Wirtschaftsweise zeigen Kante Harte Linie gegen Schuldensünder
14.10.2010, 12:21 UhrDie BIP-Prognose für Deutschland mehr als verdoppelt, aber den Zeigefinger warnend erhoben: Die sogenannten Wirtschaftsweisen bleiben, trotz all des Konjunkturoptimismus', auf dem Teppich. Vor allem von der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA könnten Störfeuer kommen. Auch die EU ist noch nicht endgültig in ruhigerem Fahrwasser.

3,5 Prozent BIP-Plus 2010 und 2011 weniger als 3 Millionen Arbeitslose - das ist die positive Seite des Herbstgutachtens der führenden Wirtschaftsforscher. Das Negative: Die Konjunktur in den USA und die Folgen der Schuldenkrise in der EU könnten sich noch als Störfeuer erweisen.
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Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben für eine harte Linie gegen Schuldensünder in Europa plädiert. Die Institute kritisierten in ihrem Gemeinschaftsgutachten den befristeten EU-Rettungsschirm für das überschuldete Griechenland und warnten vor seiner Verlängerung. Die Reformvorschläge der EU-Kommission für einen wirksameren Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt gehen den Instituten nicht weit genug. Nötig seien vielmehr Insolvenzordnungen von "systemrelevanten Akteuren", damit sich Investoren nicht im Zweifel auf Staatshilfen verlassen könnten.
Der EU-Rettungsschirm für Griechenland sei "langfristig mit gravierenden Nachteilen verbunden, insbesondere falls die Befristung aufgegeben wird", hieß es im Herbstgutachten. Dann könnten sich finanzielle Ansprüche an die Nettogeberländer in der EU verstetigen.
Kritische EU-Korrekturen
Die Forscher warnten vor unverhältnismäßig hohen Kosten von Krisenrettungen. "Bisher konnten Akteure wie Staaten oder große Banken mit Verweis auf ihre systemische Relevanz darauf vertrauen, dass die Gemeinschaft ihre Insolvenz verhindern würde", formulierten die Institute. Dass müsse sich ändern. Insolvenzordnungen für diese Akteure seien nötig. Dass könnten auch Verschärfungen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes nicht ersetzen.
Den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Mechanismen zur Korrektur übermäßiger Ungleichgewichte stehen die Institute "äußerst kritisch gegenüber", wie es in ihrem Bericht hieß.
USA vor Rezession?
Von einem "kräftigen weltwirtschaftlichen Aufschwung" wollen die Institute in der nahen Zukunft zwar nicht sprechen. Sie erwarten aber einen Anstieg der Weltproduktion in diesem Jahr um 3,7 Prozent und von 2,8 Prozent im nächsten Jahr - das ist jeweils weniger, als der Internationale Währungsfonds prognostiziert. Der Welthandel werde im laufenden Jahr um 12 Prozent expandieren und im nächsten Jahr um 6,8 Prozent.
Für die Prognosen der Institute gibt es nach deren Aussage aber erhebliche Risiken. "So ist die Wahrscheinlichkeit keineswegs gering, dass die USA erneut in eine Rezession geraten", hieß es in dem Gutachten. Zudem könne es in China als Folge von Übersteigerungen an den dortigen Immobilienmärkten zu massiven Korrekturen kommen. Die Schulden- und Vertrauenskrise im Euroraum sei ebenfalls "keineswegs ausgestanden". Eine neuerliche Zuspitzung würde auch Deutschland treffen.
In diesem Jahr wird die deutsche Wirtschaft laut Herbstgutachten kräftig um 3,5 Prozent wachsen. Im Frühjahr waren die sogenannten Wirtschaftsweisen nur von 1,5 Prozent Wachstum ausgegangen. Die Wirtschaft sei auf gutem Weg, den krisenbedingten Produktionseinbruch von 4,7 Prozent im Jahr 2009 wettzumachen, so ihr abschließendes Urteil.
Quelle: ntv.de, bad/rts/dpa