Route mit Schwachstellen Gericht kippt Frankfurter "Südumfliegung"
03.09.2013, 19:07 Uhr
Von der Entscheidung der höchsten hessischen Verwaltungsrichter sind bis zu 150 der rund 700 täglichen Starts vom Frankfurter Flughafen betroffen.
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Im langwierigen Prozess um Flugrouten und Lärmbelästigung verbuchen die Gemeinden um Frankfurt einen überraschenden Erfolg. Die sogenannte Südumfliegung muss nach einer Entscheidung der höchsten hessischen Verwaltungsrichter geändert werden. Aber wie und ab wann?
Auf dem Weg vom Frankfurter Flughafen in Richtung Norden müssen viele Flugzeuge künftig eine andere Route nehmen als bisher. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel kippte überraschend die sogenannte Südumfliegung. Die Richter gaben acht Kommunen und fünf Privatleuten aus Hessen und Rheinland-Pfalz Recht. Die Route sei rechtswidrig, sie verletze die Kläger in ihren Rechten, sagte die Vorsitzende Richterin Monika Thürmer. Die Revision wurde nicht zugelassen (Az: 9 C 323/12.T).
Unklar blieb, ob das Urteil von sofort an gilt. Eine Gerichtssprecherin sagte, es gebe keine aufschiebende Wirkung. Der Vertreter des beklagten Bundesamts für Flugsicherung betonte, es gelte erst nach Rechtskraft des Urteils, also frühestens in einigen Wochen.
Richterin: Route hat Schwachstellen
Bis zu 150 der rund 700 täglichen Starts vom Frankfurter Flughafen sind von der Entscheidung betroffen. Der Flughafenbetreiber Fraport und die Deutsche Flugsicherung wollten den Richterspruch zunächst nicht kommentieren.
Die "Südumfliegung" war für Flugzeuge mit Zielen im Norden eingeführt worden - um Regionen im Westen des Flughafens zu entlasten, aber auch, damit sich startende Flugzeuge nicht in die Quere kommen. Die Maschinen fliegen dazu nach dem Start zunächst eine weite Südkurve, um erst in größerer Höhe nach Norden abzudrehen. Einige Kommunen im Rhein-Main-Gebiet sehen sich dadurch stärker belastet. Die "Südumfliegung" sei nur zustande gekommen, weil die Alternative nicht genug beachtet worden sei, sagte Klägeranwalt Bernhard Schmitz. Das beklagte Bundesamt für Flugsicherung argumentierte jedoch, das derzeitige Verfahren sei deutlich sicherer.
Die Festlegung auf die "Südumfliegung" beruht nach Auffassung des Gerichts "teilweise auf einem Ermittlungsdefizit". Die Route habe Schwachstellen, sagte die Richterin. Der Senat habe nicht erkennen können, dass diese "in absehbarer Zeit" zu beheben seien.
Um Lärm ging es nicht
Bei diesem Kenntnisstand sei es nicht auszuschließen, dass es bei der Entscheidung, welchen Weg die Flugzeuge nehmen sollen, zu einer anderen Variantenauswahl gekommen wäre. Um Lärm ging es bei der Entscheidung nicht.
Ob es danach nun besser wird für die betroffenen Kommunen, bleibt deshalb offen. "Damit ist nicht gesagt, dass es zu keinem ähnlichen Verfahren kommen wird. Irgendwo werden die Flugzeuge fliegen müssen", betonte die Richterin.
Der Vertreter der unterlegenen Flugsicherung sagte, die Urteilsgründe müssten zunächst geprüft werden, um zu entscheiden, ob Rechtsmittel eingelegt werden. Dafür seien nach Zustellung des Urteils mehrere Wochen Zeit.
Noch im April hatte der VGH Klagen gegen den sogenannten nördlichen Gegenanflug abgewiesen. Diese Route führt ankommende Maschinen vor der Landung nördlich am Flughafen vorbei, sie war nach Eröffnung der neuen Nordwestlandebahn einige Kilometer nach Norden verlegt worden.
Quelle: ntv.de, dpa