Brüssel wacht mit Argusaugen Griechen lernen das Sparen
01.02.2010, 15:05 UhrAngesichts der anhaltenden Sorgen um die Stabilität der Euro-Zone verschärft die EU-Kommission ihre Maßnahmen: Die Haushaltspolitik Griechenlands soll künftig von Brüssel aus überwacht werden. Die Regierung in Athen will bisher im öffentlichen Dienst Zuschläge kürzen.

Schwindende Etathoheit: Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakostantinou flüstert im Parlament mit Premier Giorgos Papandreou (Archivbild).
(Foto: REUTERS)
Die EU-Kommission wird von Griechenland vorerst keine härteren Schritte zum Schuldenabbau verlangen als von der Regierung in Athen selbst beschlossen. Dies kündigte Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia an. Die EU werde aber eine beispiellos engmaschige Überwachung des griechischen Sparplans einführen und zusätzliche Anstrengungen fordern, sobald die Regierung vom Konsolidierungspfad abweichen sollte.
Die Brüsseler Kommission werde Griechenland auffordern, alle vorgeschlagenen Maßnahmen zur Kürzung der Ausgaben, Erhöhung der Staatseinnahmen und zu strukturellen Reformen in die Tat umzusetzen, erläuterte Almunia. Den von der griechischen Regierung vorgeschlagenen Termin, das Defizit von 12,7 Prozent im vergangenen Jahr bis 2012 unter die Grenze des Stabilitätspakts von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, nannte er "absolut notwendig".
Beim Kampf gegen die hohe Verschuldung werde die EU kein Nachlassen dulden. "Jedes Mal, wenn wir ein Abweichen erkennen, werden wir zusätzliche Maßnahmen zum Ausgleich fordern." Die Regierung habe diesem Vorgehen zugestimmt. Die Kommission werde auch erstmals von dem im Lissabon-Vertrag verankerten Recht Gebrauch machen, über den Haushaltskurs hinaus Empfehlungen zur Wirtschaftspolitik auszusprechen.
Staatsangestellte gehen auf die Straße
Die Regierung in Athen will bisher im öffentlichen Dienst Zuschläge kürzen, was nach Berechnungen der Gewerkschaften die Gehälter um bis zu vier Prozent senken würde. Die griechische Zeitung "Ta Nea" hatte berichtet, die Kommission verlange einen stärkeren Rückgang der Nominallöhne im Staatssektor. Die Gewerkschaft hat aus Protest gegen die Einsparungen für Freitag zum Streik aufgerufen. Das ebenfalls hoch verschuldete Irland mutet seinen Staatsdienern Einbußen bis zu 15 Prozent zu.
Griechenland muss wegen der massiv gestiegenen Staatsverschuldung für seine Staatsanleihen inzwischen Rekordaufschläge bezahlen, um die Investoren für das Risiko eines Ausfalls zu entschädigen. Dies erschwert den Defizitabbau zusätzlich. Auch wächst die Sorge, dass weitere Euro-Länder mit hohen Schulden wie Portugal, Spanien, Irland oder Italien an den Finanzmärkten unter Druck geraten und das den Bestand der Euro-Zone gefährden könnte.
Verheugen kritisiert indirekt Barroso
Die EU-Kommission habe niemals zuvor bei einem Land einen derart strengen und engmaschigen Überwachungsprozess eingeführt, betonte Almunia. Die Empfehlung der Kommission sollen die EU-Finanzminister bei ihrem nächsten Treffen am 15./16. Februar in Brüssel verabschieden. Griechenland muss dann Mitte März erstmals einen Bericht über die Umsetzung vorlegen, Mitte Mai den nächsten und ab dann alle drei Monate die EU über seine Fortschritte bei der Konsolidierung informieren.
Das Sanktionsverfahren nach dem Stabilitätspakt wird im Fall Griechenlands verschärft, weil die konservative Vorgängerregierung von Kostas Karamanlis sich nicht an frühere Sparzusagen hielt. Der scheidende deutsche Industriekommissar Günter Verheugen sagte, in der Kommission sei unter Führung des portugiesischen Christdemokraten Jose Manuel Barroso das wiederholte Versagen Griechenlands lange Zeit nicht diskutiert worden. "Es fällt mir schwer, zu glauben, dass die übergroße Rücksicht nichts damit zu tun hat, dass Griechenland in den letzten acht Jahren eine konservative Regierung hatte", sagte Verheugen.
Quelle: ntv.de, wne/rts