Wirtschaft

USA ohne Finanzminister Geithner geht nach Hause

Barack Obama, Jack Lew und Timothy Geithner (v.l.): Mehr als 16,2 Billionen Schulden.

Barack Obama, Jack Lew und Timothy Geithner (v.l.): Mehr als 16,2 Billionen Schulden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mehr Geld verwaltet niemand auf diesem Planeten: Trotzdem verläuft der Führungswechsel an der Spitze des US-Staatshaushaltes nicht ganz so glatt wie geplant. Den bisherigen Amtsinhaber Geithner zieht es nach Hause, bevor Obamas Wunschkandidat Lew seinen Sessel übernehmen darf.

Nach vier Jahren im Amt an der Spitze der Staatsfinanzen hat Finanzminister Timothy Geithner offiziell seinen Posten in der US-Regierung verlassen. Der 51-Jährige habe sich vor dem Wochenende von seinen Mitarbeitern verabschiedet, berichteten US-Medien. Bis sein von US-Präsident Barack Obama nominierter Nachfolger Jack Lew vom Senat bestätigt wird und die Geschäfte übernehmen kann, führt der stellvertretende Finanzminister Neil Wolin das Amt kommissarisch weiter.

Über Geithners berufliche Pläne und etwaige Karriereschritte kann derzeit nur spekuliert werden. Details sind noch nicht bekannt. Offiziell geäußert hat sich Geithner dazu bislang nicht. Auf die Frage, warum er Obama nicht weiter als Finanzminister in die zweite Amtszeit begleiten wolle, hatte er stets auf private Gründe verwiesen. Seine Familie lebt in New York.

Ein "wohlbestelltes Haus" kann Geithner seinem Nachfolger nicht hinterlassen. Die Wirtschaftslage der USA hat sich zwar seit der schweren Rezession vor vier Jahren deutlich verbessert, aber die Arbeitslosigkeit ist für US-Verhältnisse weiterhin sehr hoch. Der desolate Zustand der Staatsfinanzen geht dabei im Kern auf die Ausgabenpolitik der letzten Jahrzehnte zurück und nicht etwa auf das Missmanagement des jeweiligen Finanzministers.

Damit ist schon jetzt klar, welche Aufgabe die Amtszeit von Geithners Nachfolger Jack Lew beherrschen wird: Lew muss sich vor allem um die Schuldenprobleme der USA kümmern und versuchen, die politischen und gesetzlichen Zwänge - etwa durch den aufgeblähten Militäretat oder die umstrittene Schuldenobergrenze - in den Griff zu bekommen. Derzeit nähern sich die USA einem Schuldenstand von insgesamt 16,4 Billionen Dollar an. Zum Vergleich: Das für Etat-Berechnungen zuständige Office of Management and Budget beziffert das Bruttoinlandsprodukt (BIP) für 2012 auf 15,6 Billionen Dollar.

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Obamas Demokraten und die Republikaner im Kongress streiten seit mittlerweile Jahren erbittert über den richtigen Weg zum Defizitabbau. Der künftige Finanzminister spielt bei diesen Verhandlungen eine Schlüsselrolle, er muss die Haushaltsgesetze in die Praxis umsetzen - und den Mangel verwalten.

Bei einer Schuldenquote von mehr als 100 Prozent und einem Defizit von zuletzt etwa sieben Prozent des BIP stufen Ökonomen die Haushaltsprobleme des Landes längst als ernstzunehmende Gefahr ein. Die Suche nach einem politischen Kompromiss ist so hart, weil die Republikaner und die Demokraten unterschiedliche Wirtschafte- und Sozialmodelle verfolgen. Die Republikaner wollen auf keinen Fall die Steuersätze erhöhen, weil das ihrer Meinung nach der Wirtschaft schaden würde. Zugleich wollen sie vor allem im Gesundheits- und Sozialsektor sparen, nicht aber bei der Verteidigung.

Die nächste Klippe droht

Obama und seine Demokraten beharren dagegen darauf, die Steuern für Wohlhabende deutlich zu erhöhen. Zugleich wollen sie möglichst wenig an den Sozialprogrammen ändern. Während sie sich bei den Einsparungen vermutlich in der Mitte treffen könnten, scheinen die Gräben im Steuerstreit weiterhin kaum überwindbar.

Viel Zeit bleibt den Spitzenpolitikern in beiden Lagern nicht mehr: Schon in wenigen Wochen droht die nächste große finanzpolitische Klippe. Spätestens Ende Februar muss der Kongress aller Voraussicht nach die selbstgesteckte Schuldenobergrenze weiter anheben - oder erneut sehenden Auges in die technische Zahlungsunfähigkeit marschieren.

Das Limit liegt derzeit bei rund 16,4 Billionen Dollar. Eine Anhebung muss in Washington mittlerweile eigentlich als Routine gelten, zumindest aber als reichlich geübte Praxis - schließlich bewegen sich die USA seit Jahrzehnten immer tiefer hinein in den Schuldensumpf. Erst die parteipolitische Spaltung und das unversöhnliche Verhalten auf beiden Seiten des parteipolitischen Grabens haben zu der Auseinandersetzung geführt, die zuletzt zum Jahreswechsel unter dem Schlagwort "Fiskalklippe" für weltweites Aufsehen sorgte.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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