Hipper als beim Friseur Google gibt Aktientipps
11.10.2011, 14:37 Uhr
Doch lieber gleich googeln?
(Foto: REUTERS)
Wer es leid ist, sich vermeintlich heiße Börsentipps beim Friseur seines Vertrauens zu holen und wer weder Lust noch Zeit hat, sich durch die Bilanzen von Unternehmen zu wühlen, der hat jetzt eine Alternative: Google. Die Suchmaschine ist eine gute Hilfe, um den Aktienverlauf vorherzusagen. Die Sache hat allerdings einen klitzekleinen Haken.
Die einen würfeln, die anderen nutzen eine Glaskugel oder werfen mit Pfeilen auf Kurszettel, wieder andere hoffen auf einen heißen Tipp von ihrem Friseur. Sie eint ein Ziel: das perfekte Aktienportfolio. Wem das zu dämlich ist, der hat jetzt eine vielversprechende zeitgemäße Alternative: Google hilft offensichtlich dabei, gute Anlageentscheidungen zu treffen. Zu diesem Ergebnis kommen unabhängig voneinander Forscher der US-Universitäten Kansas und Notre Dame. Die Idee: Wer bei Google nach Aktien sucht, der interessiert sich für sie – und ist ein potenzieller Käufer.
Die Wissenschaftler von Notre Dame fanden heraus, dass die Häufigkeit der Suchanfragen nach Aktien bei Google verwendet werden können, um den Markt im Jahresverlauf deutlich zu schlagen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Forscher der Uni Kansas. Sie betonen, dass die Suche nach Aktienkürzeln (beispielsweise XOM für Exxon Mobile) für die folgende Woche ungewöhnliche Kurssprünge und höhere Handelsvolumina vorhersagen kann.
Wer sucht, fragt nach
Dass Online-Suchen Prognosen für künftiges Konsumverhalten ermöglichen, ist kein neues Phänomen und nicht nur bei Aktien der Fall. So hat Google-Ökonom Hal Varian herausgefunden, dass die Häufigkeit bestimmter Suchbegriffe Anhaltspunkte für die Entwicklung dafür liefert, wie sich die Nachfrage nach Automarken oder Reisen entwickeln wird.
Für die Autoren aus Notre Dame ist die Häufigkeit von Suchanfragen zu einer Aktie eine bessere Methode zur Messung des Anlegerinteresses als traditionelle Methoden wie beispielsweise die Intensität in der Berichterstattung über ein bestimmtes Unternehmen. Sie untermauern ihre Untersuchung am Beispiel des Russell 3000, einem Aktienindex, in dem die 3000 größten börsennotierten Unternehmen gelistet sind.
Kleinanleger-Klima
Die Forscher der Uni Kansas geben eine Antwort darauf, warum Google ein besserer Indikator ist. Ihre Argumentation: Wer sich online über Aktien informiert, ist in der Regel ein Privatanleger und kein institutioneller Profi, der über sehr viel mehr Expertise, Wissen und Informationen verfügt. Doch gerade weil sich jeder Kleinanleger aus ganz eigenen Gründen für bestimmte Aktien interessiere, seien ihre Suchanfragen ein guter Hinweis auf die "Anlegerstimmung" – eine Einschätzung, die eben nicht unbedingt auf den Fundamentaldaten beruhen muss und sich deshalb nicht immer erklären lässt.
Das Forscherteam nutzte für seine Studie unter anderem das Google-Programm "Insights for Search", mit dem die Häufigkeit bestimmter Suchanfragen gemessen werden kann. Das sei ein zuverlässiger Indikator, um Kursentwicklungen und Handelsvolumina für die folgenden Tage vorherzusagen – vor allem für stark schwankende Aktien, deren wahrer Wert nur schwer abzuschätzen sei. Hiermit fanden die Wissenschaftler heraus, wie ein Depot aussehen muss, dass den Vergleichsindex S&P 500 schlägt: Es muss auf steigende Kurse bei Aktien setzen, nach denen intensiv gesucht wird und auf fallende Kurse bei Aktien, nach denen kaum gesucht wird.
Nichts für langfristige Investments
Die Sache hat allerdings einen Schönheitsfehler. Ob Anleger mit dieser Methode Geld verdienen können, ist äußerst unwahrscheinlich. Denn die Vorhersage ist nicht fehlerfrei und gilt nur für die kommenden Tage – Anleger müssten ihr Portfolio also ständig umschichten. Die Kosten dafür übersteigen gerade bei geringen Anlagesummen die möglichen Gewinne wohl bei Weitem.
Unbrauchbar sind die Google-Prognosen dennoch auch für Kleinanleger nicht: "Es ist aber möglich, dass die Auswertung der Such-Intensität kombiniert mit anderen Indikatoren, für Investoren nützlich sein kann", sagt Forscher Kissan Joseph. Außerdem lasse sich das Interesse von Konsumenten immer besser bestimmen, da wir uns immer tiefer ins digitale Zeitalter bewegten. So könnten soziale Plattformen wie Facebook oder Twitter nützliche Einblicke liefern – und stetig bessere Prognosen des Anlegerverhaltens ermöglichen.
Für sich allein genommen lässt sich mit den Erkenntnissen derzeit zwar kein Geld verdienen. "Aber aus wissenschaftlicher Sicht lassen die Google-Anfragen Schlüsse auf die zukünftigen Aktienkurse zu", sagt Joseph. "Wenn Sie zehn gute Gründe haben, eine Aktie zu kaufen, dann könnte das der elfte sein." Immerhin. Außerdem spart man sich die Kosten für den Friseur.
Quelle: ntv.de