Hedgefonds stellen sich quer Hellas-Hilfe am seidenen Faden
11.01.2012, 19:52 Uhr
Die finanzielle Lage Griechenlands verschlechtert sich weiter.
(Foto: dapd)
Die Beteiligung der privaten Investoren an der Rettung Griechenlands erweist sich als unzureichend. Die anvisierten 100 Milliarden Euro werden nicht zusammenkommen, weil viele Hedgefonds nicht mitmachen. Damit werden wohl die Euro-Staaten ihren Anteil erhöhen müssen. Der Chef des deutschen Bankenverbandes, Schmitz, spricht von einer "hochexplosiven Lage" in Griechenland.
Die Euro-Staaten müssen für Griechenland möglicherweise noch tiefer in die Tasche greifen. Der freiwillige Beitrag der privaten Gläubiger zum Milliarden-Hilfspaket für das hochverschuldete Land verfehle wohl die Erwartungen, verlautete aus Bankenkreisen. Bedingung für das 130 Milliarden Euro schwere staatliche Rettungspaket für Griechenland ist eine Schuldenentlastung durch die privaten Investoren. Dabei wird ein Verzicht auf rund 100 Milliarden Euro angepeilt. Dieses Volumen wird den Bankenkreisen zufolge aber wohl nicht erreicht, .
"Die Regierungen prüfen daher bereits, wie sie ihren Beitrag erhöhen können", betonte einer der hochrangigen Manager. "Es sieht nicht gut aus", ergänzte ein anderer Insider. Es gebe aber noch keine Entscheidungen. Auch aus ranghohen politischen Kreisen der Eurozone war zu hören, dass es die Staaten für möglich hielten, die Hilfen aufzustocken. Noch hoffe man aber, dass sich genügend Gläubiger beteiligten.
Vor allem in Deutschland dürften zusätzliche staatliche Hilfen auf Widerstand stoßen. Die Bundesregierung hat bereits Milliardensummen bereitgestellt und daher besonders intensiv auf eine Beteiligung privater Gläubiger gepocht. Bundeskanzlerin Angela Merkel machte in dieser Woche erneut Druck: Ohne einen Schuldenerlass flössen keine neuen Gelder.
"Flugversuche von Pinguinen"
Nach Ansicht des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) hilft auch ein vollständiger Forderungsverzicht der privaten Gläubiger Griechenland nicht aus der Schuldenklemme. Ein Schuldenerlass alleine führe nicht dazu, dass das Land am Jahresende keine neuen Schulden mehr habe, sagte BdB-Präsident Andreas Schmitz. Griechenland müsse vor allem wieder wettbewerbsfähig werden, werde dafür aber viele Jahre brauchen.
Schmitz sagte, Griechenland müsse den Sparkurs nicht nur propagieren, sondern auch umsetzen. Die Versuche europäischer Politiker zur Lösung der Staatsschuldenkrise im vergangenen Jahr kommentierte er mit den Worten: "Die Rettungsversuche wirkten teilweise wie Flugversuche von Pinguinen."
"Die Lage in Griechenland ist weiter hochexplosiv", sagte Schmitz. Er warnte, die Europäische Zentralbank (EZB) könne die Krise nicht lösen, sondern nur Nothilfe leisten: "Das kann nur die Politik."
Seit Monaten verhandelt der Weltbankenverband IIF mit Griechenland über einen freiwilligen Beitrag der Investoren. Sie sollen dem Mittelmeerstaat über einen Anleihetausch 50 Prozent der Schulden erlassen - das entspricht 100 Mrd. Euro. Insgesamt ist Griechenland bei privaten und staatlichen Gläubigern mit 350 Mrd. Euro verschuldet. In den Verhandlungen geht es darum, wie die Umschuldung genau aussehen soll.
Kranke Griechen brauchen Bares
Die Griechen bekommen selbst in Apotheken die Konsequenzen der finanziellen Probleme des Landes zu spüren. Seit einigen Tagen geben viele Apotheker Medikamente nur noch gegen Bargeld aus, wie griechische Medien berichten. Rezepte würden häufig nicht akzeptiert, weil die staatlichen Krankenkassen ihre Schulden bei den Apothekern seit Monaten nicht mehr bezahlt haben.
Die Patienten müssen das Geld selbst vorstrecken und mit der Quittung dann zur Krankenkasse gehen, um es zurückzubekommen. Wegen des Geldmangels bei den Kassen dauert das aber in der Regel Monate oder sogar bis zu einem Jahr.
"Wir bekommen schon ein Bild dessen, was uns bevorsteht, wenn wir endgültig pleitegehen", sagte Theodoros Ioannidis, Angestellter eines Pharmaunternehmens. Nach Ansicht der Apothekerin Ioanna Kimpezi ist ein Teufelskreis entstanden. Denn auch die Apotheker bekommen Medikamente nur noch gegen Sofortzahlung vom Großhandel. Der wiederum muss sofort zahlen, um die Arzneimittel von der Pharmaindustrie zu bekommen. "Uns bleibt keine andere Wahl, als Bargeld zu verlangen", meinte die Apothekerin.
Medikamente werde knapp
Der Bargeldzwang soll mindestens bis Freitag dauern. Dann wollen die Apotheker neu entscheiden, wie es im Streit um die Schulden der Krankenkassen weitergehen soll. Der Apothekerverband spricht von einer offenen Summe in Höhe von 330 Millionen Euro.
Mittlerweile werden in Griechenland einige Medikamente knapp. Dem Apothekerverband zufolge ist das bei der Hälfte der 500 meistgenutzten Medikamente der Fall. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Eine der Hauptursachen ist der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge, dass die griechische Regierung die festgelegten Preise für viele Medikamente gesenkt hat. Deshalb würden viele Großhändler die Medikamente ins Ausland verkaufen, da dort höhere Preise gezahlt werden.
Quelle: ntv.de, wne/rts/dpa