Kapitalanforderungen für Banken In EU herrscht Uneinigkeit
20.04.2012, 17:09 Uhr
Blick auf das Frankfurter Bankenviertel.
(Foto: dpa)
Zwischen den Ländern der EU herrschen Meinungsverschiedenheiten. So steht in der Frage der Kapitalvorschriften für Banken die Einheitlichkeit infrage. Großbritannien und weitere Staaten wollen ein dickeres Kapitalpolster für ihre Geldinstitute. Deutschland und Frankreich beharren auf sieben Prozent. Das EU-Finanzministertreffen soll eine Lösung finden.
Die EU rückt bei den Verhandlungen über die schärferen Kapitalanforderungen für Banken immer stärker von den einst angestrebten Einheitsregeln ab. Mehrere Staaten fordern unter der Führung Großbritanniens die Möglichkeit, von ihren Banken ein dickeres Kapitalpolster als die vom Baseler Ausschuss vorgegebenen sieben Prozent hartes Kernkapital verlangen zu dürfen. Knapp zwei Wochen vor einem Sondertreffen der EU-Finanzminister dazu gab es bei den Beratungen der EU-Botschafter keine Anzeichen für einen Kompromiss, wie ein Diplomat nach der Sitzung sagte. "Es gibt noch viel zu tun."
Deutschland und Frankreich wollen dagegen verhindern, dass es zu einem Wettlauf der großen Finanzplätze um die schärfsten Kapitalanforderungen geht. "Das 'Vergolden' der Kapitalregeln würde zu einem Wettbewerb zwischen den Finanzmärkten führen und wäre eine Abkehr von der Vorstellung eines einheitlichen Regelwerks in Europa", sagte Gerhard Hofmann, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). Banken mit mehr Kapital gelten als sicherer und könnten sich damit Vorteile verschaffen.
Das für den 2. Mai anberaumte EU-Finanzministertreffen soll nun eine Lösung bringen, damit die unter dem Schlagwort bekannten Eigenkapitalregeln pünktlich Anfang 2013 in Kraft treten können. Das EU-Parlament, das mit den Mitgliedstaaten gemeinsam die Gesetze zur Umsetzung von Basel III beschließen muss, braucht allerdings noch Zeit, um seine Verhandlungsposition festzulegen. Eine für kommende Woche geplante Abstimmung werde voraussichtlich auf Anfang Mai verschoben, sagten mehrere Abgeordnete. Die Parlamentarier diskutierten unter anderem darüber, bei den Eigenkapitalquoten stärker nach der Größe der Banken zu differenzieren.
Die dänische Ratspräsidentschaft kam Großbritannien bei dem Botschafter-Treffen Teilnehmern zufolge weit entgegen. Von 2015 an könnten die Staaten für ihre Banken oder für Spezialinstitute wie Immobilienfinanzierer um bis zu fünf Prozentpunkte über die Basel-III-Kapitalanforderungen hinausgehen, wenn sie dies für nötig hielten. Doch war schon der vorangegangene dänische Vorschlag, der einen Extra-Puffer von drei Prozent vorsah, in Deutschland und Frankreich auf heftigen Widerstand gestoßen.
Bestandsschutz für Schweden?
BVR-Experte Hofmann brachte eine weitere Variante ins Spiel: "Man könnte den Streit lösen, indem man die geltenden strengeren Regeln in einigen Staaten weiterhin erlaubt - in Form eines Bestandsschutzes (Grandfathering)", sagte er. Das würde Schweden entgegenkommen, wo schon jetzt höhere Mindestschwellen gelten. Hofmann wandte sich aber strikt dagegen, die Anforderungen ganz in die Hände der einzelnen Staaten zu geben. Den Planungen zufolge sollen die Mindestkapital-Anforderungen einheitlich für die EU in einer Verordnung geregelt werden, die für alle Staaten gilt.
Strittig sind auch andere Teile des Regelwerks. So wollen Deutschland und Frankreich, dass die europäischen Banken ihre Verschuldungsquote (Leverage Ratio) erst von 2018 an veröffentlichen müssen statt 2015. Experten zufolge haben vor allem große Institute Probleme, die Kennzahl einzuhalten. Sie steht in der Kritik, weil sie das Risiko außer Acht lässt, das mit den betreffenden Krediten oder Wertpapieren verbunden ist.
Quelle: ntv.de, wne/rts