Deutschland allein in Mexiko G20 streiten über IWF-Hilfen
25.02.2012, 16:05 Uhr
(Foto: REUTERS)
Europa ringt im Kreis der 20 größten Industrie- und Schwellenländer in Mexiko um eine höhere Beteiligung des IWF an der Krisenbekämpfung in Europa. Doch die übrigen Staaten sehen zunächst die Europäer selbst in der Pflicht, allen voran Deutschland. Dabei geht es vor allem um eine Aufstockung des Rettungsschirms ESM, doch die lehnt Berlin ab.
Mit dem Bundestagsbeschluss zum Griechenland-Paket vor Augen gibt Deutschland im Streit um noch mehr Hilfen in der Schuldenkrise kein Signal des Einlenkens. Industriestaaten und Schwellenländer setzten die Europäer beim G20-Treffen in Mexiko unter Druck und machten höhere Beiträge der Euro-Staaten zur Voraussetzung für ein Einspringen des Internationalen Währungsfonds.
Weltbank-Chef Robert Zoellick hält auch die neuen Kredite für Athen nur für eine Überbrückung in der größten Not. Es komme darauf an, dass Staaten wie Italien und Spanien erfolgreich aus dem Schuldensumpf kämen, sagte er vor Beginn der Beratungen der Finanzminister und Notenbankchefs in Mexiko-Stadt.
Alle gegen Berlin
"Alle nennen als Vorbedingung, dass zuerst Europa größere Anstrengungen unternehmen muss", sagte der südkoreanische Notenbankchef Kim Choong Soo. "Was wir nicht wollen, ist, dass der IWF ein Ersatz - und er kann dafür wirklich kein Ersatz sein - für einen stärkeren Impuls aus Europa wird", betonte US-Finanzminister Timothy Geithner im Fernsehsender CNBC. Das Verlangen stößt im Kreis der Europäer durchaus auf Gehör: "Die meisten Euro-Staaten sind inzwischen bereit, sich zu bewegen", sagte ein Vertreter der Währungsgemeinschaft. "Aber ich fürchte, dass Deutschland mehr Zeit braucht, um einer Aufstockung zuzustimmen, vor allem, um besser mit dem Bundestag klarzukommen."

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann verteidigt die Ablehnung Deutschlands eines größeren Rettungsschirms.
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Deutsche Regierungsvertreter wiesen die Forderung zurück: "Das ist nicht sinnvoll, es schadet eher", hieß es. Der Anreiz zu Reform und Einsparungen dürfe nicht verloren gehen. So sieht es auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann: Ohne Haushaltsdisziplin könnten Vertrauen und Stabilität nicht zurückgewonnen werden, sagte er in Mexiko. Es sei am Wochenende nicht mit Entscheidungen über mehr Hilfen zu rechnen.
In der Koalition in Berlin festigt sich dem Magazin "Focus" zufolge die Bereitschaft, die im bisherigen Hilfsfonds EFSF übrigen 250 Mrd. Euro zur Aufstockung des künftigen dauerhaften Topfs ESM zu nutzen. Deutschland pocht bislang allerdings darauf, dass der Gesamtbetrag der Hilfen nicht die Grenze von 500 Milliarden Euro überschreiten darf. In Kreisen des Kanzleramts und im Bundesfinanzministerium hieß es, daran habe sich nichts geändert.
Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag in Brüssel prüfen, ob die ESM-Mittel reichen. Wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schloss auch Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker eine dritte Runde aus Hilfen für Griechenland nicht aus.
Grüne fordern Investitionsprogramm
Der Bundestag stimmt am Montag über das zweite Paket für Griechenland ab, das noch einmal 130 Mrd. Euro freimacht. Es wird eine breite Zustimmung erwartet, auch aus den Reihen der Opposition. Er gehe von einer großen Mehrheit aus, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring dem "Hamburger Abendblatt". Die Regierungsfraktionen machen ihr Ja dabei nicht von einem Beitrag des Internationalen Währungsfonds abhängig, der dafür mehr Geld aus den G20-Staaten bräuchte. Der IWF solle sich an dem Paket "so weit wie möglich finanziell" beteiligen, heißt es in einem Entwurf für einen Entschließungsantrag, auf den sich Union und FDP geeinigt haben.
Die oppositionellen Grünen warnen vor einem Kaputtsparen Griechenlands und verlangen eine Förderung der Wirtschaft. "Wir brauchen so etwas wie ein europäisches Investitionsprogramm", sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast. Es reiche nicht, auf das Ende der Reformen zu warten. Schon jetzt müsse eine Task-Force dafür sorgen, dass in dem Mittelmeer-Land wieder investiert werde. Dem Finanzministerium zufolge stehen 160 deutsche Beamte bereit, Griechenland beim Aufbau einer funktionierenden Steuerbehörde zu helfen.
Auch Weltbank-Chef Zoellick mahnte wegen des Sparkurses und der Rezessionsgefahr in Europa Wachstumsimpulse an. "Es ist wichtig, dass Deutschland und andere Staaten Perspektiven aufzeigen für die Zeit, wenn die Reformen umgesetzt sind, und wie eine Unterstützung aussieht", sagte er in Mexiko. Die Europäer hoffen darauf, dass sich die G20-Staaten stärker an den Kosten der Schuldenkrise beteiligen. Ein Weg könnte darin bestehen, dass zahlungskräftige IWF-Mitgliedsländer wie China oder Japan dem Fonds bilateral Kredite geben, die dann als Hilfen unter anderem nach Europa fließen könnten. Der Fonds hatte kürzlich dafür einen Bedarf von 600 Mrd. Dollar angemeldet, von denen 500 Mrd. Dollar für Hilfen fließen sollen. 200 Mrd. Dollar davon sollen aus Europa kommen.
Quelle: ntv.de, nne/rts