"Exzessive Überstunden" in China Handelsriesen am Pranger
19.08.2010, 18:51 UhrDeutsche Handelskonzerne wie Aldi, Adidas oder Metro profitieren nach Angaben von Menschenrechlern von schlechten Arbeitsbedingungen in China. Dabei sollen vor allem "exzessive Überstunden" auf der Tagesordnung stehen. Die Unternehmen wollen davon nichts wissen.

Südwind kritisiert Metro dafür, dass Mitarbeiterinnen in China keinen Mutterschutz genießen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Menschenrechtsorganisation Südwind hat Arbeitsrechtsverletzungen bei chinesischen Zulieferern von Aldi und Adidas angeprangert. Die Beschäftigten dort müssten teils "exzessive Überstunden" leisten, kritisierte die Organisation. Die Unternehmen wiesen die Vorwürfe zurück.
Laut Südwind müssen Beschäftigte eines Aldi-Bekleidungslieferanten in der südchinesischen Provinz Guangdong bis zu 130 Überstunden im Monat machen, weil ihr Lohn nicht zum Leben reiche. Aldi erklärte gegenüber Südwind, das Unternehmen arbeite gemeinsam mit seinen Lieferanten an der Behebung unzureichender Sozial- und Arbeitsstandards.
Auch bei zwei Adidas-Schuhlieferanten in der südöstlichen Provinz Fujian seien "exzessive Überstunden" von bis zu 92 Stunden im Monat ein "Hauptproblem", berichtete Südwind. Eine Unternehmenssprecherin sagte dazu, Adidas habe einen Verhaltenskodex, an den sich alle Zulieferer halten müssten und dessen Einhaltung unabhängig überprüft werde. In China dürfe eine maximale Wochenarbeitszeit von 60 Stunden nicht überschritten werden.
Südwind untersuchte auch zwei Großhandelsmärkte des Handelskonzerns Metro in den Städten Chongqing und Guangzhou. Dort müsse das externe Personal soziale Einschränkungen hinnehmen, berichtete die Menschenrechtsorganisation. So gebe es keinen Mutterschaftsurlaub. Ein "durchgängig zentraler Missstand" sei zudem die Verletzung der Gewerkschaftsfreiheit in China. Metro erklärte, der Konzern setze die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation soweit wie möglich auch in seinen Märkten in China um. Die Geschäftsführung greife nicht in die Arbeit der Gewerkschaft ein.
Foxconn kein Einzelfall
Lange Überstunden, zu denen Arbeiter wegen niedriger Löhne gezwungen seien, hatten Arbeitsrechtler auch dem taiwanischen Elektronikkonzern Foxconn vorgeworfen. Er fertigt in China Computer und Handys etwa für Apple, Dell oder Nokia. Nach einer Serie von Selbstmorden von Arbeitern in China erhöhte Foxconn den Lohn seiner chinesischen Beschäftigten stark. Da sie nun nicht mehr so sehr auf Überstunden angewiesen sind, sucht Foxconn im kommenden Jahr bis zu 400.000 neue Arbeiter, wie ein Unternehmenssprecher sagte. Damit würde der weltgrößte Elektronikhersteller insgesamt 1,3 Millionen Menschen beschäftigen.
Mit betrieblichen Lohnerhöhungen wie bei Foxconn geht die Anhebung der gesetzlichen Mindestlöhne in China einher. Die große Mehrheit der Provinzen habe den Mindestlohn in diesem Jahr um mehr als 20 Prozent erhöht, berichtete die Zeitung "China Daily". Die Mindestlöhne waren wegen der Wirtschaftkrise im November 2008 auf Dringen der Führung in Peking eingefroren worden. Nach einer Reihe von Streiks und angesichts einer Inflation von zuletzt mehr als drei Prozent wurden sie bislang in insgesamt 27 Provinzen erhöht - in den fehlenden vier steht dies laut Zeitung kurz bevor.
Der Mindestlohn in China reicht damit von 710 Yuan (82 Euro) bis zu 1120 Yuan (128 Euro) in der boomenden Wirtschaftsmetropole Shanghai. Doch selbst diese niedrigen Löhne werden längst nicht überall gezahlt, wie der Sozialwissenschaftler Zhang Yi dem Blatt sagte.
Quelle: ntv.de, AFP