"Wir müssen das jetzt durchziehen" Fraport federt Streikfolgen ab
20.02.2012, 18:35 Uhr
Mitarbeiter in Schlüsselpositionen: Auf dem Vorfeld wird gestreikt.
(Foto: dpa)
Am Flughafen Frankfurt bereiten sich Reisende und Airlines auf den vierten Streiktag in Folge vor. Im Arbeitskampf der Vorfeld-Mitarbeiter bleiben die Fronten verhärtet. Der Flughafenbetreiber betont: Der Sonderflugplan am wichtigsten deutschen Luftdrehkreuz läuft weitgehend reibungslos.
Der Flughafenbetreiber Fraport stellt sich immer besser auf den Streik an Deutschlands größtem Airport ein. Obwohl der Ausstand bis zum Mittwochmorgen ausgeweitet wurde, rechnen Fraport und der Hauptkunde Lufthansa mit weniger Flugausfällen als in der vergangenen Woche. Um die Auswirkungen des Streiks der rund 200 Vorfeldlotsen, Einweiser und Disponenten abzufedern, hat Fraport eigens Mitarbeiter geschult, die deren Aufgaben übernehmen.
Trotz der Streikmaßnahmen konnten zu Wochenbeginn nach Betreiberangaben 80 Prozent der angesetzten Flüge starten und landen. Nur 240 der 1250 geplanten Flüge seien streikbedingt gestrichen worden, teilte Fraport mit. Es habe "keine erhöhten Wartezeiten" gegeben.
"Insbesondere können bisher die interkontinentalen Flugbewegungen erfolgreich durchgeführt werden", erklärte der Betreiber. An den ersten beiden Streiktagen - Donnerstag und Freitag vergangener Woche - hatten jeweils rund 70 Prozent der geplanten Flüge stattgefunden.
Die Streikenden hatten am Morgen die dritte und bislang härteste Runde ihres Arbeitskampfes eingeläutet: Das Vorfeldpersonal und die Mitarbeiter der Verkehrszentrale in Frankfurt hatten wie angekündigt in den frühen Morgenstunden ab 5.00 Uhr ihre Arbeit niedergelegt. Der Ausstand soll zwei Tage bis Mittwochfrüh dauern. Das Vorfeldpersonal ist eine kleine Berufsgruppe, hat aber eine zentrale Rolle auf dem Flughafen, weshalb ihr Arbeitskampf Starts und Landungen stark behindern kann.
Die Gewerkschaft der Flugsicherung ( ) bekräftigte ihre Entschlossenheit, ihre Forderungen durchzusetzen. Diese brächten nach Angaben von Fraport für einzelne Beschäftigte bis zu 70 Prozent höhere Gehälter. "Wir müssen das jetzt durchziehen. Und wir werden das jetzt durchziehen", sagte GdF-Tarifvorstand Markus Siebers.
Im Tarifkonflikt geht es nach Darstellung der GdF um einen komplett neuen Tarifvertrag für die Beschäftigten. Fraport hatte in dem Streit einen Schlichter angerufen, will das Schlichtungsergebnis aber nicht akzeptieren. Das Unternehmen forderte die GdF auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Die Politik hält sich raus
Die Bundesregierung will die Streikwelle am größten deutschen Flughafen in Frankfurt nicht bewerten. "Die Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich geschützt", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Vorgänge im Tarifkonflikt würden beobachtet. Es obliege aber nicht der Regierung zu beurteilen, "ob eine Streikmaßnahme oder ob Forderungen einzelner Gruppen angemessen sind."
Die größte Fluggesellschaft in Frankfurt, die Deutsche Lufthansa, bedauerte eigenen Angaben zufolge, "dass den Fluggästen durch diese Streikmaßnahmen der GdF beim Flughafenbetreiber Fraport Unannehmlichkeiten entstehen". In einer Mitteilung an Kunden war von einem "berechenbaren Sonderflugplan" die Rede. Für Dienstag rechnete die Airline nur noch "mit der Streichung von rund 80 Flugpaaren auf innerdeutschen und Europaverbindungen". Auf einer Sonderseite im Internet hält die Lufthansa aktuelle Fluginformationen für Reisende bereit.
Mit dem Flugticket in die Bahn
Der Flugverkehr mit zahlreichen Umbuchungen auf andere Flüge und das Umsteigen auf die Bahn liefen "den Umständen entsprechend reibungslos", ergänzte eine Sprecherin. Auch Konkurrent Air Berlin berichtete von einigen Ausfällen nach Frankfurt. Die Passagiere werden aber ebenfalls umgebucht.
Fraport riet Reisenden, sich rechtzeitig über ihre Verbindungen zu informieren. Die beiden Fluggesellschaften Lufthansa und Air Berlin bieten vom Streik betroffenen Reisenden an, auf die Deutsche Bahn umzusteigen. Wenn innerdeutsche Flüge wegen des Arbeitskampfes ausfallen, können Flugtickets unbürokratisch und kostenlos in Fahrkarten für die Bahn umgetauscht werden, wie die beiden Airlines und die Deutsche Bahn erklären.
Bei der Lufthansa etwa können Passagiere ihre Tickets an Check-in-Schaltern und -Automaten in einen Reisegutschein zum Zielort umtauschen. Mit diesem Gutschein in der Hand können sie sofort in einen Zug einsteigen, er gilt als Fahrkarte.
Streik-Tipp am Bildschirm
Ähnlich einfach soll das auch bei einem per Kreditkarte über das Internet gebuchten Flug funktionieren. Nach Angaben der Lufthansa erkennt das Buchungssystem schon beim Einloggen in das sogenannte Etix-System oder an einem Check-in-Terminal anhand der Kreditkartendaten automatisch, ob ein Flug streikbedingt ausfällt. Das System unterbreite dem Kunden dann auf dem Bildschirm den Vorschlag zu einer Bahn-Umbuchung, hieß es.
Kunden von Air Berlin erhalten ihre Gutscheine ausschließlich an den Schaltern der Fluglinie an den jeweiligen Flughäfen, wie die Bahn mitteilt. Ihren Angaben nach haben andere Fluglinien keine entsprechenden Vereinbarungen abgeschlossen. Deren Kunden sollten sich daher wegen einer möglichen nachträglichen Erstattung der Kosten für Fahrkarten bei ihrer Gesellschaft erkundigen, empfiehlt die Bahn.
Die Grenzen der Kulanz
Lufthansa-Passagiere, denen es aus zeitlichen Gründen nicht möglich ist, ihr Flugticket umzuwandeln, können nach Angaben der Fluggesellschaft zunächst auch auf eigene Faust eine Bahn-Fahrkarte kaufen und sich den Preis später erstatten lassen. Dabei weist die Lufthansa aber darauf hin, dass sie Auslagen nur bis zur Höhe des ursprünglichen Ticketpreises erstattet.
Rechtlich haben die Passagiere bei rückwirkender Erstattung keinen Anspruch auf eventuell darüber hinausgehende Zahlungen, auch wenn die Bahn-Ersatzfahrkarte mehr kosten sollte.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa