Wirtschaft

Washington will sich raushalten GM geht in die Insolvenz

Hundert und ein Jahr nach seiner Gründung will sich der US-Automobilkonzern General Motors (GM) in der Insolvenz sanieren. Zwei Tage nach der Grundsatzeinigung über eine Herauslösung seiner deutschen Tochter Opel reichte der einst weltgrößte Autobauer am 1. Juni wie erwartet Antrag auf Gläubigerschutz ein.

Auftritt im großen Foyer des Weißen Hauses: US-Präsident Barack Obama äußert sich am 1. Juni 2009 in Begleitung seiner Mitarbeiter zum Thema General Motors.

Auftritt im großen Foyer des Weißen Hauses: US-Präsident Barack Obama äußert sich am 1. Juni 2009 in Begleitung seiner Mitarbeiter zum Thema General Motors.

(Foto: AP)

Die US-Regierung soll die Mehrheit an dem ehemaligen Symbol amerikanischer Wirtschaftsstärke übernehmen und das Unternehmen bei seinem Umbau unterstützen. Opel und andere Auslandsteile seien nicht Teil des Verfahrens, teilte der Detroiter Konzern mit. Die Bundesregierung erklärte in Berlin, die neue Opel-Treuhandgesellschaft sei rechtzeitig vor der GM-Insolvenz gegründet worden.

Der Antrag auf Gläubigerschutz nach Kapitel elf des US-Insolvenzrechts hatte sich zuletzt immer stärker abgezeichnet. Präsident Barack Obama verfolgt dabei einen ehrgeizigen Zeitplan: In 60 bis 90 Tagen soll GM die Insolvenz durchfahren und sich mit der Trennung von unrentablen Teilen verschlanken. Elf Werke in den USA sollen geschlossen werden, Tausende der 92.000 Stellen in den USA fallen dabei weg. Zuletzt war allein von 21.000 der 54.000 Jobs in der Fertigung die Rede.

Neues Kapitel?

Obama zeigte sich zuversichtlich, dass GM die Insolvenz rasch durchlaufen werde. Die jüngsten Zugeständnisse der Gewerkschaft und der Gläubiger hätten den Weg für ein tragfähiges und erfolgversprechendes Sanierungskonzept geebnet. Er sei optimistisch, dass es der neue GM-Konzern unter einer guten Führung wieder mit seinen Konkurrenten weltweit aufnehmen und wieder ein integraler Bestandteil der US-Wirtschaft werden kann. Aus der Unternehmensführung werde sich die Regierung heraushalten, fügte er hinzu.

Die Reaktionen an der Wall Street.

Die Reaktionen an der Wall Street.

(Foto: AP)

GM-Chef Fritz Henderson sagte, dies sei nicht das Ende von GM, sondern der Beginn eines neuen und besseren Kapitels in der Geschichte des Unternehmens. Entscheidend sei dabei aber, dass GM den Gläubigerschutz schnell hinter sich lasse.

Mit Vermögenswerten über rund 82 Mrd. Dollar und Verbindlichkeiten in Höhe von rund 173 Mrd. Dollar zum Stand Ende März 2009 ist die GM-Insolvenz die drittgrößte in der Geschichte der US-Wirtschaft. Nur die "Chapter 11"-Verfahren der US-Bank Lehman Brothers und des Telekommunikationskonzerns Worldcom waren größer. Nach dem Insolvenzantrag des Rivalen Chrysler Ende April arbeiten damit zwei der drei großen US-Autobauer unter Gläubigerschutz. Ford will ohne Staatshilfen auskommen.

Henderson soll Chrysler hinterherfahren

GM wird nach dem Insolvenzantrag mit 60 Prozent mehrheitlich der US-Regierung gehören und sich auf zukunftsfähige Teile wie die Marken Chevrolet, Cadillac, Buick und GMC beschränken sowie auch stärker als bislang Kleinwagen bauen. Andere Marken sollen abgestoßen oder eingestellt werden.

In enger Absprache mit der sogenannten Auto-Taskforce der Regierung will GM damit dem Chrysler-Vorbild folgen und sich aufspalten. Der gesunde Teile des Unternehmens soll nun an neue Eigentümer übertragen werden. Dies sind neben den USA Kanada mit zwölf Prozent, die Gewerkschaft UAW mit 17,5 Prozent und die Anleihegläubiger mit zehn Prozent.

Blick auf das Pontiac-Werk in Pontiac, Michigan.

Blick auf das Pontiac-Werk in Pontiac, Michigan.

(Foto: REUTERS)

Den Steuerzahler dürfte die Rettung aber teuer zu stehen kommen: Die Regierung rechnet mit weiteren Finanzspritzen über 30 Mrd. Dollar zu den bereits erhaltenen fast 20 Mrd. Dollar. Kanada als ein weiterer großer GM-Standort will knapp zehn Milliarden Dollar zuschießen.

Grünes Licht für Chrysler

Ein ermutigendes Signal gab es für Chrysler, dessen Insolvenzverfahren nach nur rund einem Monat auf die Zielgerade bog. Ein Gericht genehmigte über Pfingsten den Verkauf des US-Kerngeschäfts für zwei Milliarden Dollar. An dem neuen Unternehmen wird der italienische Rivale Fiat zunächst 20 Prozent halten, der gewerkschaftliche Gesundheitsfond 68 Prozent und die Regierungen der USA und Kanadas zwölf Prozent.

"Jetzt beginnt der schwierige Teil, und das bedeutet, GM und Chrysler wettbewerbsfähig zu machen", sagte Analyst Christopher Richter von CLSA Asia-Pacific Markets. Wenn dies nicht gelinge, gehe das gleiche Spiel in wenigen Jahren von neuem los. Von der Schrumpfkur bei GM profitieren dürften Experten zufolge vor allem die asiatischen Rivalen aber auch Volkswagen, die mit ihren Klein- und Mittelklasse-Wagen eher mit den US-Massenherstellern konkurrieren als die deutschen Premium-Hersteller Daimler, BMW und Audi.

Verfehlte Strategie

Obama hatte GM Ende März eine Frist bis zum 1. Juni für einen tragfähigen Sanierungsplan gegeben. Zugleich zwang die Regierung den GM-Chef Rick Wagoner zum Rücktritt. GM mit weltweit fast 250.000 Mitarbeitern hängt am staatlichen Tropf, nachdem es durch eine verfehlte Modellpolitik ins Schlingern und in der Rezession vollends an den Rand des Abgrunds geraten war. Wie seine US-Rivalen setzte GM zu lange auf große spritschluckende Modelle. Seit 2005 hat GM 88 Mrd. Dollar Verlust gemacht.

Ein Pfeil in eine Richtung, in die niemand gerne geht.

Ein Pfeil in eine Richtung, in die niemand gerne geht.

(Foto: REUTERS)

Nun will sich GM auch von seinem Europa-Geschäft weitgehend trennen. Neben der Mehrheit an Opel soll auch die defizitäre schwedische Tochter Saab abgestoßen werden.

Schutz vor der Mutter

Die Bundesregierung, der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna und die US-Seite hatten sich am Samstag grundsätzlich auf eine Herauslösung von Opel aus dem GM verständigt, damit der Rüsselsheimer Autobauer nicht in den Insolvenz-Sog gerät.

Die Treuhandgesellschaft sei rechtzeitig eingerichtet worden, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Sie ist Teil des Rettungskonzepts für Opel. In ihr sind wichtige Teile des Rüsselsheimer Autobauers und anderer europäischer Gesellschaften eingebracht worden, die für ein Überleben nötig sind. Sie sind damit vor dem Zugriff von GM geschützt. Das Paket sieht auch einen staatlichen Brückenkredit von 1,5 Mrd. Euro vor.

 

Quelle: ntv.de, rts

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