Wirtschaft

Frauen in der Wirtschaft Heumann wirbt für Qualität

Mit halben Sachen gibt sie sich nicht zufrieden: Karen Heumann.

Mit halben Sachen gibt sie sich nicht zufrieden: Karen Heumann.

(Foto: dpa)

Hamburg, Karolinenviertel. Hier, wo Freaks und Künstler, Wähler der SPD, Grünen und Linken zu Hause sind, am Rande des Szeneviertels, residiert auch Jung von Matt. Eine der Top-Werbeagenturen Hamburgs, anders ausgedrückt: eine Kreativschmiede für Werbeslogans wie "3... 2... 1... Meins!" (für E-bay), "Geiz ist geil" (Saturn) oder "Wie Wo Was weiß OBI". Unvergessen auch die Bildkampagne für den Autohersteller Sixt, mit den wehenden Haaren der damals noch nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel. Was schrill, lustig, Aufmerksamkeit heischend daherkommt, ist das Ergebnis von Arbeit mit und am Produkt - und zwar werbestrategisch durchgeplant.

Bei Jung von Matt heißt die Chef-Planerin Karen Heumann, 44 Jahre, geboren im hessischen Wetzlar. In ihrem lichten Büro an der Glashüttenstraße füllen Bücher über Markenführung die Regalmeter. "Ich bin die Werbestrategin, ich bereite den Boden und den Weg für die kreative Idee. Ich bin so eine Art Navi...", sagt Heumann, konkreter: "Kommt ein Kunde mit einer Aufgabenstellung zu uns, fange ich an zu überlegen: Was zeichnet sein Produkt aus, wer kauft es, wer ist treuer Kunde, wen könnte man erobern? Eine Frage wirft tausend andere auf." Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen übergibt die Vordenkerin die Aufgabe an ihre engsten Mitarbeiter. 552 arbeiten für die Agentur in Deutschland, 859 sind es international. Mit halben Sachen gibt sich die alerte Managerin nicht zufrieden: "Ich will, dass Werbung funktioniert. Sie funktioniert, wenn sie eine kreative Prägnanz hat."

Immer nach vorne

Mit wohlgesetzten Worten erläutert die Werberin ihren Job in dem "sehr männlichen Laden", Überraschungseffekte inklusive: "Meine Lieblingsbeschäftigung sind Eroberungsstrategien, da hab' ich meinen stärksten Muskel". Schlicht gesprochen: "Ich will eigentlich immer, dass es nach vorne geht." Wie ihr Berufsweg. Nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaften und der Germanistik in Aix en Provence (Frankreich) gründet sie 1992 eine Werbeagentur in Cannes. Nach drei Jahren stößt sie als Strategin zu den renommiertesten Agenturen: BBDO, KNSK, Leagas Delaney, im Jahr 2000 der Wechsel zu Jung von Matt. Vier Jahre später befördern Agenturgründer Holger Jung und Jean-Remy von Matt ihre Kreativfrau in den Vorstand.

In nunmehr fast zehn JvM-Jahren hat sie Hochzeiten und Tiefen in Job und Werbebranche miterlebt, auch den filmreifen Klassiker: "Wir sitzen beim Kunden und der Kollege mit der heiß ersehnten Präsentation fehlt. Das war peinlich." Namen nennt sie nicht, Diskretion ist eines ihrer Gebote sowie Loyalität: "Ich bin treu, ich bin sehr analog." Wie die edle Glashütte-Uhr, die sie 2010 für ihre Firmentreue erhalten wird, auch wenn sie keine Zeitmesser trägt: "Ich will nichts anderes wollen. Ein Ritual ist ein Ritual. Das anachronistisch-analoge dieser Uhr finde ich passend."

Der Erfolg kommt nicht von allein

Gefallen finden selbst Ausstellungsmacher an Heumanns deutschem Durchschnittswohnzimmer. Ein Nachbau ist im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zu sehen (bis 28.2.), als Kontrapunkt zu schwedischem Design. Die Chefin hatte ihren Nachwuchswerbern die Aufgabe gestellt, aus einem Wust von Datenmaterial herauszufinden, wie Otto-Normalverbraucher als Zielperson der Werbung lebt. Das Geschmacks-Ergebnis: beigefarbene Eckcouch, Schrankwand à la Möbelkaufhaus, bestückt mit Harry Potter- und Reader's Digest-Bänden, im Fenster Alpenveilchen, Efeu-Ranke und Orchidee.

Den Hype um dieses Kunststück, das Heumann auch in Talkshows brachte, sieht sie ambivalent: "Wir sind mehr als das Wohnzimmer." In der Tat schmückt eine stattliche Trophäen-Sammlung für beste Werbung ihr oberstes Regalbord. Doch Erfolge fliegen auch Jung von Matt inmitten der Wirtschaftskrise, in der Firmen ihre Werbeetats zusammengestrichen haben, nicht zu: "2009 ist zäh, 2010 werden wir klarer sehen", sagt Heumann. Sie hat vor allem eines festgestellt: "Die Kunden wollen intensiver betreut werden." In der Agentur, die seit 1991 stetig gewachsen ist und mit Honoraren und Provisionen Einnahmen von 57 Millionen Euro (Gross Income 2008) erzielt, hat die Managerin einen Leitsatz auch zu ihrer Lieblingsmaxime gemacht: "Nichts zwingt uns zu Wachstum, alles zu Qualität."

Quelle: ntv.de, Almut Kipp, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen