Investieren wie Warren Buffett Günstige Aktien sind wieder gefragt
16.01.2017, 18:29 Uhr
Einer der reichsten Menschen: Warren Buffett.
(Foto: AP)
In den ersten Tagen des Jahres zeichnet sich ein Trendwechsel unter den Aktienmarktfavoriten ab. Warren Buffett dürfte sich freuen, denn sogenannte Value-Aktien stehen nun wieder stärker im Fokus von Anlegern
Zufall oder Kalkül? Direkt vor der Wahl des neuen US-Präsidenten Anfang November drehten Value-Aktien nach oben und spiegelten damit auch eine Art Trendwechsel wider. Zwar setzten die herkömmlichen Aktienmarktindizes ihren Anstieg ebenfalls fort, aber Anleger wittern vor allem bei preiswerten, substanzstarken Aktien neue Chancen. Abzulesen ist dieser neue Trend hin zu "Value" beziehungsweise wertorientiertem Anlegen auch in Europa wie die Entwicklung des MSCI Europe Value zeigt. Das Branchenbarometer stagnierte während des Jahres 2016 weitgehend und setzte im November zum Jahresendspurt an.
Value-Aktien sind in der Regel Aktien von Unternehmen, die einen starken, regelmäßigen Geldfluss (Cash Flow) mit ihrem Geschäft erzielen, und sind daher besonders substanzstark. Außerdem sind diese Titel vergleichsweise preisgünstig und zeichnen sich durch eine niedrige Bewertung aus, wie ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) sowie eine hohe Dividendenrendite.
Das Kurs-Buchwert-Verhältnis wird errechnet, indem man den Börsenwert eines Unternehmens durch das Eigenkapital dividiert. Die Investorenlegende Warren Buffet ist der weltweit größte Value-Anleger, die Aktie seines Unternehmens Berkshire Hathaway hat sich 2016 ähnlich wie der MSCI Europe Value entwickelt und erzielte den Löwenanteil seiner Performance in den vergangenen beiden Monaten des Jahres.
Da das Wachstum der Weltwirtschaft in den vergangenen Jahren schwach war, haben Investoren vor allem auf wachstumsstarke Unternehmen gesetzt. Mit dem erwartet massiven Konjunkturprogramm des designierten US-Präsidenten Donald Trump könnte sich das Wirtschaftswachstum in den USA deutlich beschleunigen, während die Zinsen steigen dürften. In dem Umfeld sollten Value-Aktien ebenso ein Comeback feiern wie in Europa, wo die Wirtschaft bei einer weiteren Abschwächung des Euro und anhaltend niedrigen Zinsen auch solide wachsen sollte.
Wer gehört zum Value-Universum?
Nicht nur die Aussichten sind in einem solchen Wachstumsumfeld hervorragend, auch die Kennzahlen. Die niedrig bewerteten Aktien des MSCI Europe Value glänzen mit einem KGV von lediglich 12,9 und einem KBV von 1,2, während die Dividendenrendite bei staatlichen 4,3 Prozent liegt. Zum Vergleich: Der Dax liegt bei einem KGV von 13,5 und der S&P 500 gar bei 17,1. Der schwerste Wert in dem Index ist die Bank HSBC mit einem Indexgewicht von 4,1 Prozent, vor den Ölmultis Royal Dutch Shell (3,0 Prozent), BP (3,0 Prozent) und Total (2,9 Prozent). Auf den folgenden Plätzen rangieren Siemens, der Pharmakonzern Sanofi, BASF, die Banco Santander und Allianz.
Zwar notiert das 2017er-KGV von HSBC mit 15,5 über dem Marktdurchschnitt, allerdings liegt die Dividendenrendite von 6,1 Prozent ebenfalls weit über dem Schnitt, während das KBV bei lediglich 0,9 liegt. HSBC erzielt den Großteil seines Gewinns in Asien und ist entsprechend abhängig von der dortigen Konjunkturentwicklung. Allerdings bilanziert die Bank auf Dollar-Basis und leidet damit darunter, dass der Dollar gegenüber asiatischen Währungen, wie dem chinesischen Renminbi, oder dem koreanischen Won, deutlich steigt. Im dritten Quartal war es dem Institut dennoch zum ersten Mal seit mehr als einem Jahr gelungen, den Umsatz zu steigern, während gleichzeitig die Kosten gesunken sind. Angesichts der guten Kapitalausstattung und der sich aufhellenden Geschäftsperspektiven sind Investoren zuversichtlich, dass HSBC weiterhin mit einer hohen Dividendenrendite glänzen wird.
Die hohe Dividendenrendite spricht auch für die Aktien der Ölmultis Royal Dutch Shell, BP und Total, zumal sie es bei weiter steigenden Ölpreisen schaffen sollten, dass der Cash Flow allmählich ausreicht, um die Investitionen und die Dividenden zu finanzieren, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen. Nach einem längeren Seitwärtstrend könnte die Sanofi-Aktie nach oben ausbrechen. Der französische Pharmakonzern hat nach den Neun-Monats-Zahlen die Jahresprognose angehoben, weil sich das Geschäft mit Grippeimpfstoffen und Medikamenten gegen Multiple Sklerose besser entwickelt als erwartet, womit der Konzern den Preisdruck bei dem Insulin Lantus, das 2015 den Patentschutz verloren hatte, abfedern kann. Nun warten Investoren gespannt, ob Sanofi ein Übernahmeangebot für den Schweizer Pharma- und Biotechkonzern Actelion vorlegen und damit erfolgreich sein wird.
US-Value-Aktien finden Anleger im markbreiten MSCI USA Value Index. Dessen KGV liegt mit 15,7 unter dem des S&P 500, während die Dividendenrendite mit 2,8 Prozent deutlich darüber liegt (2,0 Prozent). Die Top Ten aus dem MSCI USA Value bilden Microsoft, Exxon Mobil, Johnson & Johnson, JPMorgan, General Electric, Wells Fargo, AT&T, Bank of America, Verizon und Procter & Gamble. Je nach der Entwicklung der Konjunktur und des Aktienmarkts könnten in den nächsten Monaten verstärkt Value-Aktien ganz oben auf die Kauflisten der Investoren stehen. Anleger sollten daher einen genauen Blick auf die obigen, günstigen Papiere werfen.
Quelle: ntv.de