Angst vor neuer Konkurrenz? Hurd geht zu Oracle - HP vor Gericht
07.09.2010, 22:10 UhrOracle sucht sich neue Feinde: Der SAP-Konkurrent sichert sich die Dienste des einstigen HP-Chefs Mark Hurd und will nach der Übernahme von Sun Microsystems nun IBM und Hewlett-Packard direkt angreifen. Aber HP wehrt sich.

Mark Hurd: Arbeitet nicht mehr für HP, wird aber von seinem Ex-Arbeitgeber verklagt.
(Foto: REUTERS)
Oracle gegen SAP? Das dürfte bald Geschichte sein. Der US-Softwareriese, der nach der Übernahme von Sun Microsystems immer mehr auch in den Hardware-Bereich vordringt, macht sich dort größere Feinde: Als Konkurrenz sieht Oracle jetzt nicht mehr SAP sondern IBM und Hewlett-Packard. Und der weltgrößte Computerhersteller bleckt auch gleich seine Zähne: HP verklagt seinen ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Mark Hurd – nur wenige Stunden, nachdem dessen Wechsel zu Oracle bekannt geworden ist. Hewlett-Packard fürchtet, dass der Konkurrent Oracle an Firmengeheimnisse gelangen könnte.
Hurd werde einer der beiden Präsidenten des Konzerns, hatte Oracle mitgeteilt. Zudem zieht Hurd in den wichtigen Verwaltungsrat ein. Das befeuerte sogleich Spekulationen, Hurd könne eines Tages an die Spitze des IT-Giganten vorrücken.
"Brillanter Job bei HP“
Die Oracle-Präsidenten führen maßgeblich das Tagesgeschäft, aus dem sich der 66-jährige Gründer und Konzernchef Larry Ellison weitgehend zurückgezogen hat. "Es gibt keine Führungskraft in der IT-Welt mit mehr einschlägiger Erfahrung als Mark", lobte Ellison. Die Börsianer sahen das genauso: Die Aktie sprang zeitweise um mehr als 5 Prozent hoch. Hurd hatte Hewlett-Packard durch Zukäufe im hochprofitablen Servicegeschäft massiv vergrößert und damit das Unternehmen fast schadlos durch die Wirtschaftskrise gesteuert.
Hurds Berufung zu Oracle rund einen Monat nach seinem unrühmlichen Ausscheiden bei Hewlett-Packard kommt nicht überraschend. Schon am Wochenende hatte das "Wall Street Journal" über Gespräche mit dem Manager berichtet. Zudem hatte Ellison, der als guter Freund von Hurd gilt, den Rauswurf des Managers öffentlich scharf kritisiert. "Das war die dümmste Personalentscheidung, seitdem die Idioten im Apple-Verwaltungsrat vor vielen Jahren Steve Jobs gefeuert haben", schrieb er Anfang August in einer E-Mail an die "New York Times".
Ellison ein Hurd-Fan
Der 53-jährige Hurd war über seine Beziehung zu der ehemaligen externen Mitarbeiterin Jodie Fisher gestolpert, die bei Kunden- und Mitarbeiterveranstaltungen auftrat. Er führte sie des öfteren auf Firmenkosten zum Essen aus. Sie behauptete später, er habe sie sexuell belästigt. Diese Vorwürfe bestätigten sich allerdings nicht, man einigte sich auf einen Vergleich. Wegen der falschen Spesenabrechnungen musste Hurd dennoch gehen. Die Geschichte kochte auch deshalb hoch, weil die Frau in den 90er Jahren in einer Reihe von Erotikfilmen mitgespielt hatte.
Oracle-Chef Ellison störte sich nicht daran: "Mark hat einen brillanten Job bei HP gemacht und ich erwarte, dass er bei Oracle eine noch bessere Arbeit leistet." Oracle ist nicht nur die Nummer zwei bei Unternehmenssoftware nach der deutschen SAP, sondern stößt in immer weitere IT-Bereiche vor. Spätestens seit der Übernahme des Server-Spezialisten Sun Microsystems sind die ehemaligen Partner Oracle und HP direkte Konkurrenten.
Erklärter neuer Hauptrivale von Oracle ist aber das US-Computerurgestein IBM. "Ich glaube, Oracles Strategie, Software mit Hardware zu verknüpfen, wird es Oracle ermöglichen, IBM sowohl bei Firmenrechnern als auch bei Speichersystemen zu schlagen", sagte Hurd. Er ersetzt Charles Phillips als Präsident, der das Unternehmen nach einer Reihe von Fehlschlägen auf eigenen Wunsch verlässt, wie das «Wall Street Journal» schreibt.
Geheimhaltungserklärung
Nach Angaben des «Wall Street Journal» hatte Hurd eine Geheimhaltungserklärung unterschrieben, als er HP vor einem Monat verlassen musste. Im Gegenzug bekam er ein stattliches Abfindungspaket im Wert von um die 35 Mio. Dollar. Die Erklärung gilt zwei Jahre.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/rts