit guten Absichten." Er habe gegenüber Volker Bouffier (CDU) seine tiefe Betroffenheit über die Wahrnehmung der Razzia im Ausland ausdrücken wollen.
500 Fahnder hatten am vergangenen Mittwoch unter anderem die Zentrale des Dax-Konzerns in Frankfurt durchsucht. Ermittelt wird wegen schwerer Steu erhinterziehung, Geldwäsche und versuchter Strafvereitelung beim millionenschweren Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate).
Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hat 25 Beschäftigte im Visier, darunter Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause. Die beiden Vorstände hatten die - später korrigierte - Steuererklärung für das Jahr 2009 unterschrieben. Fünf Mitarbeiter wurden verhaftet, vier davon blieben zunächst in Untersuchungshaft.
Fitschen hatte sich nach der Durchsuchung über die aus seiner Sicht überzogene Aktion telefonisch bei Bouffier beklagt. Der Ministerpräsident stellte nach Angaben seines Sprechers klar, dass es sich um staatsanwaltschaftliche Ermittlungen handle, in die er sich nicht einmischen könne.
"Ich bin etwas heiser"
Bereits am Montag hatte es aus Fitschens Umfeld geheißen, dass er den Anruf bedauere und für einen Fehler halte. Doch die Welle der Empörung ebbte nicht ab. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) forderte eine Erklärung: "Herr Fitschen sollte klarstellen, dass er sich einer unabhängigen Justiz gegenübersieht", sagte er dem "Handelsblatt".
Am Montagabend war Fitschen in Essen erstmals nach der Steuerrazzia öffentlich aufgetreten. Auf das umstrittene Telefonat ging der 64-Jährige nur mit einem Satz direkt ein:"«Ich bin etwas heiser, ich musste öfter telefonieren." Weiter sagte Fitschen in Essen - dem Vernehmen nach mehr auf die gesamte Branche als auf das eigene Haus gemünzt: "Wir stehen in der Kritik - zu Recht."
Der Manager, der die Bank seit Juni gemeinsam mit dem Investmentbanker Anshu Jain führt, bekräftigte seinen Anspruch, eine neue Kultur in Deutschlands größtem Geldhaus zu etablieren: "Deswegen habe ich für unser Haus gesagt, dass wir die Kultur ändern müssen." Dazu verpflichte sich die Bank - "ungeachtet dessen, dass wir eine Vergangenheit haben, die es abzuarbeiten gilt."
In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wollte sich Fitschen unter Hinweis auf die seit 2010 laufenden Ermittlungen nicht zu dem Vorwurf äußern, die Bank habe im Zusammenhang mit den Untersuchungen in großem Stil E-Mails vernichtet. "Wir prüfen die Vorwürfe und kooperieren vollumfänglich mit den Ermittlungsbehörden", sagte er.
"Erfahre viel Unterstützung"
Seine Glaubwürdigkeit als künftiger Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) sieht Fitschen durch die Ermittlungen nicht beschädigt: "Trotz der vielfach geäußerten Kritik der letzten Tage erfahre ich auch viel Unterstützung", sagte der Manager der Zeitung.
Der amtierende BdB-Präsident Andreas Schmitz bekräftigte in der "Süddeutschen Zeitung", Fitschen solle wie vorgesehen zum 15. April 2013 neuer Verbandspräsident werden: "Fitschen ist der Richtige an der Spitze des Verbandes."
Kirch-Erben frohlocken
Auch an anderen Baustellen hat die Bank weiter zu kämpfen: Vor Gericht hat sie eine weitere Schlappe im Streit mit den Kirch-Erben erlitten. Ein Aktionär aus dem Kirch-Lager hat wichtige Beschlüsse der Hauptversammlung 2012 mit Erfolg angefochten. Das Landgericht Frankfurt erklärte die Wahl von Paul Achleitner zum Aufsichtsratschef und weiterer AR-Mitglieder für nichtig. Auch die Entlastung des Vorstands sowie die Feststellung des Jahresabschluss sind nach dem Urteil ungültig, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist.
Das Institut befindet sich seit 2002 im Streit mit Kirch und seinen Erben und hat seitdem - neben den Schadenersatzforderungen - mit Anfechtungen der Beschlüsse der Hauptversammlung zu kämpfen. Die Wortgefechte zwischen dem früheren Aufsichtratschef Clemens Börsig und den Aktionären aus dem Kirch-Lager sind legendär. Börsig hat mit eiserner Hand die Redezeit verwaltet und die teils extrem schnell vorgetragenen Beiträge immer wieder unterbrochen.
In einem Fall hat er das bei der Hauptversammlung 2012 nach Ansicht des Gerichts übertrieben. Mit der erfolgreichen Klage gegen dieses Vorgehen hat das Kirch-Lager der Bank einen weiteren Stich versetzt.
Die Deutsche Bank wird aller Voraussicht prüfen, ob sie Berufung einlegt. Das Institut werde nach dem Vorliegen der Begründung "geeignete Rechtsmittel prüfen", sagte ein Sprecher. Praktische Auswirkungen hat das Urteil für die Bank zunächst nicht, da es noch nicht rechtskräftig ist.
Erst vergangene Woche hatte das Oberlandesgericht München entschieden, dass die Frankfurter Großbank den Kirch-Erben Schadensersatz zahlen muss, da sie eine Mitverantwortung für den finanziellen Untergang des Kirch-Konzerns trägt. In einem Interview hatte der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Bank, Rolf Breuer, die Kreditwürdigkeit des Medien-Imperiums von Kirch in Frage gestellt.
Quelle: ntv.de, dpa/DJ