Schuldenberg wächst Gazprom moniert neue offene Rechnung
08.07.2014, 17:03 Uhr
Den Hahn zuzudrehen, sei richtig gewesen: Gazprom-Chef Miller (hier im Juni) taxiert den Schuldenberg auf inzwischen fünf Milliarden Dollar.
(Foto: REUTERS)
Auch für die erste Juni-Hälfte hat die Ukraine die russischen Gaslieferungen offenbar nicht bezahlt. Inzwischen belaufen sich die Verbindlichkeiten laut Gazprom auf mehr als fünf Milliarden Dollar. Damit sieht sich der Konzern in seiner Politik bestätigt.
Im Konflikt um offene Gasrechnungen stellt Russland der Ukraine erneut einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in Rechnung. Für die vom 1. bis 16. Juni erhaltenen Lieferungen habe die Führung in Kiew wieder nicht bezahlt, teilte der Gazprom-Konzern in Moskau mit. Den offenen Betrag bezifferte das Unternehmen auf 838 Millionen US-Dollar (rund 616 Millionen Euro).
Damit summierten sich die Gesamtschulden auf rund 5,3 Milliarden US-Dollar (etwa 3,9 Milliarden Euro), sagte Gazprom-Chef Alexej Miller. "Die Ukraine hat wieder nicht bezahlt. Das zeigt, dass es richtig war, ihr das Gas abzudrehen."
Lieferstopp seit Mitte Juni
Russland hatte die Lieferungen an das Nachbarland am 16. Juni eingestellt und will erst wieder verhandeln, wenn die Ukraine ihre offenen Rechnungen begleicht. Die Führung in Kiew fordert von Moskau aber einen niedrigeren Gaspreis und Rabatte. Eine Einigung erwarten Experten erst, wenn auch andere Probleme im russisch-ukrainischen Verhältnis gelöst sind - etwa der Konflikt mit moskautreuen Separatisten im Osten der früheren Sowjetrepublik.
Noch sind die Gasspeicher auch in Deutschland zwar gut gefüllt. Ernst wird es aber, wenn Kiew wie in der Vergangenheit für den Eigenverbrauch Transitgas abzweigen sollte. Wenn der Gasfluss durch die Ukraine als wichtigstes Transitland für die EU versiegt, kann dies wie bei einem Gasstreit 2009 zu Engpässen im Westen führen.
Russland forciert South-Stream-Bau
Unterdessen will Russland trotz aller Bedenken der EU-Kommission den Bau der Gasleitung South Stream durchsetzen. In Moskau unterzeichnete Serbien als eines der Transitländer den Vertrag über den Bau seines Abschnitts, berichteten die Medien übereinstimmend in Belgrad. In Slowenien warb der russische Außenminister Sergej Lawrow für das Projekt. Alle "künstlichen Hindernisse" müssten beseitigt werden, sagte er in Maribor mit Blick auf Brüssel.
Die Gazprom-Tochter Centrgaz werde das serbische Teilstück bauen, heißt in einem Vertrag mit Belgrad, der am Rande des Besuchs von Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic bei Russlands Präsident Wladimir Putin unterschrieben wurde. Brüssel sieht die neue Verbindung wegen der beherrschenden Stellung von Gazprom als Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht.
Demgegenüber behauptete Lawrow in Slowenien, die zwischen Gazprom und den jeweiligen Transitländern Bulgarien, Serbien, Ungarn und Slowenien geschlossenen bilateralen Verträge hätten bei ihrem Abschluss nicht gegen EU-Recht verstoßen. Die entsprechenden Richtlinien aus Brüssel seien erst nachträglich beschlossen worden. Die "rückwirkende Anwendung" dieser Regeln widerspreche dem internationalen Recht und stehe im Gegensatz zur "praktischen Zusammenarbeit zwischen zivilisierten Staaten". Das EU-Mitglied Bulgarien hatte im Juni den bereits begonnenen Bau eingestellt. Die Pipeline soll Russland über das Schwarze Meer und die Balkanländer mit Österreich verbinden.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa