"Alptraum des Bankrotts" Griechenland windet sich
03.03.2010, 07:57 UhrDie Lage wird ernster, die Wortwahl auch: Griechenlands Ministerpräsident Papandreou spricht von "Alptraum" und "Kriegssituation", um die dringende Notwendigkeit von Sparmaßnahmen zu unterstreichen. Heute will er einen Plan vorstellen, der auch die Euro-Partner überzeugt. Brüssel nimmt unterdessen die Schwankungen im Derivate-Handel im Zusammenhang mit der Griechenland-Krise unter die Lupe.
Die griechische Regierung kommt heute zu einer Krisensitzung im Kampf gegen die hohe Staatsverschuldung zusammen. Dabei wollen Ministerpräsident Giorgos Papandreou und sein Kabinett darüber beraten, wo der Rotstift angesetzt werden soll. Kurz vor der Ankündigung sagte Papandreou, seinem Land drohe der Bankrott, es befinde sich in der "Kriegssituation". Am Abend zuvor hatte er seine Landsleute zu einer nationalen Kraftanstrengung im Kampf gegen die Schuldenkrise aufgerufen. Angesichts immer neuer Löcher im Haushalt sei die Regierung zu harten Einschnitten gezwungen, die von allen Bürgern Opfer abverlangten.
In der griechischen Bevölkerung scheint sich die Einsicht von der Notwendigkeit drastischer Sparmaßnahmen unterdessen noch nicht durchgesetzt zu haben. Die Gewerkschaften drohten erneut mit Massenprotesten gegen Einsparungen. Die EU-Kommission wird derweil nicht müde an die Regierung in Athen zu appellieren, weitere Sparanstrengungen zu unternehmen, um das ausufernde Haushaltsdefizit wieder unter Kontrolle zu bringen.
Erst sparen, dann Hand aufhalten

(Foto: dpa)
Papandreou bat die EU-Partner erneut um Beistand. Die Signale aus der EU stehen diesbezüglich aber weiterhin auf Rot. Griechenland soll seine Probleme zunächst allein angehen, lautet die vorherrschende Meinung. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte der "Süddeutschen Zeitung", niemand könne den Griechen die Aufgabe abnehmen, ihre Haushalts- und Finanzpolitik auf einen soliden Pfad zu bringen. Er betonte, dass Griechenland nicht um Finanzhilfen gebeten habe. Daher stelle sich diese Frage nicht. Die Schuldenkrise des Euro-Landes ist für die EU auch deshalb zu einem zentralen Problem geworden, weil in ihrem Zuge die Gemeinschaftswährung unter Druck geraten ist. Die EU will die Sparmaßnahmen Griechenlands am 16. März bewerten.
Wer wettet gegen Griechenland?
Nachdem die Schuldenkrise Griechenlands offenbar zum Spekulationsobjekt geworden ist, kündigte die EU-Kommission nun eine interne Untersuchung zum Handel mit Kreditderivaten an. "Ich will wissen, wer das getan hat. Ich will es verstehen", sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier der "Financial Times". Mit Kreditderivaten (CDS) versichern sich Emittenten gegen Ausfallrisiken zum Beispiel bei Anleihen. In den vergangenen Wochen haben Spekulanten diesen Markt für sich entdeckt und mittels solcher CDS-Papiere auf einen Staatsbankrott Griechenlands gewettet, was daran abzulesen ist, dass die Kurse der Griechenland-Anleihen stark schwankten, obwohl sich die Volkswirtschaft Griechenlands nicht fundamental verändert hat.
Der Handel mit CDS-Papieren in Europa wird in London abgewickelt. Auch das Bundesfinanzministerium in Berlin hat bereits im Zusammenhang mit der griechischen Schuldenkrise mehr Transparenz bei bestimmten Derivaten gefordert. Frankreich drohte bereits ein Verbot der Ausfallversicherungen an.
EZB will eigenes Euro-Länderrating
In Brüssel will man aus der aktuellen Krise lernen. Einem Zeitungsbericht zufolge wollen die Regierungen der Euro-Zone die Dominanz der internationalen Ratingagenturen brechen. Wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf informierte Kreise der EU-Finanzminister berichtet, soll die Europäische Zentralbank (EZB) ein eigenes Länderrating für die Euro-Staaten aufbauen, um sich nicht mehr auf die Bonitätsprüfung von Moody's, Standard & Poor's (S&P) und Fitch verlassen zu müssen.

Das griechische Kabinett muss schwere Überzeugungsarbeit leisten. Die EU wartet dringend auf Ansagen.
(Foto: AP)
"Die Agenturen haben sich im Fall Lehman total geirrt. Wer sagt uns, dass sie es nicht wieder tun?" zitierte das Blatt Ecofin-Kreise. In der EZB solle dieser Ansatz auf viel Zustimmung stoßen. Der Unmut in der Zentralbank sei groß, dass das Schicksal Griechenlands mittlerweile in der Hand einer einzigen Ratingagentur, nämlich Moody's, liege, zitiert die Zeitung Notenbankkreise. Die EZB selbst wollte dem Bericht zufolge dazu nicht Stellung nehmen.
S&P meldete sich derweil mit einer ungewohnt moderaten Einschätzung zur Schuldenkrise Griechenlands zu Wort. Die Ratingagentur sei bei der Bewertung weniger pessimistisch als die Finanzmärkte, heißt es. Das politische Ansehen der griechischen Regierung sei immer noch sehr hoch. Vorige Woche hatte S&P vor einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands gewarnt und dies mit möglichen Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes begründet. Dadurch kööne die Reduzierung des Haushaltsdefizits erschwert werden.
Nichts Neues aus Berlin
Die Bundesregierung arbeitet unterdessen weiter intensiv an Rettungs-Szenarien, wie ein Staatsbankrott Griechenlands verhindert werden kann. Wie die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise schreibt, haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) aus diesem Grund am Vorabend zu einem vertraulichen Spitzengespräch getroffen. An dem Gespräch hätten auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und ein Staatssekretär aus dem Bundesfinanzministerium teilgenommen.
Bei dem Treffen sei es um Rettungsmöglichkeiten und die Strategie der Bundesregierung für die nächsten Monate gegangen. Dabei sei besonders die Frage erörtert worden, ob und welche Hilfe die Bundesregierung der griechischen Regierung in Aussicht stellen kann, schreibt das Blatt. Die Teilnehmer seien sich dabei weiterhin einig gewesen, dass Griechenland sich zunächst aus eigener Kraft helfen müsse. Am Freitag wird der griechische Ministerpräsident Papandreaou zu einem Spitzentrefffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin eintreffen.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ