"Big Ed" übernimmt GM stürzt Henderson
02.12.2009, 07:01 UhrDas Direktorium von General Motors trennt sich von Konzernchef Fritz Henderson. "Das Direktorium hat entschieden - und Fritz stimmte dem zu", erklärt ein Sprecher auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. "Es war Zeit für einige Veränderungen." Den Posten des Interims-Chefs der Opel-Mutter übernimmt der Verwaltungsratsvorsitzende Ed Whitacre.
Ein Sprecher von US-Präsident Barack Obama erklärte: "Die Entscheidung ist vom Direktorium allein getroffen worden. Die Regierung war in die Entscheidung nicht eingebunden."
Der Führungswechsel kommt nach nicht einmal einem Jahr. Genaue Gründe wurden nicht genannt. Verwaltungsratschef Ed Whitacre dankte Henderson aber ausdrücklich für die geleistete Arbeit. Im Vorfeld hatte es immer wieder geheißen, es gebe Meinungsverschiedenheiten zwischen Henderson und dem Verwaltungsrat. Dessen Chef Whitacre übernimmt nun selbst für eine Übergangszeit die Führung des mit staatlicher Milliardenhilfe aus der Insolvenz gekommenen Konzerns. Die Suche nach einem endgültigen Nachfolger laufe bereits, sagte ein Sprecher, allerdings könne es Monate dauern.
"Die Lage ist beunruhigend"
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in der Personalie ein schlechtes Zeichen für den Zustand von GM: Whitacre, der frühere Vorstandsvorsitzende der Telefongesellschaft AT&T, habe "keinerlei Erfahrung im Automobil-Geschäft". Es gelinge dem Verwaltungsratschef offenbar nicht, geeignete Manager für die Sanierung des Konzerns zu finden. "Damit werden auch für Opel ist Risiken eher größer als kleiner", sagte Dudenhöffer.
Henderson hatte nach einer langen Karriere innerhalb des Konzerns erst im März die Führung von General Motors übernommen - zu einer Zeit, als das Überleben des Autobauers auf dem Spiel stand. Er beerbte den glücklosen Rick Wagoner und schaffte es, mit Rückendeckung der US-Regierung das Unternehmen zu stabilisieren, die Verluste einzudämmen und viel früher als erwartet mit dem Schuldenabbau zu beginnen.
Pleiten, Pech und Pannen
Unter Henderson platzte aber auch der Verkauf von Opel an den kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna. Das führte zu viel Kritik aus Deutschland. Henderson brachte die Bundesregierung vor allem mit seiner später zurückgenommenen Drohung gegen sich auf, Opel in die Insolvenz zu schicken, wenn die Beschäftigten nicht zu Zugeständnissen bereit seien. Trotz der Verstimmungen versucht General Motors derzeit, an staatliche Hilfen für Opel zu gelangen.
Die chronisch defizitäre schwedische Tochter Saab wurde Henderson nicht los, weil der Sportwagen-Hersteller Koenigsegg plötzlich einen Rückzieher als Käufer machte. Erst am Vortag setzte General Motors den Schweden eine Frist bis Jahresende - sollte es dann keinen neuen Käufer geben, will GM die Traditionsmarke mit ihren zuletzt noch 3.400 Mitarbeitern dicht machen.
Seit Anfang 2005 hat GM konzernweit Verluste von mindestens rund 90 Mrd. US-Dollar angehäuft. Der Konzern war mit Staatshilfen von mehr als 50 Mrd. US-Dollar vor dem Untergang gerettet worden. Nur ein kleiner Teil floss allerdings als Kredit. Für den größeren Teil erhielt die US-Regierung 60 Prozent an dem Autohersteller. Sie will die Beteiligung schrittweise nach einem erneuten Börsengang abstoßen.
Wie geht's weiter?
"Unser Unternehmen ist auf dem richtigen Weg", sagte Verwaltungsratschef Whitacre. Jetzt gelte es, dem US-amerikanischen und kanadischen Steuerzahlern ihr Geld zurückzugeben. Im zuletzt berichteten dritten Quartal schrieb General Motors noch 1,2 Mrd. US-Dollar Verlust, konnte den weltweiten Marktanteil aber wieder leicht auf 11,9 Prozent erhöhen.
Für seine Sanierung hat GM weltweit bereits Zehntausende Jobs abgebaut. Bei Opel stehen weitere 9.000 Stellen auf dem Spiel und damit jeder fünfte Arbeitsplatz. Weltweit arbeiten noch gut 200.000 Menschen bei dem einst größten Autobauer.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa