Wirtschaft

23 Euro je Celesio-Aktie Neuer Pharmahändler-Riese entsteht

Celesio steht vor einer Übernahme. Das Unternehmen erhofft sich daraus positive Effekte im hart umkämpften deutschen Pharmahandel.

Celesio steht vor einer Übernahme. Das Unternehmen erhofft sich daraus positive Effekte im hart umkämpften deutschen Pharmahandel.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Deutschland tobt eine Rabattschlacht unter den Pharmahändlern. Celesio spürt die Folgen seit Jahren - und reagiert nun. Das Unternehmen hofft, von einer Übernahme durch US-Konkurrent McKesson zu profitieren.

Mit satten Kursgewinnen warten die Titel des Pharmahändlers Celesio auf. Der Grund: Das Unternehmen geht in amerikanische Hände. Für 23 Euro je Aktie will der US-Gesundheitskonzern McKesson den Konzern übernehmen. Mit Großaktionär Haniel haben die US-Amerikaner bereits eine Verkaufsvereinbarung über dessen Anteil von 50,01 Prozent erzielt - knapp 2 Milliarden Euro nimmt der Duisburger Familienkonzern damit ein. Die Transaktion hat ein Gesamtvolumen von rund 6,1 Milliarden Euro inklusive Celesios Finanzverbindlichkeiten.

Die Mindestannahmequote liegt bei 75 Prozent. Die Regulierungsbehörden müssen der Transaktion noch zustimmen. Der Vorstand und der Aufsichtsrat von Celesio unterstützen die Offerte, die Mitglieder des Vorstands wollen von ihnen gehaltene Aktien andienen. Zuletzt hatte das "Wall Street Journal Deutschland" über die fortgeschrittenen Gespräche von McKesson und Haniel über Celesio berichtet.

Celesio im Umbau

Die Vorstandssprecherin von Celesio, Marion Helmes, gleichzeitig auch Finanzvorstand des Unternehmens, sieht große Chancen in der Übernahme. "Wir werden dadurch deutlich wettbewerbsfähiger", sagte sie in einer Telefonkonferenz. Das gilt insbesondere für den Einkauf. Die Branche steht unter Preisdruck. Größe ist dabei ein entscheidender Vorteil im Wettbewerb, um eine größere Preismacht im Einkauf auch gegenüber den Pharmakonzernen zu haben.

Celesio selbst befindet sich nach einer Reihe von Gewinnwarnungen in den vergangenen Jahren im Umbau. Das Unternehmen hatte daher vor zwei Jahren nach anhaltenden Querelen angekündigt, sich wieder ganz auf den Pharmagroßhandel und die Apotheken konzentrieren zu wollen und hat Randgeschäfte zum Teil mit hohen Verlusten abgestoßen.

Derzeit machen den Stuttgartern vor allem die Rabattschlacht der Pharmahändler in Deutschland zu schaffen. Die von den Regierungen in der Vergangenheit eingeleiteten Gesundheitsreformen drücken zusätzlich auf Umsatz und Gewinn.

Neues Europa-Standbein für McKesson

Daher sieht Managerin Helmes nun vor allem die Vorteile des Zusammenschlusses, auch wenn sie in der Vergangenheit betont hatte, Celesio könne es auch alleine schaffen. Bei der Transaktion stehe das Wachstum im Vordergrund, betonte sie nun. Beide Unternehmen ergänzten sich geografisch hervorragend.

McKesson etwa verschafft sich über den Celesio-Kauf mit einem Schlag ein starkes Standbein in Europa. Bislang sind die Amerikaner lediglich mit Spezialangeboten in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden vertreten. Für Celesio hingegen ist Nordamerika bislang ein schwarzer Fleck auf der Landkarte.

Die Kunden profitierten von einer höheren Effizienz in der Lieferkette, einem verbesserten, weltweiten Vertrieb sowie neuen Dienstleistungen. McKesson und Celesio wollen nach Abschluss des Geschäfts ihre jeweiligen Marken beibehalten. Ihr geplantes europäisches Apothekennetz wollen die Stuttgarter weiter ausbauen.

"Mit dem Zusammenschluss von McKesson und Celesio schaffen wir die Basis für ein weltweit führendes Unternehmen für Healthcare-Services. Damit bieten wir unseren Kunden bessere und effizientere Healthcare-Lösungen", erklärte John H. Hammergren, Chairman und Chief Executive Officer von McKesson. "Die Gesundheitsbranche wächst sehr schnell und ist von einer Annäherung einzelner Segmente und einer zunehmenden Globalisierung gekennzeichnet", begründete er die Transaktion. Mit der Fusion sollten die Stärken und die Erfahrungen der beiden Unternehmen zusammengeführt werden, "um die globalen Herausforderungen im Gesundheitssektor besser bewältigen zu können", fügte er hinzu.

Mega-Pharmehändler entsteht

Die zusammengeschlossene Gruppe wird voraussichtlich mit rund 81.500 Mitarbeitern weltweit einen jährlichen Umsatz von über 150 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 111 Milliarden Euro) erzielen und in mehr als 20 Ländern operativ tätig sein. McKesson und Celesio belieferten damit in den USA sowie in Kanada, Europa und Brasilien rund 120.000 Apotheken und Krankenhäuser sowie mehr als 11.000 Apotheken, die entweder zur jeweiligen Gruppe, oder zu einem strategischen Partner- beziehungsweise Franchisenetzwerk gehören.

Der Preis von 23 Euro je Aktie entspricht dabei einer Übernahmeprämie von 39 Prozent, gemessen am noch nicht durch Marktgerüchte beeinflussten Drei-Monats-Durchschnittskurs. Ein Abschluss der Transaktion ist für das erste Quartal 2014 geplant, jedoch nicht vor dem 17. Januar, hieß es. Neben den Aktionären wird der Konzern auch den Inhabern der von Celesio ausgegebenen drei Wandelschuldverschreibungen ein Kaufangebot unterbreiten.

Die Übernahme will McKesson zu einem Teil aus Barmitteln finanzieren. Zusätzlich hat der Konzern eine Zwischenfinanzierung abgeschlossen.

Tradition auf beiden Seiten

Nach erfolgreichem Abschluss wird McKesson die Ergebnisse von Celesio konsolidieren. Die Amerikaner erwarten durch die Transaktion Einsparungen im Millionenbereich. Ab dem vierten Jahr der Übernahme sollen die Synergien jährlich 275 Millionen bis 325 Millionen US-Dollar betragen.

Auf den Gewinn soll sich die Übernahme früher positiv auswirken: McKesson rechnet mit einem positiven Effekt auf das bereinigte Ergebnis je Aktie von 1,00 bis 1,25 US-Dollar in den ersten zwölf Monaten nach erfolgreichem Abschluss der Übernahme.

McKesson war voll des Lobes ob der Transaktion: "McKesson und Celesio teilen eine gemeinsame Kultur", sagte Paul C. Julian, Executice Vice President and Group President der Amerikaner. Er ist bei McKesson für den Bereich Distribution Solutions verantwortlich, dem Celesio zugeordnet werden wird. Beide Unternehmen können dabei auf eine rund 180-jährige Geschichte zurückblicken. McKesson unterstütze sowohl die Wachstumsstrategie von Celesio als auch die langfristig geplante engere Zusammenarbeit beider Unternehmen.

Milliarden für Haniel

Für den bisherigen Großaktionär von  Celesio, Haniel, bedeutet der Verkauf einen Befreiungsschlag. Das Geld soll zum Teil in die weitere Entschuldung der Duisburger gesteckt werden, die zuletzt knapp unter zwei Milliarden Euro lag. In den vergangenen Wochen haben die beiden Ratingagenturen Standard & Poor's und Moody's bereits das langfristige Haniel-Rating angehoben und damit den bisherigen Schuldenabbau gewürdigt. Über die Entschuldung hinaus gewinne Haniel durch den Verkauf neue Handlungsspielräume bei der zukünftigen Gestaltung des Beteiligungsportfolios.

Haniel will sein Portfolio in Zukunft stärker diversifizieren. Der Familienkonzern ist derzeit von seinen großen Beteiligungen Celesio und Metro abhängig. Da beide Unternehmen sich in der Vergangenheit mehr schlecht als recht entwickelt haben, musste Haniel zuletzt sogar erstmals die Dividende streichen. Mit dem Geld aus der Transaktion könnte Haniel die seit Jahren anvisierten Zukäufe in Angriff nehmen, um die Familienholding auf eine breitere Basis zu stellen.

Haniel ist seit 1973 Anteilseigner bei Celesio. "Wir haben Celesio lange vertrauensvoll begleitet und es beim Wachstum und in seiner Entwicklung erfolgreich unterstützt", sagte Vorstandsvorsitzender Stephan Gemkow. "Nun ist der Zeitpunkt richtig, die Beteiligung abzugeben, so dass der nächste Entwicklungsschritt unter der Führung von McKesson vollzogen werden kann." Celesio und McKesson passten "hervorragend" zueinander.

Mit der Übernahme finden jahrelange Spekulationen über einen Verkauf von Celesio ihr Ende. Haniel stand einem Verkauf jedoch lange Zeit skeptisch gegenüber. Frischer Wind in die Sache kam mit dem neuen Haniel-Chef Gemkow Mitte vergangenen Jahres. Dieser senkte nicht nur die Beteiligung an Celesio und dem zweiten Großinvestment Metro, um die Schulden des Familienkonzerns zu reduzieren, sondern erklärte, bei Celesio alle Optionen zu prüfen, auch einen Verkauf.

Dazu kam die im vergangenen Jahr aufgekommene Unruhe der Branche durch die Ankündigung des US-Konzern Walgreens, den europäischen Pharmahändler Alliance Boots zu übernehmen. Seitdem wird über weitere transatlantische Bündnisse spekuliert. Denn in Europa ist eine Konsolidierung aus wettbewerbsrechtlichen Gründen schwierig. Dies gilt insbesondere für Großbritannien und Deutschland.

Der Aktienkurs von Celesio legte deutlich zu und setzte damit seinen Aufwärtstrend weiter fort. Das Plus betrug rund 5 Prozent. Die Kurse pendelten um 22,80 Euro.

Quelle: ntv.de, Natalie Schwab, DJ

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