Wirtschaft

Ratingagenturen ärgern Brüssel Irland braucht mehr Geld

EZB-Chef Jean-Claude Trichet: Die böse Miene gilt hier wohl mehr der Lautstärke am Brüsseler Tagungsort als dem Gesprächspartner am Telefon.

EZB-Chef Jean-Claude Trichet: Die böse Miene gilt hier wohl mehr der Lautstärke am Brüsseler Tagungsort als dem Gesprächspartner am Telefon.

(Foto: REUTERS)

Die europäische Schuldenkrise beginnt wieder zu schwelen: Irlands Krisenbanken brauchen möglicherweise viel mehr Hilfe als bislang bekannt. In Brüssel ruft die Rolle der Ratingagenturen unterdessen wachsenden Ärger hervor. Die Finanzminister der Eurozone rufen nach Möglichkeiten, die Macht der Bonitätsprüfer zu beschneiden.

Irlands Finanzminister Michael Noonan diskutiert mit Trichet.

Irlands Finanzminister Michael Noonan diskutiert mit Trichet.

(Foto: REUTERS)

Vor dem Hintergrund der neu aufflammenden Sorgen in der europäischen Schuldenkrise reagieren die Euro-Finanzminister zunehmend verärgert über das Verhalten der Ratingagenturen. Es gebe "großes Erstaunen" über den Zeitplan der Herabstufungen von Spanien und Griechenland, sagte der Vorsitzende der Ministerrunde, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, im Anschluss an die Beratungen in Brüssel. Die EU-Kommission sei aufgefordert worden, Vorschläge für eine bessere Regulierung zu machen.

Die US-Ratingagentur Moody's hatte in der vergangenen Woche die Kreditwürdigkeit von Spanien um eine Note gesenkt. Damit wird die Finanzierung des Landes über Staatsanleihen verteuert, da die Risikoaufschläge für Schuldentitel mit der Herabstufung zulegen. Moody's hatte zuvor auch die Kreditwürdigkeit des hoch verschuldeten Griechenland gleich um drei Noten kräftig herabgestuft. Griechenland nimmt bereits Milliarden-Hilfen der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch. Seit Monaten halten sich Gerüchte am Markt, wonach Athen seine Schulden nicht zurückzahlen kann.

Neben dem Ärger um die Rolle der Ratingagenturen gab es in Brüssel zu Wochenbeginn neuen Wirbel um die irischen Krisenbanken. Irlands Finanzminister Michael Noonan sagte, die im Hilfspaket vereinbarte Milliarden-Finanzspritze für die angeschlagenen Geldhäuser reiche möglicherweise nicht aus: "Die Abmachung belief sich auf 10 Mrd. Euro, und nach Ansicht der irischen Zentralbank wird dieser Betrag überschritten." Eine genaue Zahl für den zusätzlichen Finanzbedarf nannte Noonan nicht. Man müsse zuerst die Bankenstresstests abwarten. Bis Ende des Monats wird die Krisentauglichkeit europäischer Kreditinstitute mit diesen Tests auf den Prüfstand gestellt.

Irland: Hilfe oder Steuervorteil?

Nach den Beratungen mit den Euro-Finanzministern bestätigte auch EU-Währungskommissar Olli Rehn, dass Dublin bereits bis Monatsende eine neue Runde von Banken-Stresstests abschließen muss. "Diese werden den wirklichen Zustand des Bankensektors zeigen", erklärte Rehn. Irland hatte im vergangenen November ein Hilfspaket von 85 Mrd. Euro erhalten, dahinter stehen die Euro-Partner und der IWF. Laut Vereinbarung sollten davon direkt 10 Mrd. Euro in die Stärkung des irischen Bankensektors fließen. Weitere 25 Mrd. Euro dienen als Reserve zur Unterstützung von Kreditinstituten. Dublin pocht gegenüber den Euro-Partnern darauf, für seine Milliardenkredite billigere Zinsen zu erhalten.

Telefonat am Rande: Trichet hält die Verbindung.

Telefonat am Rande: Trichet hält die Verbindung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Fall Irland ist politisch ausgesprochen delikat: Die Euro-Länder weigern sich, nach griechischem Vorbild die Zinsen für die Hilfskredite an Dublin zu verbilligen. Hintergrund ist der Streit um die vergleichsweise extrem niedrigen irischen Unternehmensteuern - vor allem Frankreich pocht als Gegenleistung auf eine Anhebung.

Noonan hatte sich am Rande der Beratungen in Brüssel auch mit EU-Währungskommissar Olli Rehn getroffen, wie dessen Sprecher bestätigte. Das irische Hilfsprogramm laufe nach Plan. "Wir sind mit den Fortschritten zufrieden", hieß es. Der Banken-Teil des Programms gebe rigorose Ziele vor. Es sei verfrüht, über den Ausgang des Bankenstresstests zu spekulieren.

Ein Einstieg in die Transferunion?

Die Euro-Finanzminister verhandelten über die Ausweitung des Krisenfonds für klamme Mitgliedstaaten. Bis zum EU-Gipfel am 24. und 25. März soll ein Kompromiss zu den Details stehen. Die 17 Staats- und Regierungschefs der Eurozone hatten sich am vergangenen Samstag darauf verständigt, dass der Fonds EFSF tatsächlich die geplanten 440 Mrd. Euro ausleihen kann und nicht wie bisher nur 250 Mrd. Euro.

Die unkontrollierte Macht mancher Marktteilnehmer ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein Dorn im Auge.

Die unkontrollierte Macht mancher Marktteilnehmer ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein Dorn im Auge.

(Foto: picture alliance / dpa)

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verteidigten den Kompromiss des Sondergipfels gegen Kritik aus den eigenen Reihen. Das Spitzentreffen stellte die Weichen zur bisher größten Reform der Gemeinschaftswährung seit ihrer Einführung 1999.

Schäuble machte deutlich, dass der Kompromiss vom Euro-Sondergipfel kein Einstieg in eine Transferunion sei. Unter bestimmten Bedingungen wird der Fonds EFSF auch Staatsanleihen von Krisen-Ländern kaufen können. Schäuble sagte, auch künftig werde jedes Mitgliedsland "für die Solidität seiner Finanzpolitik" haften.

Der neue Euro-Pakt kann kommen

EU-Währungskommissar Rehn sagte, es gebe gute Fortschritte beim EU-Gesetzespaket zur Stärkung des Euro-Stabilitätspakets. Damit sollen Defizitsünder künftig schneller und härter bestraft werden. Das Paket soll an diesem Dienstag von den Ressortchefs aller 27 EU-Staaten weitgehend unter Dach und Fach gebracht werden.

Das Erdbeben in Japan verstärkt nach Ansicht der Minister die Unsicherheit für die Weltwirtschaft. Der Vorsitzende der Runde, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, meinte aber: "Es ist noch zu früh, um jetzt schon etwas über die eventuellen Folgen auf unsere Wirtschaft zu sagen."

Das hoch verschuldete Portugal weigert sich weiter, milliardenschwere Finanzhilfen der Euro-Partner oder des IWF anzunehmen. "Es gibt keine Anfrage von Portugal", sagte Juncker.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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