Wirtschaft

Der Vorhang ist gefallen HRE wird Fall fürs Gericht

Auf der vorläufig letzten Hauptversammlung beschließen die Anteilseigner mit der Mehrheit des Bundes erwartungsgemäß die Zwangsabfindung der restlichen HRE-Aktionäre. Damit sind die Kleinaktionäre draußen. Das Aktionärstreffen verläuft turbulent. Zahlreiche Redner kündigen an, gerichtlich gegen diesen Schritt vorgehen zu wollen.

Ein Jahr nach der Notrettung der HRE übernimmt der Staat die Bank.

Ein Jahr nach der Notrettung der HRE übernimmt der Staat die Bank.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Aktionäre, die das freiwillige Übernahmeangebot von 1,39 Euro nicht angenommen haben, erhalten damit nun 1,30 Euro je Aktie.

Der HRE-Vorstandsvorsitzende Axel Wieandt begründete noch einmal die Notwendigkeit der Verstaatlichung. Das Institut benötige weitere 7,0 Mrd. Euro Eigenkapital und ohne die Zwangsabfindung stellte der Bund diesen Betrag nicht zur Verfügung.

Der umstrittene Squeeze-out war einziger Tagesordnungspunkt auf dem dritten Aktionärstreffen in diesem Jahr in München. Wegen der 90-prozentigen Mehrheit des Bundes galt eine Zustimmung zur Zwangsabfindung bereits zuvor als sicher. Am Abend wurde der Antrag mit 94,73 Prozent des Kapitals gebilligt

Aufgebrachte Aktionäre

Die Aktionäre laufen Sturm gegen die Verstaatlichung. Die Wut einiger kennt keine Grenzen.

Die Aktionäre laufen Sturm gegen die Verstaatlichung. Die Wut einiger kennt keine Grenzen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Den Wunsch vieler Aktionäre, im Falle einer Reprivatisierung in einigen Jahren wieder am Unternehmen beteiligt zu werden, nannte Vorstandsvorsitzender Wieandt "sehr gut" verständlich. Dies zu entscheiden sei jedoch keine Sache der Bank selbst: "Ich bin aber sicher, dass der SoFFin in dieser Sache zu gegebener Zeit eine Entscheidung trifft, die die Aktionäre fair behandelt", sagte Wieandt unter lautstarken Zwischenrufen.

Am Montagnachmittag musste die außerordentliche Hauptversammlung nach Tumulten und Zwischenrufen aufgebrachter Kleinaktionäre für einige Minuten unterbrochen werden. Aufsichtsratsvorsitzender Bernd Thiemann rief die Polizei zur Hilfe, nachdem ein Aktionär sich weigerte, das Rednerpult zu räumen. Aufgebrachte Aktionäre bildeten eine schützende Traube um den Redner. Als diese sich dem im Publikum sitzenden SoFFin-Leiter Hannes Rehm näherten und zu einer Stellungnahme am Rednerpult aufforderten, verließ der Sprecher des SoFFin-Leitungsausschuss umgehend den Raum.

"Kalte Enteignung"

Aktionärsschützerin Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) widersprach der Einschätzung, dass es zur Verstaatlichung der Bank keine Alternative gebe. Das Beispiel Commerzbank zeige, dass Banken auch ohne Zwangsabfindung gerettet werden könnten. "Dieser Squeeze-out ist eine kalte Enteignung", sagte sie. Die Abfindung von 1,30 Euro sei außerdem zu gering. Der DSW werde deshalb dagegen angehen, kündigte die Anwältin an und verlangte, dass den Aktionären bereits heute das Recht zum Rückkauf ihrer Anteile zugesichert wird.

Diese Frau hatte 160.000 Euro in die angeblich mündelsichere Pfandbriefbank investiert. 7.600 Euro bekommt sie jetzt vom Staat.

Diese Frau hatte 160.000 Euro in die angeblich mündelsichere Pfandbriefbank investiert. 7.600 Euro bekommt sie jetzt vom Staat.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Wieandt nannte die Abfindung angesichts der wirtschaftlichen Lage des Instituts "angemessen". Dies hätte das Gutachten der Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers und Warth & Klein festgestellt, sagte Wieandt. Ohne die Hilfen des Bundes wäre das Finanzinstitut zusammengebrochen. Es gebe zudem kein Szenario, bei dem der anteilige Unternehmenswert über den Betrag der Barabfindung steigen könnte.

Nach Angaben Wieandts wird sich der Kapitalbedarf einschließlich der beiden bereits vorgenommenen Kapitalerhöhungen auf 10,0 Mrd. Euro belaufen. Eine weitere Kapitalausstattung von 7,0 Mrd. Euro sei nicht nur "angemessen", sondern auch "notwendig". Die Kernkapitalquote werde mit der weiteren Rekapitalisierung auf mindestens 10,0 Prozent steigen, kündigte er an

Turnaround erst 2012

Angesichts der hohen Belastungen sieht sich die Hypotheken- und Pfandbriefbank nicht vor 2012 in der Gewinnzone. Belastend wirken bis dahin hohe Abschreibungen, Kosten für die Liquiditätshilfen sowie Restrukturierungskosten.

Das Kapital, dass der Rettungsfonds SoFFin dem Institut zur Verfügung stelle, werde nicht vollständig zurückgezahlt werden, kündigte der Vorstandsvorsitzende an. Ein Teil werde durch die Verluste der Gesellschaft aufgezehrt.

Zur Sicherung der Liquidität hatte ein Konsortium deutscher Banken und der Bund zuvor mehr als 100 Mrd. Euro Liquiditätsfazilität und Garantien zur Verfügung gestellt. Nur so sei die Zahlungsunfähigkeit vermieden worden, sagte Wieandt. Derzeit geht das Institut davon aus, dass die vollständige Rückführung der Liquiditätsunterstützung nicht vor dem Jahr 2015 erfolgt. Entscheidend dafür sei, ob Vermögenswerte vor der Endfälligkeit wertschonend verkauft werden könnten

Forderungen der EU

Unklar ist, welche Forderungen der EU-Kommission für ihre Zustimmung zum geplanten Rettungsplan stellt. "Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass der Umfang der Auflagen über das hinausgeht, was wir im Rahmen der Neuausrichtung des Konzerns vorsehen", sagte der Vorstandsvorsitzende. In den kommenden Jahren soll die Bilanzsumme von mehr als 400 Mrd. auf rund 150 Mrd. Euro zusammengeschmolzen werden. Die Kommission fordere neben der geplanten Aufteilung des Geschäfts in eine "Bad" und eine "Good Bank" eine noch stärkere Schrumpfung des gesunden Teils der Immobilienbank, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Berichtstag.

Welche Portfolien ausgegliedert werden, sei noch nicht entschieden, sagte Wieandt. Daraus resultierende Verluste seien deshalb noch nicht zu beziffern. Bei der Abspaltung von Unternehmensteilen sollen diese jedoch nicht an die Deutsche Bank verkauft werden, kündigte Wieandt an. In der Vergangenheit war mehrfach darüber spekuliert worden, ob das größte deutsche Kreditinstitut im Rahmen der geplanten Bilanzkürzung lukratives Geschäft des Hypotheken- und Pfandbriefkonzerns übernehmen werde. Vor seiner Berufung an die Spitze der HRE hatte Wieandt die Abteilung Konzernentwicklung der Deutschen Bank geleitet.

Gut eine Stunde nach Beginn der Versammlung waren nach Angaben von Aufsichtsratsvorsitzendem Bernd Thiemann 1.211 Aktionäre anwesend. Sie repräsentierten 95,1 Prozent des Kapitals.

Quelle: ntv.de, DJ

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