Asche-Wolke gefährdet EU-Treffen Griechisches Defizit höher
18.04.2010, 15:33 UhrDie Aschewolke aus Island droht das von der EU anberaumte Treffen von griechischen Regierungsvertretern mit EU-Kommission, EZB und IWF kurzfristig platzen zu lassen. Die Situation ist derweil nicht leichter geworden: das griechische Defizit ist voraussichtlich sogar noch höher als bisher angenommen.

Jean-Claude Trichet setzt in der Griechenland-Frage auf Hoffen und Beten.
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Die riesige Asche-Wolke aus Island gefährdet das für Montag in Athen geplante Treffen zur griechischen Schuldenkrise. Die EU bemühe sich zwar um das Zustandekommen des Treffens griechischer Regierungsvertreter mit der Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalem Währungsfonds (IWF), sagte ein Sprecher der Kommission. Allerdings hänge das von der weiteren Entwicklung im Luftverkehr ab, "und im Moment wird es zunehmend schwieriger", sagte der Sprecher.
Der Luftraum über Südeuropa und Griechenland ist zwar weitgehend offen, der Flugverkehr über Nord- und Mitteleuropa liegt aber weitgehend lahm, so dass die Anreise per Flugzeug derzeit nicht möglich ist. Die Delegation von IWF, EU-Kommission und EZB will mit der Athener Regierung zwei Wochen lang über ein Reformprogramm verhandeln, das für den Fall einer konkreten Hilfsaktion beschlossen werden würde.
Unterdessen hat sich die Situation für den griechischen Haushalt alles andere als entspannt. Das griechische Defizit für 2009 ist offenbar noch höher als bisher bekannt. Wie Finanzminister Giorgos Papakonstantinou am Vortag nach dem Treffen der EU-Finanzminister in Madrid einräumte, geht das Defizit wahrscheinlich noch einige Zehntel Prozent über die bisher ermittelten 12,7 Prozent der Wirtschaftsleistung hinaus. Die griechische Regierung will dennoch an ihrem Konsolidierungsziel von vier Prozentpunkten des BIP in diesem Jahr festhalten. Die endgültigen Zahlen gibt das europäische Statistikamt Eurostat in der kommenden Woche bekannt.
Den Finger auf dem Notruf-Knopf
Laut Papakonstantinou kann der Notfallplan der Euro-Länder und des IWF rasch in Gang gesetzt werden. Die Euro-Länder, die Kredite im Parlament beschließen müssten, bräuchten ein bis zwei Wochen Zeit. Bisher habe auch niemand angekündigt, zusätzliche Sparmaßnahmen von Griechenland zu fordern, wenn es auf die Hilfe zurückgreifen sollte. Das Bankensystem des Landes leide unter der Krise, sei aber stabil.

Finanzminister Papakonstantinou lässt auf der Pressekonferenz in Madrid eine weitere scharze Katze aus dem Sack.
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Dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou zufolge wird eine Entscheidung über einen Hilferuf in den nächsten Wochen fallen. Einen offiziellen Beschluss gibt es laut Papandreou noch nicht. "Alles, was wir sagen, ist, lasst es uns vorbereiten, damit wir bereit sind, wenn wir den Knopf drücken müssen", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Newsweek". Selbst wenn die Regierung bis Mai an den Kapitalmärkten Geld aufnehmen könnte, wolle sie die Option der Kredithilfe nicht aufgeben. Der Notfallplan verschaffe seiner Regierung den Spielraum für die Veränderungen, die notwendig seien, um die Wirtschaft wieder auf Trab zu bringen.
Die Euro-Länder hatten erstmals in der elfjährigen Geschichte der Währungsunion ein Rettungspaket beschlossen, um den hoch verschuldete Mittelmeerstaat vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren.
Geld am Finanzmarkt immer teurer
An den Finanzmärkten wird zunehmend damit gerechnet, dass Griechenland die in Aussicht gestellten Milliardenkredite in Anspruch nehmen wird. Denn auch die Einigung der Euro-Länder über Konditionen des Pakets, das allein für dieses Jahr Kredite bis zu 45 Mrd. Euro umfassen kann, vermochte den Risikoaufschlag auf griechische Staatsanleihen kaum zu senken. Der Zins auf zehnjährige Papiere lag zum Handelsschluss am Freitag bei 7,4 Prozent - drei Prozentpunkte über dem Niveau von vor Beginn der Schuldenkrise und 4,26 Prozentpunkte über der Markt bestimmenden deutschen Bundesanleihe. Die nächste Auktion kurzfristiger griechischer Schuldenpapiere im Volumen von 1,5 Mrd. Euro steht am 20. April an.
Die griechische Regierung will mit einem drastischen Sparprogramm die Neuverschuldung in diesem Jahr von 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2009 auf 8,7 Prozent senken. Bis 2013 soll die Grenze des Stabilitätspakts von drei Prozent wieder eingehalten werden. Der griechische Notenbankchef Giorgos Provopoulos forderte aber weitere Sparanstrengungen. Das Ziel müsse sein, das Defizit in diesem Jahr um fünf Prozent zu senken, sagte Provopoulos dem Magazin "Realnews" zufolge.
Einer Umfrage der Wirtschaftsuniversität von Athen zufolge haben die Bewohner der Hauptstadt den Gürtel wegen der Schuldenkrise bereits enger geschnallt. Die Hälfte der Befragten gab an, dass ihr Lohn nicht mehr ausreiche. Ebenso viele Befragte glauben, dass die Schuldenkrise noch mehr als fünf Jahre andauern wird. Ein Drittel erklärte, weniger Geld für Kleidung auszugeben, ein Viertel der Befragten essen nach eigenen Angaben seltener außer Haus.
Quelle: ntv.de, rts