Wirtschaft

Furcht vor Eisenerz-Überangebot Investoren bekommen kalte Füße

Eisenerz-Mine von Rio Tinto im westaustralischen Parker Point.

Eisenerz-Mine von Rio Tinto im westaustralischen Parker Point.

(Foto: Christian Sprogoe/Rio Tinto)

Die Bergbaukonzerne setzen auf den Rohstoffhunger Asiens. Weitere Eisenerz-Minen werden erschlossen. Die Anleger sehen dies mit wachsender Besorgnis, fürchten sie doch ein Überangebot. Die Konjunkturdaten aus China nähren ihre Befürchtungen.

Milliarden US-Dollar werden derzeit für die Suche nach neuen Eisenerz-Minen in Ländern von Brasilien bis Australien ausgegeben. Bergbaukonzerne wetten auf den zunehmenden Appetit Asiens nach Stahl. Doch manche Anleger beobachten diese Entwicklung mit Sorge. Sie ziehen ihre Investitionen zurück.

Investoren fürchten, dass die Erschließung immer neuer Minen zu einem Überangebot im Markt führen wird. Preise könnten für längere Zeit in den Keller stürzen. Schon jetzt notiert Eisenerz auf einem Zwei-Jahres-Tief. Über kurz oder lang sind auch Minenschließungen oder der Abbau von Arbeitsplätzen nicht auszuschließen.

"In den vergangenen Jahren haben wir oft einen Ausverkauf gesehen, direkt gefolgt von einem wieder schnellen Aufschwung", sagt Neil Gregson, Fondsmanager bei JP Morgan Asset Management. Er verwaltet Investments im Rohstoffbereich im Wert von etwa 3,5 Milliarden Dollar. "Dieses Mal glaube ich nicht an einen schnellen Aufschwung", sagt er.

Preisprognosen drastisch gesenkt

Der Richtpreis für Erze mit einem 62-prozentigen Eisen-Anteil, die per Schiff im chinesischen Hafen Tianjin angelandet werden, ist in diesem Jahr bereits um ein Drittel gefallen. Denn durch den steigenden Ausstoß australischer Minen haben Stahlproduzenten bei Preisverhandlungen die Oberhand.

In den vergangenen Monaten hat sich Fondsmanager Gregson deshalb von einigen seiner Eisenerz-Werte wie Rio Tinto und Fortescue Metals Group getrennt. Beide Werte gaben an der Börse seit Jahresbeginn 14 und 26 Prozent nach.

Die Deutsche Bank oder auch die Commonwealth Bank of Australia haben ihre Prognosen für Eisenerz-Preise ebenfalls drastisch reduziert. Morgan Stanley musste die eigenen Schätzungen auch korrigieren, weil die Experten zuvor unterschätzt hatten, wie schnell neue Minen entstehen und den Gesamtausstoß erhöhen.

Jedes Jahr werden etwa 1,3 Milliarden Tonnen Eisenerz auf dem Seeweg transportiert, mehr als die Hälfte davon allein nach China. In den vergangenen zehn Jahren haben sich Angebot und Nachfrage dabei immer in etwa die Waage gehalten.

Nach Meinung von Experten wird das aber nicht mehr lange so bleiben. Die Analysten der UBS schätzen, dass allein der Markt auf dem Seeweg in diesem Jahr mit einem Überangebot von knapp 74 Millionen Tonnen überschwemmt wird. Bis 2016 könnte dieser Wert auf 267 Millionen Tonnen steigen - das ist so viel wie Rio Tinto, der weltweit zweitgrößte Eisenerz-Produzent, im vergangenen Jahr produziert hat.

Minenerweiterung bei Fortescue

Und die Unternehmen wollen noch weiter kräftig zulegen. Rio Tinto hat sich vorgenommen, den australischen Eisenerz-Ausstoß in den kommenden zwei Jahren um ein Fünftel auf 350 Millionen Tonnen zu erhöhen, während Konkurrent Fortescue gerade erst Ende März eine 9,2 Milliarden Dollar teure Minenerweiterung abgeschlossen hat.
"Im letzten Jahrzehnt war der Ausstoß quasi jeder neuer Eisenerz-Mine direkt für den Export über den Seeweg nach China bestimmt. Aber dieser Trend kann nicht länger so anhalten, wenn man bedenkt, mit welchen Widrigkeiten die chinesische Wirtschaft derzeit zu kämpfen hat", sagt Adrian Martuccio, Senior Portfolio Manager bei Bell Asset Management.

Für Gegenwind sorgen jetzt auch die Untersuchungen der chinesischen Behörden in China. Dort wurden Rohstoffe importiert, um als Sicherheit für Kredite zu dienen. Nach Unregelmäßigkeiten könnte dieses Geschäft jetzt aber ins Stocken geraten. Viele erwarten auch, dass sich die chinesische Produktion abgeschwächt.

"Wir sehen, wie die Stahl-Nachfrage gesunken oder nur langsam gewachsen ist. Vor allem aber haben wir beobachtet, wie das Überangebot die Situation verschärft hat", sagt Robert Hook, ein australischer Fondsmanager bei SG Hiscock & Co. Er hat sich in den letzten Monaten von Minenaktien getrennt.

Jefferies empfiehlt Kauf von Aktien

Doch es auch noch Optimisten. Jefferies empfiehlt beispielsweise nach wie vor den Kauf von Aktien der großen Produzenten - etwa BHP Billiton oder Rio Tinto, weil diese ihre Dividenden erhöht haben.
Zudem versuchen die Unternehmen ihre Kosten zu reduzieren und so den fallenden Eisenerz-Preisen etwas entgegenzusetzen.

BHP hat beispielsweise erst kürzlich 100 Jobs im Hauptsitz Perth und weitere 170 Stellen in einer Mine in Pilbara gestrichen. Fondsmanager Hook sagt, BHP Billiton und Rio Tinto setzten auf einen Verdrängungswettbewerb. Sie spekulieren darauf, dass sie mit ihrem guten Eisenerz Anbieter von Erzen in geringerer Qualität aus dem Markt drängen können.

Quelle: ntv.de, Rhiannon Hoyle, DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen