Wirtschaft

Paukenschlag in Detroit GM bläst Opel-Verkauf ab

GM nutzt die Gunst der Stunde.

GM nutzt die Gunst der Stunde.

(Foto: dpa)

Der US- Autobauer General Motors will Opel nun doch behalten. Der Verwaltungsrat habe sich aufgrund des sich "verbessernden Geschäftsumfeldes" für GM gegen einen Verkauf von Opel entschieden, teilte das Unternehmen am späten Dienstagabend nach einer Sitzung des Verwaltungsrats mit. Zudem seien die beiden europäischen Töchter Opel und Vauxhall für die "globale Strategie" des Konzerns wichtig.

In Kürze solle der Bundesregierung ein Restrukturierungsplan vorgelegt werden, erklärte GM-Chef Fritz Henderson. Er hoffe auf die Zustimmung der deutschen und anderer von der Entscheidung betroffenen Regierungen. Die Entscheidung sei im besten langfristigen Interesse aller Kunden, Arbeiter, Zulieferer und Händler. General Motors war erst kürzlich aus der Insolvenz zurückgekommen und kann nur durch Staatsmittel fortbestehen.

Die Kosten der Restrukturierung bezifferte Henderson mit drei Mrd. Euro. GM will nach eigenem Bekunden nun in Zusammenarbeit mit allen europäischen Gewerkschaften einen Plan für die Sanierungsbeiträge der Arbeitnehmer erstellen.

GM bleibt gespalten

Auch nach der ersten Empfehlung für Magna galt der GM- Verwaltungsrat als gespalten. Einige Mitglieder wollten Opel behalten, weil beide Hersteller aufeinander angewiesen seien: Opel allein sei zu klein zum Überleben, und GM brauche Opel wegen der modernen Technologie der Deutschen und deren Zugang zum europäischen Markt. Dieser Marktzugang gab nun auch den Ausschlag für den Stimmungswandel bei GM am Dienstag.

In dem monatelangen Bieterkampf um Opel hatten Bundesregierung und Opel-Betriebsrat stets einen Einstieg Magnas befürwortet. Sie bewerteten das Konzept des kanadisch-österreichischen Zulieferers als das einzig Tragfähige, um den angeschlagenen Autobauer in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Berlin hatte Magna dafür 4,5 Mrd. Euro Staatshilfen zugesagt. Der Betriebsrat lehnt einen Verbleib Opel bei GM vehement ab. Er fürchtet einen radikalen Stellenabbau und hat massive Proteste angekündigt.

Koch fordert Rückzahlung des Brückenkredits

Hessens Ministerpräsident Roland Koch reagierte empört auf die Entscheidung des GM-Führungsgremiums. "Ich bin sehr betroffen und zugleich verärgert, dass die monatelangen Bemühungen, für Opel Europa eine möglichst gute Lösung zu finden, an GM gescheitert sind", erklärte er am Abend. "Angesichts der negativen Erfahrungen der letzten Jahre mit der Unternehmenspolitik von GM mache ich mir große Sorgen um die Zukunft des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze."

Koch forderte GM auf, den Brückenkredit fristgemäß zum 30. November zurückzuzahlen, "damit der deutsche Steuerzahler keinen Schaden nimmt". Die Bundesregierung hatte den Autobauer mit einem Kredit über 1,5 Mrd. Euro gestützt, um zu verhindern, dass Opel zusammen mit der Muttergesellschaft General Motors in die Insolvenz geht.

Gewerkschaft: Alle Standorte erhalten

Der Opel-Betriebsrat fordert nach dem Platzen des Verkaufs an Magna den Erhalt der deutschen Standorte. "Ohne Opel hat GM keine Zukunft in Europa. Ich gehe davon aus, dass sie auch die Werke brauchen", sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel der "Neue Ruhr/Neue Rhein-Zeitung". Auch der im Frühjahr von GM vorgelegte zweite Rettungsplan sehe einen Erhalt der vier Fabriken vor.

Einenkel drängte auf schnelle Entscheidungen. Die Hängepartie sei für die Opel-Mitarbeiter unerträglich. "Wir brauchen endlich Klarheit. Uns läuft die Zeit langsam weg." Der Finanzierungsrahmen der Bundesregierung stehe nur bis Ende November. Am Mittwoch soll die GM-Entscheidung gegen einen Verkauf an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna Thema der Betriebsrätekonferenz sein.

Treuhand hofft auf wirtschaftliche Stabilität

Der Beirat der Opel-Treuhand hat die Entscheidung des Verwaltungsrats von General Motors, seine bei der Treuhand liegenden Anteile an Opel nicht zu veräußern, zur Kenntnis genommen, teilte der Beiratsvorsitzende Fred Irwin mit: "Ich hoffe, auch im Interesse der Beschäftigten bei Opel, dass dieser Beschluss Opel zu neuer wirtschaftlicher Stabilität verhilft," sagte Irwin. Die Treuhand verwaltet 65 Prozent von Opel; die restlichen 35 Prozent liegen bei GM als Mutterkonzern.

In den vergangenen Tagen war bereits spekuliert worden, dass GM seine deutsche Tochter doch nicht an das Konsortium aus dem österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna und der russischen Sberbank verkaufen, sondern selbst behalten wolle. Noch im September hatte der Verwaltungsrat von General Motors den Verkauf von 55 Prozent der Opel-Anteile an den Autozulieferer Magna und dessen Partner Sberbank empfohlen. Die EU- Kommission hatte jedoch Bedenken angemeldet und GM aufgefordert, die Entscheidung zu überdenken.

Zugeständnisse der Arbeitnehmer

Wenige Stunden vor der Entscheidung des GM-Verwaltungsrates hatte der Verkauf von Opel zunächst eine wichtige Hürde genommen: Die Arbeitnehmer hatten sich mit dem designierten Käufer Magna auf einen Beitrag der Belegschaft zur Sanierung des maroden Autobauers geeinigt. Sie wollten in den kommenden Jahren auf Millionenbeträge verzichten. Bedingung dafür war allerdings, dass Magna und der russische Partner Sberbank tatsächlich den Zuschlag für Opel erhalten. Diese Einigung scheint nun bereits wenige Stunden nach ihrem Abschluss Makulatur.

Maßgeblicher Teil der Zugeständnisse der Arbeitnehmer war ein Lohnverzicht von jährlich 265 Mio. Euro. Im Gegenzug hätten sie dafür zehn Prozent der Anteile an "NewOpel" erhalten und wären künftig stimmberechtigte Investoren.

Zuletzt hatten Manager von Opel, Magna und GM sowie der Opel- Betriebsrat Zuversicht geäußert, dass das GM-Gremium an seiner Empfehlung vom September festhält, Opel an Magna zu verkaufen. Allerdings hielten sich hartnäckig Spekulationen, GM könne den Beschluss überdenken und Opel möglicherweise doch behalten. Auch eine Opel-Insolvenz wird von Beobachtern nicht ausgeschlossen.

Quelle: ntv.de, nne/rts/dpa/DJ

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