Wirtschaft

G20 findet Kompromisse Fortschritte in Seoul

Es ist historisch – nicht was das Tempo angeht. Nur zwei Jahre gingen ins Land, um die nötige Reform des Weltfinanzsystems auf den Weg zu bringen. Banken müssen künftig ihre Risiken besser absichern. Und China und Co müssen mehr Verantwortung im Krisenfall übernehmen.

(Foto: REUTERS)

Gut zwei Jahre nach dem Fast-Zusammenbruch des Weltfinanzsystems sind schärfere Kontrolle der Banken endgültig auf den Weg gebracht. Geldinstitute rund um den Globus müssen in den nächsten Jahren Milliardenbeträge für eine bessere Risikovorsorge aufbringen. Die Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsmächte (G20) einigten sich in Seoul auf das sogenannte Basel-III-Abkommen. Es sieht deutlich strengere Eigenkapitalregeln vor.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte in Seoul, die Basel-III-Regeln seien unstrittig. Der Gipfel werde sie beschließen. "Das ist zwar keine Überraschung, aber ein großer Erfolg." Die schärferen Vorschriften kommen etwas mehr als zwei Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers. Die Pleite im September 2008 brachte das Weltfinanzsystem fast zum Einstürzen. Das Basel-III-Abkommen soll verhindern helfen, dass bei der nächsten Krise Geldinstitute wieder mit Milliarden aus der Steuerkasse gerettet werden müssen.

Machtverschiebung im IWF

Einen weiteren Meilenstein beschlossen die G20 mit der Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF). Nach Jahren des wirtschaftlichen Booms bekommen China, Indien und andere aufstrebenden Volkswirtschaften mehr Einfluss in der wichtigsten internationalen Finanzinstitution und übernehmen damit im Krisenfall auch mehr Verantwortung. "Es gab keinerlei Kritik, sondern nur Zuspruch", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Der IWF ist eine Art Feuerwehr für Finanzkrisen. Beispielsweise hilft der IWF, Griechenland vor der Staatspleite zu bewahren. Der IWF hat 187 Mitglieder. Da sich die Wirtschaftskraft rund um den Globus verschiebt, war die Reform überfällig. China hatte vor kurzem Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft hinter den USA abgelöst.

Bisher überrepräsentierte Staaten verlieren an Einfluss im IWF. Auch Deutschland, die viertgrößte Wirtschaftsmacht, gibt geringfügig Quotenanteile ab. Es wird als drittgrößter Anteilseigner von China abgelöst. Konkret werden 6,4 Prozent der Anteile überwiegend an Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien umverteilt. Die Anteilsquoten bestimmen das Stimmgewicht einzelner Länder und ihren Kapitalbeitrag.

Keine Exportbechränkungen

Zum Abschluss ihres Gipfels diskutierte die G20 auch Maßnahmen für mehr Wachstum, das Problem von zu großen Handelsungleichgewichten und Wechselkursfragen. Im Handels- und Währungsstreit zwischen den 20 führenden Industrie- und Schwellenländern zeichnet sich auf dem Gipfel in Seoul ein Kompromiss ab. Nach nächtlichen Verhandlungen seien die Chancen gut, eine Einigung auf der Basis der Abschlusserklärung des Treffens der Finanzminister Ende Oktober zu erreichen, sagte der Sprecher Südkoreas. Einen ersten Erfolg gab es mit dem Beschluss der IWF-Reform und schärferer Regeln für Banken.

"Ich glaube, die Aussichten sind günstig", sagte der Sprecher. Die Fortschritte seien sehr ermutigend, sagte ein Vertreter der USA. Die Abschlusserklärung werde "ein wenig den Druck und die Spannungen" reduzieren. In der Nacht hatten die Unterhändler die Verhandlungen über den Abbau von Handelsungleichgewichten fortgesetzt.

Der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak forderte alle Staaten auf, Zugeständnisse zu machen, um eine Einigung zu erreichen. Am Vorabend hatte er sich nach Angaben seines Sprechers mit den Staatsführern einzeln getroffen und dabei "die Bedeutung der internationalen Koordination" unterstrichen. Bundeskanzlerin Merkel sagte, es werde am Ende eine gemeinsame Abschlusserklärung geben, doch werde diese wohl einen begrenzten Kompromiss darstellen.

Grundsätzlich haben sich die Staaten verpflichtet, auf eine Abwertung der Währungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft zu verzichten, und stärker marktbestimmte Wechselkurssysteme anzustreben. Zudem wollen sie Ungleichgewichte abbauen und so exzessive Handelsdefizite und -überschüsse reduzieren. Ein früherer Vorschlag der USA, diese auf vier Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen, ist jedoch am Widerstand von Exportnationen wie China, Deutschland und Japan gescheitert.

Im Streit um die Währungspolitik werden die USA China seit langem vor, seine Währung künstlich niedrig zu halten. Nachdem die US-Notenbank Fed vergangene Woche eine Finanzspritze in Höhe von 600 Mrd. zur Stützung der angeschlagenen US-Wirtschaft ankündigte, stehen die USA nun jedoch selber in der Kritik. Insbesondere Berlin und Peking werfen ihnen vor, den Dollar drücken zu wollen, um ihre Exporte zu fördern.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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