Wirtschaft

Hollande und das Schreckgespenst Hartz versetzt Frankreich in Aufregung

Verfehlte sein wichtigstes Wahlversprechen an die Franzosen: Präsident François Hollande.

Verfehlte sein wichtigstes Wahlversprechen an die Franzosen: Präsident François Hollande.

(Foto: dpa)

Ein Treffen zwischen Präsident Hollande und Peter Hartz erregt die Gemüter in Frankreich. Dem deutschen Arbeitsmarktreformer schlägt eine Welle der Ablehnung entgegen. Überraschend ist das nicht.

Hartz (l.) und Schröder reformierten den deutschen Arbeitsmarkt- und sind dabei kein gutes Vorbild für viele Franzosen.

Hartz (l.) und Schröder reformierten den deutschen Arbeitsmarkt- und sind dabei kein gutes Vorbild für viele Franzosen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zwei Namen gibt es, die viele Franzosen aufschrecken, wenn sie als Vorbild für ihr Land genannt werden: Gerhard Schröder und Peter Hartz. Der Ex-Bundeskanzler und sein einstiger Berater stehen nicht nur für die Linke in Frankreich für erbarmungslose Reformen am Arbeitsmarkt und für Sozialabbau. Dass Hartz nun als Berater für den französischen Präsidenten François Hollande genannt wurde, ließ die Wellen in Paris hoch schlagen. Kein Wunder, dass der Elysée-Palast mit seinem Dementi ungewöhnlich schnell war.

Einer der engsten Mitarbeiter von Hollande, Aquilino Morelle, stellte nach einem Zeitungsbericht über Hartz' angebliche Beraterfunktion umgehend klar: "Ich dementiere, dass er sein Berater ist oder es werden soll." Getroffen hatte der Präsident den Ex-VW-Vorstand aber sehr wohl zu einem "informellen Gespräch" vor zwei Monaten, und so ließ der Protest der französischen Gewerkschaften nicht auf sich warten.

Hollande solle aufhören, sich "Lehrstunden von außen" geben zu lassen und solle "unter den Röcken von Angela Merkel" hervorkommen, schimpfte der Chef der einflussreichen Gewerkschaft CGT, Thierry Lepaon. Hartz sei der Vater der Ein-Euro-Jobs, fügte er als Horrorszenario für die Franzosen hinzu. Hollande müsse das Land so führen, wie er es vor seinem Amtsantritt versprochen habe.

"Verantwortungspakt" soll Abhilfe schaffen

Hier liegt auch das Problem von Hollande, der erst kürzlich mit seinem wichtigsten Versprechen an die Franzosen gescheitert war: Statt die Arbeitslosigkeit zum Jahresende 2013 zu senken, stieg sie auf einen neuen historischen Höchststand von 3,3 Millionen.

Der Präsident habe nun ein doppeltes Problem, analysierte die Zeitung "Le Monde": Er könne keine konkreten Zieldaten für seine Politik mehr ausrufen und seine ohnehin schon angeschlagene Glaubwürdigkeit sei schwer erschüttert. So stelle sich die Frage, wer ihm nun noch bei seinem als Rettung für 2014 präsentierten "Verantwortungspakt" mit den Unternehmern glauben solle.

Der sozialistische Staatschef hatte lange darauf gehofft, dass er sein Versprechen zur Umkehr der Arbeitslosenkurve doch noch einhalten könne - allen Warnungen von Wirtschaftsexperten zum Trotz. Dabei setzte Hollande auf die staatlich geförderten Jobs, "aber von denen gab es am Ende nicht genug", stellte Marion Cochard vom französischen Wirtschaftsforschungsinstitut OFCE fest. Der Privatsektor habe eher Stellen abgebaut, Wachstum gab es 2013 fast keines.

"Deutschland ist kein Modell"

Frankreich werden für dieses Jahr von allen Organisationen höchstens 0,8 bis 1,1 Prozent Wachstum vorhergesagt, ein Abbau der Arbeitslosigkeit ist Wirtschaftsexperten zufolge jedoch erst ab 1,5 Prozent zu erwarten. Durch Hollandes "Verantwortungspakt" sollen nun die Unternehmen in Milliardenhöhe entlastet werden und sich im Gegenzug zur Schaffung von Arbeitsplätzen verpflichten. Ökonomen wie Philippe Waechter von der Natixis-Bank halten das für illusorisch: "Ein Unternehmen stellt doch nicht ein, weil man ihm ein paar Groschen gibt." Zuerst müsse die Produktion verbessert werden.

Nicht nur das staatliche Statistikamt Insee erwartet daher einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit in Frankreich in diesem Jahr. Dabei ist die Arbeitslosenversicherung bereits mit 22 Milliarden Euro verschuldet. Doch bei den derzeit laufenden Gesprächen der Sozialpartner über Neuregelungen für das System sind die Fronten so verhärtet, dass kein großer Wurf erwartet wird.

Peter Hartz hält sich derweil mit Ratschlägen an die Franzosen zurück: Sie müssen ihren eigenen Weg finden, Deutschland sei kein Modell, hatte er mit Blick auf die wirtschaftlichen und sozialen Besonderheiten Frankreichs bereits im Juli dem Magazin "Le Point" gesagt. Eines sei aber richtig: Eine Arbeitsmarktreform, selbst perfekt durchdacht, "kann nicht ohne Motor funktionieren. Und dieser Motor ist eine günstige Wirtschaftskonjunktur".

Quelle: ntv.de, lou/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen