Neue Hoffnung in der Solarbranche Hanwha bietet für Q-Cells
13.08.2012, 22:35 Uhr
(Foto: dpa)
Seit Tagen kursieren die Gerüchte, jetzt liegt erstmals eine Bestätigung vor: Ein Großkonzern aus Südkorea will den deutschen Solarkonzern Q-Cells übernehmen. Der Einstieg könnte zahlreiche Arbeitsplätze retten - oder den Entwicklungsvorsprung am Standort Deutschland gefährden.
Der koreanische Mischkonzern Hanwha will den insolventen Solarhersteller Q-Cells übernehmen. "Ein Angebot liegt vor", sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Magdeburg, der Hauptstadt Sachsen-Anhalts. Einzelheiten wollte der Sprecher nicht nennen.
Spekulationen um ein Interesse von Hanwha kursieren seit Tagen. Der Sprecher des Insolvenzverwalters, Christoph Möller, wollte die Angaben weder bestätigen, noch dementieren. "Wir äußern uns grundsätzlich nicht", sagte er.
Hanwha wolle mit einem hohen Angebot als bevorzugter Bieter für das Unternehmen in Bitterfeld-Wolfen ausgewählt werden, berichtete zuletzt die "Leipziger Volkszeitung" unter Berufung auf koreanische Medienberichte. Bis Ende September solle der Abschluss perfekt sein, hieß es. Das Blatt hatte bereits am Wochenende berichtet, dass der südkoreanische Konzern Q-Cells übernehmen wolle.
Q-Cells hatte im April den Insolvenzantrag gestellt. Nach Angaben von Möller haben gut 100 Mitarbeiter das Unternehmen seitdem verlassen. Derzeit seien noch 1150 Mitarbeiter bei dem einstigen Weltmarktführer beschäftigt.
Solarworld-Aktie rutscht ab
Die Krise in der deutschen Solarbranche zieht unterdessen weiter ihre Kreise: Auch für den langjährigen Vorzeigekonzern Solarworld sieht es schlecht aus. Tiefrote Zahlen im ersten Halbjahr ließen zu Wochenbeginn den Aktienkurs steil abstürzen.
Dem Bonner Photovoltaikunternehmen macht der drastische Preisverfall in der Branche stark zu schaffen. Als Sündenbock gelten die Chinesen: Billigangebote aus China überschwemmen den Markt, heißt es. Im ersten Halbjahr schrieb der Konzern nach eigenen Angaben tiefrote Zahlen: Unterm Strich fiel ein Verlust von rund 160 Mio. Euro an, bei einem Umsatzrückgang um gut ein Drittel auf 340 Mio. Euro. Der brach zeitweilig um mehr als 15 Prozent ein. Den Handelstag beendeten die Titel am unteren Ende des TecDax mit einem Abschlag von 12,2 Prozent auf 1,16 Euro.
Solarworld begrub mit den schlechten Sechsmonatszahlen auch gleich das Ziel eines positiven operativen Jahresergebnisses. "40 Prozent Preisverfall in einem halben Jahr, das steckt kein Unternehmen so schnell weg", sagte Vorstandschef und Großaktionär Frank Asbeck. Über den technischen Fortschritt seien Preisreduktionen von jährlich maximal zehn Prozent möglich. "Die niedrigen Preise am Markt orientierten sich nicht an den Produktionskosten, sondern daran, wer sie sich - mit staatlicher Hilfe - länger leisten kann", sagte Asbeck mit Blick auf die chinesische Konkurrenz.
Schwere Vorwürfe
Die Chinesen werfen ihre Produkte nach Asbecks Ansicht dank staatlicher Hilfe zu illegalen Dumpingpreisen unter eigenen Kosten auf den Markt, um die Konkurrenz in Europa und den USA auszuschalten. Solarworld kämpft sowohl in den USA als auch auf EU-Ebene mit Antidumping-Klagen gegen die Handelspraktiken der Chinesen. Das Unternehmen erwartet Mitte September die Annahme der Klage in Brüssel. Als Gegenmaßnahme könnten dann Strafzölle auf Importe aus China erhoben werden.
Neben dem härteren Wettbewerb führten neue Einschnitte in der deutschen Solarförderung im zweiten Quartal zu einer rückläufigen Nachfrage auf dem heimischen Markt. Das Auslandsgeschäft von Solarworld konnte dies bei einem Anteil am Absatz von 60 Prozent nur zum Teil kompensieren. Zu teure Langzeitlieferverträge für Rohstoffe erforderten zudem hohe Abschreibungen.
Der Umsatz ging im ersten Halbjahr um 36,6 Prozent auf 340,1 Mio. Euro zurück, obwohl die Absatzmenge von Modulen und Bausätzen stieg. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) rutschte mit 143,8 Mio. Euro ins Minus - nach einem Plus von 70,5 Mio. Euro im Vorjahr. Gründe waren vor allem Wertberichtigungen auf Vorratsvermögen und auf Anzahlungen für Rohstoffe. Unter dem Strich kam es zu einem Minus von 159,3 Mio. Euro (Vorjahr: plus 22,2 Mio. Euro).
Asbeck verzichtet auf sein Gehalt
Bisher hatte sich Solarworld noch relativ stabil halten können und im ersten Quartal einen kleinen Gewinn erzielt. Deshalb reagierte die Börse nun auch heftig negativ. Die Aktie fiel zeitweise um mehr als 15 Prozent, das Tagestief lag zu Wochenbeginn bei 1,12 Euro. Besorgt wird von Experten auch die angespannte Bilanzsituation gesehen. Die begrenzte finanzielle Flexibilität schränke die Fähigkeit ein, mit strategischen Schritten auf die Situation reagieren zu können.
Solarworld hatte erst vor wenigen Wochen seine Finanzen auf neue Beine gestellt. Wichtige Kreditbedingungen wurden neu ausgehandelt. Mit Investitionen von 50 Millionen Euro will Solarworld unter anderem die Leistungsfähigkeit seiner Anlagen verbessern.
Als Großaktionär (rund 28 Prozent der Anteile) hatte Asbeck vor kurzem angekündigt, er wolle so lange auf sein Gehalt, seinen Dividendenanteil und Bonus verzichten, bis Solarworld wieder Gewinne schreibe. "Meine Entscheidung soll ausdrücken, dass ich an das Unternehmen glaube", bekräftigte er trotz der schlechten Halbjahreszahlen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa