Kein Geld mehr über Kapitalmärkte Griechenland sitzt auf dem Trockenen
28.04.2010, 10:19 UhrNach der Abstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands auf Ramschstatus drehen die Finanzmärkte den Griechen den Geldhahn zu. Die Rendite zweijähriger Staatsanleihen schießt auf fast 25 Prozent. Um Panikverkäufe am Aktienmarkt zu verhindern, verbietet die griechische Börsenaufsicht Wetten auf fallende Kurse.

Die Märkte fürchten, die Schuldenprobleme von Ländern wie Griechenland oder Portugal könnten die wirtschaftliche Erholung gefährden.
(Foto: dpa)
Angesichts der explodierenden Kosten für seine Staatsschulden kann Griechenland nach eigenen Angaben auf den Finanzmärkten kein Geld mehr aufnehmen. Der Zugang zu den Märkten sei "unmöglich", sagte Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte zuvor die Kreditwürdigkeit Griechenlands auf Ramschstatus herabgestuft und damit die Panik auf den Finanzmärkten noch verstärkt.
Die Hilfen der Euro-Staaten und des Internationalen Währungsfonds müssen laut Papakonstantinou daher bis zum 19. Mai bereit stehen. Es war das erste Mal, dass Athen offiziell erklärte, keine neuen Kredite mehr aufnehmen zu können.
Bis zum 19. Mai muss die griechische Regierung neue Schulden aufnehmen, um alte Verbindlichkeiten zu bezahlen. In Berlin stimmt die Bundesregierung heute das weitere Vorgehen ab. Dazu gibt es zahlreiche Treffen, an denen zum Teil auch die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen beteiligt sind.
Rekordprämien für Anleihen
S&P senkte die Bewertung der griechischen Staatsanleihen um drei Noten auf "BB+". In diesem Fall geht die Ratingagentur davon aus, dass der Schuldner im Schnitt nur 30 bis 50 Prozent der Verbindlichkeiten begleichen wird. Sollten die beiden anderen Ratingagenturen (Moody's und Fitch) ihre Bewertung für Griechenland auf ein ähnliches Niveau senken, dann würden griechische Anleihen nicht mehr von der Europäischen Zentralbank (EZB) als Sicherheiten akzeptiert. Die EZB hatte auf ihrer Sitzung Anfang Mai beschlossen, Papiere mit mindestens einem "BBB-"-Rating über das Jahr 2010 hinaus zu akzeptieren. Vor der Krise hatte die EZB lediglich Papiere mit einem Rating von mindestens "A-" akzeptiert.
Die Kosten für die Schulden Griechenlands steigen derweil auf immer neue Rekordwerte: Investoren verlangen für zehnjährige griechische Staatsanleihen eine Rendite von 10,6 Prozent. Für kurzfristige Papiere mit einer Laufzeit von zwei Jahren werden sogar Renditen von rund 25 Prozent fällig.
Um Panikverkäufe am griechischen Aktienmarkt zu verhindern, verbietet die griechische Kapitalmarktkommission alle Leerverkäufe bis zum 28. Juni. Mit solchen Verkäufen können Marktteilnehmer Aktien verkaufen, die sie nur geliehen haben oder gar nicht besitzen und damit bei fallenden Kursen Gewinne realisieren.
Ratingagenturen in der Kritik
Der FDP-Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis warnt nach dem jüngsten Einbruch der Aktienmärkte davor, die Einschätzungen von Ratingagenturen überzubewerten. Die Kurse seien auf der Grundlage von Bewertungen derselben Agenturen abgerutscht, die etwa bei der Beurteilung der Pleite-Bank Lehman Brothers komplett falsch gelegen hätten, sagte Chatzimarkakis dem rbb-Inforadio.
"Und jetzt trauen wir denen mehr als der Einschätzung der Europäischen Zentralbank. Ich finde das unmöglich", sagte der FDP- Politiker. Die Ratingagenturen seien für einen Rutschbahneffekt verantwortlich. Er forderte ein europäisches Rating, das gegen solche Effekte ein Zeichen setze. "Die Ratingagenturen fangen jetzt bei Portugal an", sagte er. "Wir müssen jetzt einfach lernen, dass dieser selbstständige Mechanismus der Finanzmärkte nicht wieder die Oberhand gewinnt und uns Politiker dazu zwingt, Steuergelder hier aufzuwenden. Das führt nur dazu, dass die Banken Gewinne machen."
Augen auf Portugal
Unterdessen verschärfte sich auch im Euro-Land Portugal die Lage. S&P stufte die Kreditwürdigkeit Lissabons ebenfalls um zwei Stufen herab. Dies nährte Befürchtungen, Spekulanten könnten das Land nach Griechenland zu ihrem nächsten Ziel machen.
In Portugal reflektiere "die Herabstufung um zwei Noten die vergrößerten haushaltspolitischen Risiken", sagte der zuständige Länderanalyst Kai Stukenbrock. Der negative Ausblick signalisiere weitere Herabstufungen, falls die Konsolidierung nicht gelinge. Trotz der Reformen der portugiesischen Regierung im öffentlichen Sektor bleibe der Haushalt schwach, schrieb S&P. Die portugiesische Regierung müsse daher Sparmaßnahmen ergreifen, die über die bisher getroffenen Maßnahmen hinausgingen.
Zudem blieben die Aussichten für das Wirtschaftswachstum düster. Die portugiesische Wirtschaft werde im laufenden Jahr trotz der weltweiten Konjunkturerholung stagnieren. Auch das Wachstumspotenzial werde gering bleiben. Die Minderheitsregierung könnte zudem Schwierigkeiten haben, die angestrebten Reformen umzusetzen.
Portugal will sein Haushaltsdefizit von 9,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2009 auf 8,5 Prozent im laufenden Jahr vermindern. Das Defizit liegt damit niedriger als im krisengeschüttelten Griechenland. Dort hatte es 2009 bei 13,6 Prozent gelegen. Die Risikoaufschläge für portugiesische Staatsanleihen sind nach Griechenland die höchsten im Euroraum.
Quelle: ntv.de, nne/AFP/dpa/rts