Noch mehr als im Vorjahr Gazprom fährt Gewinne ein
27.04.2012, 11:45 Uhr
Gazprom steht für rund zwölf Prozent der russischen Wirtschaftleistung.
(Foto: dapd)
Der Verkauf von Erdgas ins Ausland erweist sich für Russland erneut als zuverlässige Geldquelle: Der staatlich kontrollierte Rohstoffkonzern Gazprom verzeichnet im abgelaufenen Jahr einen Reingewinn von umgerechnet mehr als 30 Milliarden Euro.

Energierohstoff aus dem Boden Sibiriens: In Pisarewka betreibt Gazprom Pumpen, die Erdgas nach Europa blasen.
(Foto: dapd)
Der russische Energieriese Gazprom kann im Kreml ein neues Rekordergebnis vorlegen: Der größte Erdgasproduzent der Welt steigerte seinen Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent auf 1,307 Bio. Rubel (rund 34 Mrd. Euro). Der Umsatz schwoll um 29 Prozent auf umgerechnet 120 Mrd. Euro an.
In den regionalen Absatzmärkten konnte Gazprom den Umsatz im Handel mit Europa und anderen Ländern mit Ausnahme der ehemaligen Sowjetrepubliken um 31 Prozent steigern. Analysten verwiesen allerdings auf verzerrende Effekte durch Preisschwankungen und die Entwicklungen am Devisenmarkt: Ein Hauptgrund für das starke Umsatzplus sei die Stärke des Rubel im Vergleich zu anderen wichtigen Währungen.
Der Gasverkauf ins Ausland legte im gleichen Zeitraum nur um 6,0 Prozent zu. Im eigenen Land nahm Gazprom im vergangenen Jahr 16 Prozent mehr durch den Gasverkauf ein, die Einnahmen in den ehemaligen Sowjetrepubliken schnellten um 42 Prozent in die Höhe.
Schon 2010 hatte Gazprom einen Rekordgewinn von umgerechnet rund 23,8 Mrd. Euro eingestrichen. Das Ergebnis ließ das schlechte Abschneiden im Jahr davor in den Hintergrund treten. 2009 hatte die Wirtschaftskrise und die in der Folge nachlassende Nachfrage das vom Kreml kontrollierte Unternehmen hart getroffen.
Die organisatorischen Strukturen des Energiekonzerns stammen noch aus der Zeit der Sowjetunion. Gazprom kontrolliert mehr als ein Viertel der weltweiten Gasreserven und erwirtschaftet rund ein Achtel des russischen Bruttoinlandsprodukts. .
In der Frage der künftigen Belieferung der Europäer mit Erdgas verbessern sich unterdessen die Aussichten für Gazprom: Die Diskussionen um alternative Lieferwege geht weiter, die Pläne für den Bau der länderübergreifenden Gaspipeline " " erleiden einen herben Rückschlag. Eigentlich gilt das Projekt als wegweisende Entscheidung für mehr Unabhängigkeit in der europäischen Energiepolitik. Die EU will sich mit dem Bau von Nabucco und der Anbindung an die Erdgasvorkommen in der Region um das Kaspische Meer unabhängiger von russischen Lieferungen machen.
Doch der ungarische Öl- und Gaskonzern MOL droht nun mit einem Ausstieg aus dem Milliardenprojekt. "Wir haben signalisiert, dass wir bereit sind, unsere Anteile wenn nötig zu verkaufen", erklärte MOL-Aufsichtsratschef Zsolt Hernadi am Vortag. Er verwies unter anderem auf die hohen Kosten. Die Betreibergesellschaft, zu der auch und der österreichische Energieversorger OMV gehören, versuchte, Zweifel zu zerstreuen. "Die Finanzierung von Nabucco ist auch ohne MOL gesichert", sagte ein Sprecher. Das Konsortium prüft eine kürzere und damit womöglich deutlich günstigere Variante.
MOL hatte in den vergangenen Jahren bereits mehrfach Zweifel an dem Projekt angemeldet, das Gas aus über die und Südosteuropa nach Österreich liefern soll. Grund dafür waren die steigenden Kosten und die Unsicherheit, ob das Projekt überhaupt den Zuschlag für Gas aus Aserbaidschan erhält. "Wir mussten jetzt einfach ein sehr starkes Signal setzen, dass wir nicht mehr willig sind, das noch länger zu finanzieren", sagte Hernadi. Bislang habe Nabucco den ungarischen Ölkonzern 20 Mio. Euro gekostet.
Kostenschätzung steht bei acht Milliarden
"Durch die Ankündigung von MOL ist Nabucco nicht gefährdet", sagte der Sprecher der Betreibergesellschaft NIC, Christian Dolezal. "Die Kostenschätzung von rund acht Milliarden Euro ist weiterhin gültig." Neben der langen Version, bei der die Röhre von Aserbaidschan über die Türkei nach Österreich verlaufen würde, prüfen die Partner auch die kürze Version "Nabucco West".
Diese würde lediglich von der türkisch-bulgarischen Grenze nach Österreich verlaufen. Die West-Variante könnte an die von der Türkei und Aserbaidschan geplante TANAP-Röhre andocken. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, sagte der Nabucco-Specher. RWE schätzt, dass die kurze Variante die Kosten um 60 Prozent senken könnte. "Ungarn ist bedeutend und wichtig, spielt aber nicht die Hauptrolle", sagte EU-Energiekommissar .
Neben RWE, OMV und MOL gehören noch die türkische Botas, BEH aus Bulgarien und die rumänische Tranzgas zu dem Konsortium. Sollte sich MOL zu einem Verkauf seines Anteils entscheiden, könne dieser von den übrigen Partnern oder einem neuen übernommen werden, sagte der Nabucco-Sprecher. Die Verhandlungen über einen Einstieg des süddeutschen Kommunalversorgers Bayerngas seien davon aber nicht betroffen. "Das sind unterschiedliche Entscheidungen. Wir sind in konkreten Gesprächen mit Bayerngas und hoffen, diese erfolgreich abzuschließen." Bayerngas hatte am Mittwoch bekrägtigt, in das Konsortium einzusteigen, wenn es wirtschaftlich sei.
Quelle: ntv.de, AFP/rts