Wirtschaft

"Griechenland meldet sich nicht" IWF zieht Krisen-Bilanz

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Europäer dürfen bei ihren Bemühungen um eine finanzpolitische Integration nicht nachlassen. Laut IWF fehlen genau hier die entscheidenden Mechanismen zur Krisenlösung. Trotz Finanzkrise verfestigt sich das Wachstum in der EU aber. Die Griechen machen keine Anstalten, um weitere Finanzhilfen zu bitten. Aber der IWF steht bereit.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) drängt die Europäer zu einer besseren Absprache in Finanz- und Wirtschaftsfragen, um Krisengefahren zu bannen. Der Fonds warnte in seinem Regionalausblick, die Schuldenkrise einiger Euro-Länder stelle das größte Risiko dar. Eine Ansteckung von Kernstaaten der Euro-Zone und anderer europäischer Länder könne noch nicht ausgeschlossen werden. Wie diese Krise gelöst werde, das entscheide über die Wachstumsaussichten Europas. Nötig sei vor allem eine stärkere Finanz- und Wirtschaftsintegration in der EU. Trotz der Schuldenkrise habe sich der Aufschwung in Europa aber verfestigt.

Was hier in Bob-der Baumeister-Meister-Manier verulkt wird, ist eine ernste Angelegenheit. Alle müssen anpacken.

Was hier in Bob-der Baumeister-Meister-Manier verulkt wird, ist eine ernste Angelegenheit. Alle müssen anpacken.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Von der finanzpolitischen Integration abzugehen, wäre falsch", warnte der Fonds angesichts einer Debatte, in der inzwischen sogar ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone ein Thema ist. Die Gemeinsamkeiten müssten vielmehr vorangetrieben werden. Europa habe die Folgen der Finanzkrise nur deshalb so ausgedehnt zu spüren bekommen, weil es im Finanzbereich unzureichend integriert sei und übergreifende Mechanismen zur Krisenlösung fehlten. Europa habe zwar seine Vertiefung mit der gemeinsamen Währung vorangetrieben, aber keine effektiven Instrumente entwickelt, um grenzüberschreitende Risiken bekämpfen zu können.

Griechenland hat sich noch nicht gemeldet

Zusätzliche Finanzhilfen beim IWF habe Griechenland bisher nicht beantragt. Bisher habe sich die Regierung in Athen nicht mit der Bitte nach einem weiteren Programm gemeldet, sagte IWF-Europachef Antonio Borges. "Die Initiative dafür müsste natürlich von den Griechen ausgehen, wenn sie der Meinung sind, dass weitere Maßnahmen nötig sind." Der IWF sei bereit, dem hoch verschuldeten Euro-Staat weiter unter die Arme zu greifen.

Erst Generalstreik, dann Krawall: In Griechenland haben sich die Proteste gegen die Sparpläne der Regierung mittlerweile zugespitzt.

Erst Generalstreik, dann Krawall: In Griechenland haben sich die Proteste gegen die Sparpläne der Regierung mittlerweile zugespitzt.

(Foto: REUTERS)

Das griechische Spar- und Reformprogramm läuft nach Einschätzung des IWF nicht immer nach Plan. "Das Programm ist sehr nachhaltig und ehrgeizig gestaltet und da ist es normal, dass es die eine oder andere kleinere Abweichung vom Plan gibt", sagte Borges. Dafür habe es Fortschritte in Bereichen des Konsolidierungsprogramms gegeben, wo sie zu Beginn nicht zu erwarten gewesen seien. "Bei der letzten Überprüfung der Fortschritte des Programms in Griechenland haben wir festgestellt, dass das Programm ordentlich läuft." Zu Ergebnissen der derzeit laufenden Prüfung äußerte sich Borges nicht. Er sei nicht sicher, welche Schlüsse die Experten bei ihrer Überprüfung zögen, die im Juni abgeschlossen werde.

"Europas Aufschwung hat sich verfestigt"

Um sich zu wappnen gegen die Gefahr neuer Krisen, bedarf es dem IWF zufolge einer höheren Wachsamkeit - sowohl auf nationaler wie auch auf grenzüberschreitender Ebene. Zudem müssten bessere pan-europäischer Institutionen aufgebaut werden, die Probleme im Finanzsektor angehen.

Der IWF-Befund zur finanz- und wirtschaftlichen Verfassung Europas fällt gemischt aus. "Europas Aufschwung hat sich verfestigt", heißt es zum einen. Zugleich forderte der Fonds aber mutiges politisches Handeln, um die Finanzsolidität wieder herzustellen, die Schwächen im Finanzsystem zu beseitigen sowie mit Reformen Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum zu stärken. "Die wichtigste Nachricht des Ausblicks ist die eines ruhigen Vertrauens", sagte der Europa-Direktor des IWF, Antonio Borges. "Europa macht sich insgesamt gut - sowohl in West- als auch in Osteuropa", erklärte er. Und daher seien auch die IWF-Erwartungen für die nächsten Monate recht positiv.

Mehr Wachstum

Insgesamt rechnet der IWF entsprechend seinem kürzlichen veröffentlichten Weltwirtschaftsausblick für Europa mit einem Wachstum von 2,4 Prozent in diesem und 2,6 Prozent im nächsten Jahr. Dabei dürften die entwickelten Länder des Kontinents mit 1,7 und 1,9 Prozent etwas schwächer zulegen als die aufstrebenden Länder, bei denen der IWF Zuwächse von je 4,3 Prozent erwartet.

"Im entwickelten Europa müssen die politischen Akteure das Vertrauen wiederherstellen", erklärte der Fonds. Nötig seien Strukturreformen, Haushaltskonsolidierung und eine Stärkung des Finanzsystems - speziell in den Problemländer am Rande. Die aufstrebenden Schwellenländer Europas hätten sich bisher von der Krise in einigen Euro-Ländern nicht anstecken lassen. Aber auch sie müssten ihre Schwächen mutig angehen.

Rohstoffpreise heizen Inflation ein

Die Inflation dürfte in diesem Jahr in Europa mit 3,8 Prozent nach Prognose des Fonds kräftig ausfallen, vor allem wegen anziehender Rohstoffpreise. Im nächsten Jahr sollte die Teuerung wieder auf rund drei Prozent fallen. Den Anstieg der Nahrungsmittel- und Energiepreise sieht der IWF nur als vorübergehend an. Eine Lohn-Preis-Spirale sei kaum sichtbar. Das mache aktuell eine Straffung der Geldpolitik obsolet. Die Geldpolitik könne zunächst weiter mit niedrigen Zinsen konjunkturstützend bleiben. Eine "Normalisierung" rücke aber näher. Das größte Aufschwungsrisiko in Europa stellten die Spannungen in den Schuldenländern der Euro-Zone dar.

Der Fonds drängte die Europäer, mehr zu tun, um ihren anfälligen Finanzsektor zu kurieren. Die anstehenden Stress-Tests bei Banken seien eine Chance, diese Kur voranzutreiben und die Finanzinstitut auf eine finanziell solidere Basis zu stellen. Gerade in anfälligen Ländern sollten die Bemühungen verstärkt werden, das Banksystem zu stärken.

Quelle: ntv.de, rts

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