Wirtschaft

Menschenrechtsklage möglich Hedgefonds drohen Athen

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(Foto: REUTERS)

Die Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und den privaten Gläubigern werden mit harten Bandagen geführt, beide Seiten bauen Drohkulissen auf. Athen erwägt, die Banken und Hedgefonds per Gesetz zum Forderungsverzicht zu zwingen. Daraufhin kündigen Hedgefonds an, in diesem Falle vor den Europäischen Menschengerichtshof zu ziehen.

In den Verhandlungen mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt läuft Griechenland die Zeit davon. "Um ehrlich zu sein, viele Dinge müssen bis morgen Mittag abgeschlossen werden" räumte Finanzminister Evangelos Venizelos ein. "Vieles muss bis Montag offiziell gemacht werden, wenn ich zum Treffen der Euro-Gruppe fahre."

Nach wie vor ist unter anderem der Zinssatz der neuen Anleihen umstritten, die nach einer Einigung die alten ersetzen sollen. Griechenland biete 3,5 Prozent, hieß es. Die meisten Gläubiger forderten allerdings mindestens 4 Prozent.

Noch am Donnerstagabend wollen sich der Chef des Internationalen Bankenverbands, Charles Dallara, und der griechische Ministerpräsident Lucas Papademos zu der womöglich entscheidenden Verhandlungsrunde treffen. Für Griechenland steht viel auf dem Spiel: Es erhofft sich rund 100 Mrd. Euro Entlastung aus dem angestrebten 50-prozentigen Forderungsverzicht seiner privaten Gläubiger: das sind Banken, Versicherer oder Hedgefonds, die griechische Staatsanleihen in ihren Büchern haben.

Ziel der internationalen Rettungsbemühungen ist es, dass der Schuldenberg des Landes bis 2020 durch den Schuldenerlass und mittels Strukturreformen von 160 auf 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung schrumpft. Griechenland steht bei privaten und bei öffentlichen Schuldnern mit rund 350 Mrd. Euro in der Kreide.

Hedgefonds pokern hoch

Der Schuldenschnitt ist wiederum Voraussetzung dafür, dass IWF und Europäische Union Gelder aus dem im Oktober beschlossenen Rettungspaket im Volumen von 130 Mrd. Euro für Hellas freigeben. Das Land ist dringend auf die Mittel angewiesen. Ansonsten droht schon im März eine unkontrollierte Staatspleite, wenn auslaufende Hellas-Staatsanleihen im Volumen von 14,5 Mrd. Euro nicht bedient werden können.

Der Schuldenschnitt soll über einen freiwilligen Anleihentausch zustande kommen. Doch längst nicht alle wollen auf den Forderungsverzicht eingehen und pokern bis zum letzten Moment. Vor allem einige Hedgefonds spekulieren darauf, dass ihre Ansprüche voll ausgezahlt werden. "Ich glaube, wir werden es aussitzen", sagte ein Fondsmanager, der nicht genannt werden wollte. Irgendwann werde in dem Poker der Moment kommen, wo einige Anleger alles zurückbekommen.

Doch für Griechenland geht es um das wirtschaftliche Überleben, und so werden von beiden Seiten Drohkulissen aufgebaut. Was davon ernst gemeint ist und was nur Bluff, das bleibt offen.

Griechenlands Ministerpräsident Lukas Papademos drohte zuletzt, private Gläubiger per Gesetz zum Forderungsverzicht zu zwingen. Das wäre möglich, da ein Großteil der Anleihen nach griechischem Recht begeben wurde. Die Zahlungsbedingungen könnten demnach jederzeit geändert werden. Dies würde Verluste für alle bedeuten. Auch jenen Hedgefonds würden die Felle wegschwimmen, die auf eine volle Rückzahlung im letzten Moment spekulieren oder sich darauf verlassen, dass sie bei einer Pleite des Euro-Landes über ihre Kreditausfallversicherungen abgesichert sind.

Eigentum als Menschenrecht

Die Hedgefonds schlagen nun zurück. Ihr neuester Coup ist einem Bericht der "New York Times" zufolge die Überlegung, Griechenland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verklagen, falls sie gezwungen werden sollten, Verluste bei ihren griechischen Anleihen hinzunehmen. Rechtsexperten räumen ihnen durchaus Chancen ein, denn die Anleger könnten die Verluste als Verletzung ihres Rechts auf Eigentum geltend machen - und das gilt in Europa als ein Menschenrecht.

Selbst bei geringen Erfolgsaussichten könnte sich eine Klage für die Hedgefonds lohnen. Sie hoffen offenbar darauf, dass sich Griechenland lange Gerichtsverfahren nicht leisten kann und auch aus Image-Gründen einer Prozess-Serie lieber aus dem Wege gehen würde. Zudem würden es solche Verfahren nicht gerade erleichtern, sich künftig an den Finanzmärkten Geld zu leihen.

Die Hedgefonds orientieren sich dabei an die Finanzkrise in Lateinamerika vor gut zehn Jahren. Argentinien, das 2002 praktisch bankrott war, hat immer noch mit Klagen von Investoren zu tun, die es dem Land über Jahre hinweg fast unmöglich machten, den internationalen Finanzmarkt anzuzapfen.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

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