Patente auf menschliche Gene Höchstes US-Gericht schiebt Riegel vor
13.06.2013, 20:04 Uhr
Nix für das Patentamt: Modell eines menschlichen DNA-Stranges mit der doppelten Helix-Struktur
(Foto: dpa)
Können Firmen sich weiterhin menschliche Gene patentieren lassen? Nein, sagt nun der Oberste Gerichtshof der USA in einem mit Spannung erwarteten Urteil. In Europa ist das noch anders. Vielleicht ändert sich das nun.
Unternehmen dürfen sich menschliche Gene nach einem wegweisenden US-Gerichtsurteil nicht mehr patentieren lassen. Das entschied der Oberste Gerichtshof in Washington mit einstimmiger Mehrheit seiner neun Richter. Der Supreme Court lobte die Entdeckung der Krebsgene als bahnbrechend und wichtig. Aber das reiche als Grundlage für ein Patent nicht aus. Das Verbot gilt aber nicht für künstlich hergestelltes genetisches Material. Das Urteil wurde von Experten daher als Kompromiss für die Biotechnik-Industrie gewertet.
Konkret ging es bei dem Fall darum, dass der US-Firma Myriad Patente für zwei isolierte Brustkrebs-Gene zugesprochen worden waren, die bei der Diagnose genetisch bedingter Brustkrebsgefahr helfen sollen. Die Firma brachte entsprechende Tests auf den Markt. Patentierbar seien solche Gen-Sequenzen für Unternehmen aber nicht, urteilte der oberste Gerichtshof nun. Ein natürlich auftretender Teil der DNA sei ein "Produkt der Natur" und auch dann nicht patentierbar, wenn es isoliert wurde, heißt es in dem Urteil.
Nachweisbare Genmutationen bei Brustkrebs spielen inzwischen eine große Rolle bei Diagnosen, Therapien, aber auch bei weitgreifenden persönlichen Entscheidungen. Wegen der erblichen Vorbelastung und dem hohen persönlichen Risiko hatte sich etwa US-Schauspielerin Angelina Jolie beide Brüste amputieren und künstlich wieder aufbauen lassen. Ihre Entscheidung hatte eine Diskussion über Gentests ausgelöst.
Gängige Praxis in Deutschland
In Deutschland ruft das Urteil Überraschung hervor. "Ich kenne das genaue Urteil noch nicht. Aber wenn menschliche Gene generell nicht mehr patentiert werden dürften, wäre das ein großer Erfolg für die Kritiker dieser Verfahren", sagte der deutsche Gentechnik-Experte Christoph Then. In Europa und auch in Deutschland seien menschliche Gene im Moment patentierbar. "Einige Tausend Patente sind hier auch schon erteilt worden", ergänzte der Geschäftsführer des Vereins Testbiotech, der Genpatente kritisch beleuchtet. Auch das Unternehmen Myriad habe hier Patente erfolgreich angemeldet. "Klagen von Ärzten und Patienten dagegen sind hier abgewiesen worden", berichtete Then.
Er ist aber nicht sicher, ob das US-Urteil wirklich ein Durchbruch ist. "Wenn bestimmte Gen-Abschnitte nach wie vor patentierbar blieben, wäre es gar kein großer Unterschied zu Europa", sagte er. Wenn der Supreme Court sein Urteil aber generell alle menschlichen Gene einbeziehe, habe das sicher auch Einfluss auf die Rechtslage in Europa. "Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist in den USA entwickelt worden und Europa hat sich bisher daran orientiert", sagte Then.
Die Börsianer werteten die Entscheidung des Gerichts allerdings als eher positiv für die Biotech-Branche, vor allem wegen dem Patentschutz auf künstlich hergestellte DNA. Branchenvertreter hatten gewarnt, dass eine umfassende Absage an DNA-Patente Milliarden-Investitionen in dem Bereich gefährden würde. Die Richter entschieden auch im Sinne der Regierung von Barack Obama, die einen Kompromiss angemahnt hatte. Der Aktienkurs von Myriad Genetics stieg an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq um 11 Prozent. Auch die Kurse von führenden US-Pharmakonzernen wie Pfizer oder Merck & Co. legten leicht zu. Myriad äußerte sich zunächst nicht.
Quelle: ntv.de, dpa/rts