Wirtschaft

Inmitten der Opel-Euphorie Guttenberg bleibt skeptisch

In den allgemeinen Jubel-Chor zur Rettung des angeschlagenen Autobauers Opel mag einer nicht einstimmen: Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bleibt bei seiner skeptischen Haltung. Während sich in der SPD Unmut über den Minister breit macht, nimmt ihn Kanzlerin Merkel in Schutz.

Rückt von seiner Haltung nicht ab: Wirtschaftsminister Guttenberg.

Rückt von seiner Haltung nicht ab: Wirtschaftsminister Guttenberg.

(Foto: REUTERS)

Die Einigung auf einen Einstieg des kanadisch- österreichischen Zulieferers Magna bei Opel stößt bei Wirtschaftsminister Guttenberg (CSU) auf große Skepsis. "Ich habe eine unterschiedliche Risikoeinschätzung als die an den Opel-Verhandlungen beteiligten Kollegen. Ich konnte daher dem Magna-Konzept bis zuletzt nicht zustimmen und habe eine Planinsolvenz als Neustart für Opel vorgezogen", heißt es in einer Erklärung des Ministers.

Guttenberg räumte ein, "dass auch eine Insolvenz derzeit nicht völlig risikofrei" wäre. Er fügte hinzu: "Die Bundesregierung kam in einer Gesamtschau auf alle - auch meine abweichenden - Risikoeinschätzungen zu anderen Ergebnissen, an deren Umsetzung ich mich gleichwohl verantwortungsvoll beteiligen werde." Aus Verhandlungskreisen wurde bekannt, dass Guttenberg jedoch die Federführung in der Bundesregierung beim Thema Opel an das Bundeskanzleramt abgibt.

Peer Steinbrück verkündet die Einigung.

Peer Steinbrück verkündet die Einigung.

(Foto: AP)

Rücktritt diskutiert

Überraschenderweise hatte nach der Einigung auf ein Rettungskonzept in der Nacht zum Samstag Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) die gute Nachricht verkündet. Guttenberg hielt sich im Hintergrund, obwohl er in den vergangenen Wochen die Bemühungen koordiniert hatte. In Koalitionskreisen hieß es, zeitweise habe während der tagelangen Verhandlungen die Möglichkeit eines Rücktritts von Guttenberg im Raum gestanden.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil kritisierte Guttenberg. Dieser habe versucht, die Verhandlungen mit seinen Vorstößen für eine Opel- Insolvenz zu unterlaufen, sagte Heil im RBB-Inforadio. SPD-Chef Franz Müntefering sagte dem "Tagesspiegel", über die Rolle Einzelner in der ganzen  Opel-Frage werde zu sprechen sein. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, erklärte dagegen,  Guttenberg habe die "volle Rückendeckung und den vollen Respekt" der Landesgruppe.

Zuversichtlich: Bundeskanzlerin Merkel

Zuversichtlich: Bundeskanzlerin Merkel

(Foto: AP)

Auch Bundeskanzlerin Merkel stellte sich hinter Guttenberg. Sie kam allerdings zu einer anderen Risikobewertung als der CSU-Minister. Für sie sei entscheidend gewesen, "dass die Risiken einer Alternative politisch absolut nicht verantwortbar sind", betonte sie. Es sei jedoch die Aufgabe und das Recht des Wirtschaftsministers, "die Finger in die Wunde zu legen". Guttenberg habe hervorragende Arbeit bei der Vorbereitung der Lösung geleistet und trage das Ergebnis auch mit, sagte Merkel.

2.500 Jobs auf dem Spiel

Merkel zeigte sich optimistisch, die noch offenen Fragen bei der Opel-Rettung rasch klären zu können. Zwar gebe es noch eine Vielzahl auch schwieriger Details zu klären, sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Sie sei aber zuversichtlich, dass es gelingen könne, bereits über Pfingsten die "vertraglichen Einzelheiten" zu lösen und die juristischen Feinheiten zu klären. 

Die vorläufige Rettung von Opel mit Hilfe des Zulieferers Magna umfasst keine verbindlichen Absprachen zu den rund 26.000 Arbeitsplätzen des Autobauers in Deutschland. Eine entsprechende Vereinbarung wäre EU-rechtlich nicht zulässig gewesen, hieß es aus Regierungskreisen. Magna spreche jedoch in seinem Konzept von einem Abbau von 11.000 Arbeitsplätzen bei General Motors Europe. 2.500 Stellen sollen demnach in Deutschland wegfallen, hieß es. Wie viele Arbeitsplätze jedoch tatsächlich gefährdet seien, will Magna in den kommenden Wochen untersuchen.

In der Nacht zum Sonntag haben sich Bund, Länder sowie die Opel-Mutter General Motors, der Investor Magna und das US-Finanzministerium auf ein Rettungskonzept verständigt. Opel soll aus dem GM-Verbund herausgelöst und nicht von einer Insolvenz des Mutterkonzerns mitgerissen werden, deren Verkündung durch US-Präsident Obama am Pfingstmontag erwartet wird. Magna will alle vier deutschen Opel- Standorte erhalten.

Drei-Punkte-Vertrag

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) teilte am frühen Morgen im Kanzleramt mit, dass die Einigung aus drei wesentlichen Punkten besteht. So gebe es einen Vorvertrag ("memorandum of understanding") zwischen GM und dem kanadisch- österreichischen Magna-Konzern, der zusammen mit russischen Partnern bei Opel einsteigen will. Hinzu komme ein Treuhand-Vertrag, der in Kürze rechtswirksam umgesetzt werden müsse und der die "dingliche Sicherung" für den Bund regele. Schließlich liegt laut Steinbrück ein Konsortialvertrag für den staatlichen Überbrückungskredit von 1,5 Mrd. Euro vor.

Magna will laut Steinbrück kurzfristig benötigte Finanzmittel bereits in der nächsten Woche bereitstellen, ehe der Bund und die Länder die Voraussetzungen für die Zwischenfinanzierung geschaffen haben - auch unter Einbeziehung der jeweiligen Parlamente.

Carl-Peter Forster sieht Opel am Beginn einer neuen Zukunft.

Carl-Peter Forster sieht Opel am Beginn einer neuen Zukunft.

(Foto: AP)

"Sie können sich sicher sein, dass wir uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben", sagte Steinbrück. Alle Beteiligten seien sich der Risiken bewusst. "Aber diese Risiken waren abzuwägen auch gegen die Risiken (...) für den Fall, dass Opel insolvent gegangen wäre."

Bund und Länder nicht erpressbar

Steinbrück zufolge ist der Überbrückungskredit von 1,5 Mrd. Euro das letzte Angebot. Alle Beteiligten hätten sehr deutlich gemacht, dass sie trotz der Bundestagswahl Ende September nicht bereit sein würden, "irgendetwas draufzulegen." Damit solle signalisiert werden, dass Bund und Länder nicht erpressbar seien. Die Zwischenfinanzierung solle mittelfristig innerhalb von fünf Jahren in einen 4,5-Milliarden-Bürgschaftsrahmen umgewandelt werden.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verwies darauf, dass den Verträgen auch die Haushaltspolitiker in Hessen und Nordrhein-Westfalen zustimmen müssten. Die Länder, in den die FDP mitregiert, hätten klare Bedingungen an ein staatliches Engagement gestellt. "Ich bin der Auffassung, dass diese Bedingungen erfüllt sind", sagte Koch.

Forster: Opel absolut gerettet

Der Co-Vorstandsvorsitzende von Magna, Siegfried Wolf ist sehr zuversichtlich, so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten zu können. Nach den Worten des GM-Europa-Chefs Carl-Peter Forster ist Opel im Moment absolut gerettet: "Das ist der Beginn einer neuen Zukunft für Opel, die Mitarbeiter und die Marke." Neue finanzielle Forderungen von GM sieht Forster momentan nicht.

Unterdessen laufen in den USA die Vorbereitungen zur Insolvenz der Opel-Mutter GM auf Hochtouren. Pfingstmontag endet ein von Barack Obama gestelltes Ultimatum zur Vorlage eines tragfähigen Konzepts für das Überleben des gut 100 Jahre alten GM-Konzerns. Im Weißen Haus wird die Insolvenz bereits als letzte Chance ins Auge gefasst.

Bereits bis heute Abend müssen die Gläubiger entscheiden, ob sie die zur Rettung von GM geplante weitgehende Verstaatlichung mittragen. In diesem Fall wird auf eine schnelle Sanierung von GM gehofft, wobei der Staat die Finanzierung übernehmen würde. Berichten zufolge sind mindestens 50 Milliarden Dollar nötig - neben den bereits geleisteten Hilfen von knapp 20 Milliarden Dollar.

Quelle: ntv.de, sla/AFP/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen