Betriebsrat gegen Gewerkschaft Hochtief-Abwehr bröckelt
29.12.2010, 06:53 UhrDer Betriebsrat des um seine Unabhängigkeit kämpfenden Bauunternehmens Hochtief verschärft seinen Konfrontationskurs gegen die zuständige Gewerkschaft. Betriebsratschef Müller wirft der IG Bau Absprachen zu Lasten der Mitarbeiter vor – und unterstellt Gewerkschaftschef Wiesehügel eigennützige Motive.
In der Übernahmeschlacht um Deutschlands größten Baukonzern Hochtief ist der Streit im Arbeitnehmerlager laut einem Zeitungsbericht eskaliert. Die Zeitung "Die Welt" zitiert aus einem internen Schreiben, in dem der Betriebsratschef Siegfried Müller dem Gewerkschaftschef und Hochtief-Aufsichtsrat Klaus Wiesehügel vorwerfe, mit dem spanischen Angreifer ACS Absprachen zu Gunsten seiner IG Bau und zu Lasten der Mitarbeiter getroffen zu haben. Müller habe daher erneut den Rücktritt der beiden Gewerkschaftsvertreter im Hochtief-Aufsichtsrat gefordert, da "eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle der Belegschaft nicht mehr möglich erscheint".
Kurz vor Weihnachten hatte die von Wiesehügel geleitete IG Bau eine Vereinbarung mit dem spanischen Hochtief-Rivalen ACS getroffen, die eine Zerschlagung des Essener Traditionsunternehmens ebenso verhindern soll wie betriebsbedingte Kündigungen bei den 11.000 Hochtief-Mitarbeitern in Deutschland. Betriebsrat und Vorstand, die weiterhin gegen die von ACS angestrebte Übernahme kämpfen, waren an dieser Absprache nicht beteiligt. ACS sagte der Gewerkschaft zu, dass der Unternehmenssitz in Essen bund Hochtief eine eigenständige, operativ tätige Gesellschaft bleibe.
Damit wiederholte ACS die bereits in der Angebotsunterlage gemachten Zusagen. Ein IG-BAU- Sprecher lobte die Vereinbarung dennoch als eine schriftliche Zusage von hoher Qualität. Betriebsrat Müller betonte dagegen, Kündigungen seien ohnehin bis 2012 nicht möglich. Das Papier und die darin gemachten Zusagen seien zudem rechtlich nicht belastbar.
"Publizistischer Amoklauf"
Hausintern werde das Vorpreschen bei Hochtief als "Unverschämtheit" kritisiert, berichtete die "Welt". Immerhin liege der Organisationsgrad der Gewerkschaft im Unternehmen bei gerade mal 20 Prozent. Die IG Bau vertrete daher nicht die Interessen der gesamten Belegschaft.
Betriebsratschef Müller sprach dem Bericht zufolge von einem "publizistischen Amoklauf, der auch noch ein Geschmäckle hinterlässt". Er vermute, dass die Gewerkschaft einen Platz im Hochtief-Vorstand anstrebe, sollte ACS die geplante Übernahme gelingen. Immerhin habe die IG Bau mit den Spaniern vereinbart, dass die Gewerkschaft alleine ohne Mitwirken der Hochtief-Beschäftigtenvertreter den Arbeitsdirektor vorschlage. "Diese Passage lässt die Vermutung aufkommen, das Klaus Wiesehügel oder einer seiner Gewerkschaftsfunktionäre selbst in den Vorstand einziehen wollen", kritisierte Müller. Er fordert daher ACS und IG Bau auf, alle Protokolle der geführten Gespräche zu veröffentlichen.
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag läuft um Mitternacht das Übernahmeangebot des spanischen Rivalen ACS für Hochtief aus. Ziel von ACS ist es, seine Hochtief-Beteiligung zunächst auf über 30 Prozent zu erhöhen Danach ist es ihnen erlaubt, weitere Hochtief-Aktien über die Börse zu kaufen. Die Spanier sind mit bislang 27,25 Prozent schon größter Hochtief-Aktionär und haben im Zuge ihres Übernahmeangebots schon weitere zwei Prozent der Hochtief-Papiere angedient bekommen. ACS will durch die Übernahme zu einem der weltweit führenden Baukonzerne aufsteigen.
Quelle: ntv.de, rts/dpa