Wirtschaft

Wie Deutschland unter Brüning Ifo-Chef: Athen raus aus Eurozone

Griechenland und der Euro: Ifo-Chef Sinn erneuert seine Forderung nach einem Ausscheiden Athens aus der Währungsunion. Die Lage Griechenlands sei der der Weimarer Republik unter Reichskanzler Brüning ähnlich, sagt er. Der Internationale Währungsfonds (IWF) spült wie erwartet Geld in die leere griechische Kasse. Er gibt eine Tranche von 3,2 Milliarden Euro frei.

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Blick auf das Areal der Akropolis in Athen (Agrippia Monument).

(Foto: dpa)

Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, rät Griechenland erneut zum Ausstieg aus dem Euro. Sinn verglich die massiven Sparanstrengungen und Lohnkürzungen in der "Wirtschaftswoche" mit der Lage in der Weimarer Republik.

"Es ist ähnlich wie in Deutschland unter (Reichskanzler Heinrich - d.R.) Brüning", sagte Sinn: "Deutschlands Preise fielen von 1929 bis 1933 um 23 Prozent, die Löhne sanken um etwa 30 Prozent. Das Land wurde an den Rand des Bürgerkrieges getrieben."

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Heinrich Brüning von der Zentrumspartei war vom 30. März 1930 bis zum 30. Mai 1932 deutscher Reichskanzler.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Laut Sinn ist auch in Griechenland die Lage brenzlig. Um wieder wettbewerbsfähig zu werden, müsse das südeuropäische Land um 20 bis 30 Prozent billiger werden. Das sei mit dem Euro kaum zu schaffen. Träte das Land zumindest zeitweise aus der Eurozone aus, könne es abwerten, wieder wettbewerbsfähig werden und später zu einem veränderten Wechselkurs wieder eintreten.

Zwar sei nicht auszuschließen, dass Kunden ihr Geld von den Banken abziehen, was diese in die Insolvenz treiben könne. Allerdings hätte ein Verbleib Griechenlands in der Eurozone ähnliche Folgen, warnte Sinn. Viele Bankkunden gingen dann pleite und könnten ihre Schulden nicht zurückzahlen. "Politiker, die glauben, Griechenland könne durch einen Sparkurs gesunden, unterschätzen die Gefahren und Politiker, die glauben, Griechenland ließe sich mit neuem Geld wettbewerbsfähig machen, übersehen, dass das Geld den Anpassungsdruck nimmt und das Leistungsbilanzdefizit aufrechterhält, was unweigerlich in die Transferunion führt", sagte Sinn weiter.

IWF überweist

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Auszahlung einer dringend benötigten Finanzhilfe von 3,2 Milliarden Euro an Griechenland freigegeben. Die Tranche ist Teil des im vergangenen Jahr von EU und IWF vereinbarten Hilfspakets über insgesamt 110 Milliarden Euro.

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Griechenland hat wieder etwas Luft zum Atmen.

(Foto: dpa)

IWF-Chefin Christine Lagarde sagte in Washington, das mit dem Fonds vereinbarte Reformprogramm trage bereits Früchte. Das griechische Haushaltsdefizit werde reduziert, die Wirtschaft komme wieder ins Gleichgewicht und die Wettbewerbsfähigkeit verbessere sich allmählich. Lagarde würdigte die Pläne der sozialistischen Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou, Staatseigentum zu privatisieren. Sie drängte das Land, zu diesem Zweck eine Art Treuhandanstalt zu bilden.

Lagarde betonte aber auch, dass Griechenland noch immer vor immensen Herausforderungen stehe und noch viele tiefgreifende Reformen angehen müsse. So müsse die Produktivität rascher verbessert werden, damit die Erholung der Konjunktur nicht gefährdet werde. Zudem mahnte Lagarde auf Dauer angelegte haushaltspolitische Anpassungen an.

Arbeit an zweitem Hilfspaket

Mit der neuen Tranche belaufen sich die Griechenland-Hilfen des IWF auf bislang rund 17,4 Milliarden Euro. Die Hilfsgelder bewahren das Euro-Land vorerst vor der Zahlungsunfähigkeit. Die Finanzminister der Euro-Staaten hatten nach wochenlangem Ringen Griechenland eine dringend benötigte Finanzhilfe von zwölf Milliarden Euro zugesagt. Sie erklärten, das Geld werde vorbehaltlich der Zustimmung des IWF zum 15. Juli überwiesen.

Gegen den Protest in der Bevölkerung hat das griechische Parlament im Gegenzug für weitere Hilfen von EU und IWF ein Sparpaket verabschiedet. Es soll in den kommenden Jahren 28 Milliarden Euro in die leeren Staatskassen spülen.

Allerdings ist das Vertrauen in die finanzielle Lage Griechenlands noch immer nicht wiederhergestellt. Auch ist die mittelfristige Finanzierung bis 2014 noch offen. Die Details des zweiten Hilfspaketes sollen in den kommenden Wochen geklärt werden. Deutschland, die Niederlande und andere Euro-Länder verlangen zudem eine substanzielle Beteiligung privater Investoren.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP

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