Haushalt wird zwangsverwaltet Griechen unter EU-Fuchtel
16.02.2010, 16:09 UhrGriechenland muss dringend sparen und wird dazu von der EU gezwungen. Bis Mitte März soll Athen die Budgetsanierung auf den Weg bringen. Bereits jetzt werden Rufe nach weiteren Schritten laut. So "empfehlen" die Euro-Länder den Griechen eine Mehrwertsteuererhöhung.
Die Europäische Union legt dem akut verschuldeten Griechenland die Sparfesseln an. Der EU-Finanzministerrat beschloss ein ehrgeiziges Sparprogramm und eine strikte Überwachung des Staatshaushaltes. Die Regierung in Athen muss bis Mitte März die Budgetsanierung auf den Weg bringen und notfalls zusätzliche Sparschritte ergreifen. Das Defizit müsse um vier Prozentpunkte gedrückt werden, hieß es weiter.
Die EU-Finanzminister gaben Griechenland bei ihrem Gipfel in Brüssel einen Monat Zeit, um weitere Schritte zum Abbau der Rekordschulden von rund 300 Milliarden Euro darzulegen. Im Notfall können die Euro-Länder Griechenland zu unpopulären Maßnahmen wie Steuererhöhungen und weiteren Ausgabenkürzungen zwingen.
Griechenland muss nach dem EU-Beschluss bis zum 16. März darlegen, ob weitere Einschnitte nötig sind, um das Defizit von derzeit 12,7 Prozent in diesem Jahr um vier Punkte zu senken. Bis 2012 soll die Neuverschuldung wieder die EU-Höchstgrenze von drei Prozent einhalten.
Die Euro-Länder hatten Athen unter anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sowie Zusatz-Abgaben auf Luxusgüter und Energie empfohlen. Spielt Griechenland nicht mit, können die 15 weiteren Euro-Staaten die Steuererhöhungen per Mehrheitsbeschluss anordnen, wie der luxemburgische Ministerpräsident und Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker sagte.
Noch radikalere Schritte nötig
Das "kühne und umfassende Strukturreform-Paket", das die EU-Finanzminister in einer gemeinsamen Erklärung von Griechenland forderten, soll auch vor weiteren Gehaltskürzungen sowie einer Renten- und Gesundheitsreform nicht halt machen. Bereits jetzt sind die Sparpläne in Griechenland unpopulär: Vergangene Woche gingen mehr als 10.000 Staatsbeamte auf die Straße.
Länder wie Deutschland halten es für ausgemacht, dass die Griechen noch radikalere Schritte gehen müssen. "Wir denken schon, dass zusätzliche Maßnahmen von Griechenland erforderlich sind", sagte Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen. Auch die EU-Kommission, Schweden und Österreich sprachen sich bei dem Finanzministerrat für eine härtere Gangart aus.
Die von den Finanzministern beschlossene Zwangsverwaltung des griechischen Haushalts sieht eine monatliche Überprüfung des Schuldenabbaus vor. Nach Angaben von EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn werden Vertreter der Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits in den kommenden Tagen in Athen mit den Kontrollen beginnen. Griechenland ist das erste Mitgliedsland, dessen Budget unter EU-Aufsicht gestellt wird.
Sparplan nicht drastisch genug?
Zuvor hatten mehrere EU-Mitglieder deutlich gemacht, dass die bisher von Athen angekündigten Maßnahmen ihnen nicht weit genug gingen. Schwedens Finanzminister Anders Borg fordert von dem angeschlagenen Mittelmeerland deutlich mehr Sparanstrengungen. "Aus unserer Sicht reicht das Programm der griechischen Regierung nicht aus", sagte Borg.
"Wir brauchen konkretere Schritte, um unsere Glaubwürdigkeit auf den Märkten wiederzuerlangen", sagte Borg. Athen müsse beispielsweise klar machen, wie die Steuereinnahmen verbessert werden sollen.
IWF wird nicht "um Hilfe gerufen"
Auch Juncker erwartet weitere Sparanstrengungen aus Athen. Dies sei im Kreise der Euro-Gruppe vereinbart worden und gelte ab sofort, sagte Juncker. Griechenland werde unter Beweis stellen müssen, dass es in der Lage sei, sein Haushaltsdefizit in diesem Jahr um vier Prozentpunkte der Wirtschaftsleistung zu kürzen. "Sollte Griechenland dies nicht schaffen, wird die Eurogruppe durch Mehrheitsbeschluss Griechenland zusätzliche Auflagen erteilen", machte Juncker deutlich. Das beinhalte Sanktionsmöglichkeiten.
Gleichzeitig lehnt Juncker es ab, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eine wichtige Rolle bei der Sanierung der griechischen Staatsfinanzen zuzugestehen. "Der IWF kann Griechenland technische Hilfe geben." Aber er solle keine "Exit-Strategie (Ausstiegsstrategie" aus der Athener Finanzmisere entwickeln. "Wenn Kalifornien ein Finanzproblem hat, würden die USA auch nicht den IWF zur Hilfe rufen", sagte Luxemburgs Regierungschef und Schatzminister.
Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa/rts