Wirtschaft

Sparen unter EU-Kontrolle Griechen kommen an die Kette

Griechenland stehen sehr schwere Jahre bevor. Die EU baut einen massiven Spardruck auf Athen auf. Das EU-Statistikamt Eurostat soll künftig die Haushalte von Krisenländern wie Griechenland umfassend kontrollieren können.

Schwieriger Stand in Brüssel: Giorgos Papakonstantinou mit seiner spanischen Kollegin Elena Salgadol.

Schwieriger Stand in Brüssel: Giorgos Papakonstantinou mit seiner spanischen Kollegin Elena Salgadol.

(Foto: dpa)

Griechenland als größter Schuldensünder des Eurogebiets wird von der Europäischen Union auf beispiellose Weise kontrolliert. Die Finanzminister des Eurogebiets billigten in Brüssel den radikalen Sanierungsplan der EU-Kommission.

Athen muss allein im laufenden Jahr sein ausgeufertes Defizit um vier Prozentpunkte kappen. Die Lage ist dramatisch, da die griechische Schuldenkrise auf den Euro drückt und das junge Währungsgebiet in den Grundfesten erschüttert. Eine offizielle EU-Entscheidung zum Sparplan und zum verschärften Defizitverfahren gegen Athen ist für Dienstag geplant.

Zusätzliche Sparschritte sollen von Athen aber zunächst nicht verlangt werden. Die Regierung hatte bereits einen Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst oder Gehaltskürzungen für Beamte angekündigt. Es drohen soziale Unruhen. Der Vorsitzende der Finanzminister des Eurogebiets, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, sagte: "Wir werden im März überprüfen, ob Griechenland auf dem richtigen Weg ist." Athen müsse nachweisen, dass der Sanierungsplan ausreiche. Griechenland steht in der Pflicht, bis 2012 sein ausgeufertes Defizit wieder in den Griff zu bekommen.

Mehr Macht für Eurostat

Daneben soll das EU-Statistikamt Eurostat die Haushalte von Krisenländern wie Griechenland künftig umfassend kontrollieren können. Die EU-Kommission schlug echte Buchprüfungs-Vollmachten für das Luxemburger Amt vor. Griechenland hatte jahrelang geschönte Angaben über seinen Schuldenstand an die EU gemeldet und so das Ausmaß der Krise verschleiert.

Griechenland ist auch eine Herausforderung für Olli Rehn.

Griechenland ist auch eine Herausforderung für Olli Rehn.

(Foto: REUTERS)

Nach Angaben von EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn soll Eurostat künftig Zugang zu allen "relevanten Informationen zur Einschätzung der Qualität von Finanzdaten" erhalten. Zudem soll das Amt die Angaben der EU-Staaten durch regelmäßige Kontrollen in den Hauptstädten überprüfen dürfen. Die EU-Finanzminister müssen den Plänen zustimmen. Vor rund fünf Jahren war ein ähnlicher Vorstoß unter anderem am Widerstand Deutschlands gescheitert.

Finanzmärkte weiter unruhig

Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou sicherte in Brüssel zu, sein Land wolle die Auflagen erfüllen. Die EU- Institutionen wollen sich über Fortschritte regelmäßig berichten lassen. Der Athener Minister sagte, das Defizit seines Landes im vergangenen Jahr - es erreichte knapp 13 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt - hätte von Brüssel früher entdeckt werden können. Ein Bericht der Bank von Griechenland habe bereits im August gewarnt, dass das Defizit 2009 um die zehn Prozent liegen könnte.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten in der vergangenen Woche beschlossen, für Griechenland ein Rettungsnetz zu spannen, falls das Land nicht aus eigener Kraft die Budgetsanierung schaffen sollte und seine Schulden nicht mehr bezahlen kann.

Wachwechsel vor dem Parlament: Den griechen steht ein "schmerzhafter Weg" bevor.

Wachwechsel vor dem Parlament: Den griechen steht ein "schmerzhafter Weg" bevor.

(Foto: AP)

An den Finanzmärkten war zu Wochenbeginn nach den Hilfszusagen des EU-Sondergipfels zunächst noch keine Beruhigung sichtbar. Die Risikoaufschläge, die Griechenland für Staatsanleihen bezahlen muss, waren am Montag wieder höher als am vergangenen Donnerstag, als die Staats- und Regierungschefs Hilfen für Griechenland angedeutet hatten.

Es gebe keine Alternative, dass Griechenland einen schmerzhaften Weg (der Sanierung) gehen müsse, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums in Berlin. "Es gibt keine Lösung, die Griechenland diesen Weg ersparen würde." Es gebe aber gute Aussichten auf Erfolg des Konsolidierungsprozess.

"Das bisherige Programm reicht nicht"

Die griechische Regierung muss ihre Anstrengungen zum Schuldenabbau aus Sicht von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer verstärken. "Das bisherige Programm reicht nicht aus, um das Defizit von fast 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2012 unter die erlaubte Marke von drei Prozent zu drücken. Das ist eine Herkulesaufgabe", sagte Krämer. Krämer interpretierte die - bisher nicht konkretisierten - Hilfszusagen dennoch vor allem als Versuch, die Märkte zu beruhigen. "Die EU hat die Hilfe angedeutet, um am Ende nicht helfen zu müssen."

Die Gefahr, dass die Währungsunion auseinander bricht, schätzt der Chefvolkswirt von Deutschlands zweitgrößter Bank als sehr gering ein. Nach Ansicht des Finanzexperten Wolfgang Gerke darf ein Ausschluss aus der europäischen Währungsunion aber kein Tabu sein. Die Regularien sollten entsprechend geändert werden, sagte er im Bayerischen Rundfunk. "Wenn ein Land sich nicht eurowürdig zeigt, dann muss man auch Konsequenzen ziehen dürfen."

Verschleierung der Verschuldung

Unterdessen geht die EU-Kommission neuen Vorwürfen nach, wonach große US-Banken Griechenland jahrelang bei der Verschleierung seiner wachsenden Verschuldung halfen. Eurostat hat die Athener Behörden gebeten, bis Monatsende zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, wonach große US-Banken Griechenland bei der Verschleierung seiner wachsenden Verschuldung halfen.

Die US-Tageszeitung "New York Times" hatte berichtet, die US-Bank Goldman Sachs habe beispielsweise Griechenland 2001 kurz nach der Aufnahme in die Eurozone mehrere Milliarden Dollar geliehen. Diese seien nicht als Kredit und somit als Schulden, sondern als Währungsgeschäft verbucht worden, hatte die Zeitung unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen geschrieben.

Neuen EZB-Vize nominiert

Am Rande der Griechenland-Problematik lösten die Finanzminister der Eurogruppe eine wichtige Personalie. Sie nominierten den Portugiesen Vitor Constâncio als neuen Vizechef der Europäischen Zentralbank. Die Entscheidung muss am Dienstag noch vom EU- Finanzministerrat bestätigt werden. Das gilt als Formsache. Amtsinhaber Lucas Papademos aus Griechenland scheidet nach acht Jahren Ende Mai aus.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts

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