"Grüne und Linke wollen Flughafen ans Leder" Für Fraport wird es ungemütlich
23.09.2013, 15:54 Uhr
Der Wahlausgang in Hessen lässt den Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport nicht kalt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Derzeit ist der Frankfurter Flughafen lediglich von 23 Uhr bis 5 Uhr für Starts und Landungen geschlossen. Dieses "kleine" Nachtflugverbot könnte nach der jüngsten Hessen-Wahl aber deutlich ausgeweitet werden. Analysten sagen für den Airport-Betreiber Fraport bereits schwere Zeiten voraus.
Die Wahl in Hessen war nicht nur für die Parteien ein Krimi - die Führungsetage des Frankfurter Flughafens dürfte den Ausgang ebenfalls genau verfolgt haben. Auch wenn noch nicht absehbar ist, welche Parteien die Regierung bilden werden, ist doch eines klar: So harmonisch wie mit dem Regierungsduo CDU/FDP wird es für den Flughafenbetreiber Fraport nicht mehr. Grüne und Linke haben mit Forderungen nach mehr Ruhe für die lärmgeplagten Anwohner bei den Wählern punkten können. Die SPD teilt zumindest einige Forderungen der Fluglärmgegner und hat der bisherigen Regierung Versagen in der Frage vorgeworfen. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass mindestens eine der bisherigen Oppositionsparteien in die neue Regierung einzieht. Die Aktien des Flughafenbetreibers Fraport gaben leicht nach.
Die Planer des nur zehn Bahnminuten von den Hochhäusern der Frankfurter City entfernten Mega-Flughafens müssen wohl nicht um die angestrebte Expansion fürchten, doch könnte eine linke Landesregierung schmerzhafte Nadelstiche setzen und beispielsweise das Nachtflugverbot ausweiten.
"SPD Airport-freundlich"
Wenig zu befürchten, hätte der größte deutsche Flughafen nach Expertenmeinung von einer Großen Koalition. "Die SPD ist verhältnismäßig Airport-freundlich", sagt Analyst Jochen Rothenbacher von der Bank Equinet. Das spiegelt sich auch im Wahlprogramm wider: Hier fordern die Sozialdemokraten kaum Konkretes. Zwar äußert die SPD darin Verständnis für lärmgeplagte Anwohner, betont aber, sie teile "nicht alle Forderungen". Die Haltung ist nicht weiter verwunderlich, da der Flughafen 70.000 Menschen Lohn und Brot gibt und der größte Beschäftigungsmotor der Region ist.
Die CDU war aus der Wahl als stärkste Fraktion hervorgegangen. Ihr bisheriger Koalitionspartner FDP schaffte den Wiedereinzug in den Landtag nach einer Zitterpartie denkbar knapp, für eine Fortsetzung des Bündnisses reicht es nicht. Möglich sind eine große Koalition oder Schwarz-grün, aber auch ein "Jamaika"-Bündnis von CDU, FDP und Grünen ist rechnerisch machbar. Politisch nicht gewollt, aber ebenfalls rechnerisch möglich wäre eine Konstellation aus SPD, Linken und Grünen oder eine Rot-Grüne-Minderheitsregierung, die von der Linken toleriert wird.
Protestwelle gegen Fluglärm
Vor allem die letztgenannten Koalitionen könnten dem Flughafen Fesseln anlegen. "Grüne und die Linke haben explizit gesagt, dass sie dem Flughafen ans Leder wollen", sagt Experte Rothenbacher. Die beiden Parteien haben sich im Wahlkampf für ein deutlich härtere Einschränkungen der Flüge in der Nacht stark gemacht: Zwischen 22 und 6 Uhr soll Ruhe herrschen, so die Forderung. Derzeit ist der Airport lediglich von 23 Uhr bis 5 Uhr für Starts und Landungen geschlossen.
Die Entscheidung über das nächtliche Flugverbot beschäftigte auf Jahre hin deutsche Gerichte und wurde erst im Frühjahr 2012 von Bundesverwaltungsgericht in Leipzig endgültig geklärt. Der Fall ist ein Beispiel dafür, wie sehr der Flughafenausbau zum Politikum geworden ist, in dem sich die Kontrahenten unversöhnlich gegenüberstehen. Auf der einer Seite sind da die Menschen im Umkreis des Großflughafens, die seit Jahren jeden Montag im Flughafen-Terminal zu Tausenden gegen den Fluglärm demonstrieren, den sie für den Wertverfall ihrer Immobilien und Krankheiten verantwortlich machen.
Für den Flughafen, der sich im Wettbewerb mit mehreren ausländischen Drehkreuzen misst, aber auch für Europas größte Airline Lufthansa steht viel auf dem Spiel. Die Unternehmen argumentieren, die Exportnation Deutschland brauche einen Großflughafen, auf dem auch spätabends und am frühen Morgen Maschinen starten und landen. Weltweit operierende Airlines machten ansonsten einen Bogen um Frankfurt und könnten auf Amsterdam oder Paris ausweichen.
Der Unmut gegen den Flughafen flaute aber auch nach dem Nachtflug-Urteil nicht ab. Seit Eröffnung der neuesten Landebahn im Oktober 2011 nahmen die Proteste noch zu - Anwohner fürchten eine stetige Zunahme des Fluglärms, wenn der drittgrößte Flughafen Europas wie geplant eines Tages 88 Millionen Passagiere im Jahr abfertigt. Heute sind es erst knapp 60 Millionen. "Eine Region ist in Aufruhr", sagt SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel kurz vor der Wahl unter Bezug auf den Flughafen. Bald könnte es in seine Verantwortung fallen, das zu ändern ob als Chef einer Rot-rot-grünen Regierung oder als Juniorpartner einer Großen Koalition.
Quelle: ntv.de, Peter Maushagen, rts