Wirtschaft

"Rausgehen und draußen bleiben" Irland richtet sich wieder auf

Es wird sich zeigen - Irland will finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen.

Es wird sich zeigen - Irland will finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen.

(Foto: REUTERS)

Mit 85 Milliarden Euro wird Irland vor der Pleite bewahrt. Die Sanierungen in den folgenden Jahren sind schmerzhaft. In den kommenden Wochen sollen nun alle Hilfen zurückgezahlt werden. Zugleich gibt Regierungschef Kenny ein Versprechen.

Irland will nach gut drei Jahren das Kapitel Euro-Hilfen wieder schließen. Als erstes Land peilen die Iren Mitte Dezember das Verlassen des Euro-Rettungsschirms an. Die "wirtschaftliche Katastrophe" werde am 15. Dezember beendet sein, sagte Ministerpräsident Enda Kenny. Er verband diese Ankündigung in einer Ansprache an die Bevölkerung mit der Zusicherung, dass das Land nie wieder Stützungsmaßnahmen in einer Krise in Anspruch nehmen wolle. "Es ist nicht ausreichend, nur den Rettungsschirm zu verlassen, sondern wir müssen rausgehen und draußen bleiben." EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn sagte, das Land habe die "wirtschaftliche Kehrtwende" geschafft.

Der irische Staat benötigt laut Finanzminister Michael Noonan kein externes Sicherheitsnetz mehr. Er verfüge selbst über ausreichend hohe Summen, sollte es erneut zu einer Krise kommen. Dank dieser umfangreichen Rücklagen habe das Land auch neues Vertrauen bei Investoren gewonnen, so dass es sich eigenständig über die internationalen Finanzmärkte refinanzieren könne, sagte er.

Zuvor hatte der Finanzminister angekündigt, das irische Haushaltsdefizit sinke im kommenden Jahr auf 4,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Damit hätte das Land einen Puffer im Fall von Marktturbulenzen.

85 Milliarden Euro Hilfen

Irland war im November 2010 als zweiter Euro-Staat nach Griechenland mit Hilfen von 85 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt worden. Er habe vor zwei Jahren dem irischen Volk angekündigt, dass er dem Land die wirtschaftliche Souveränität und Unabhängigkeit wiedergeben wolle, sagte Kenny auf dem Parteitag der Fine Gael Partei. "Dieses Ziel ist nun zum Greifen nah." Das bedeute aber nicht, dass die finanziellen Schwierigkeiten vorüber seien. "Wir haben noch einen langen Weg vor uns", sagte Kenny.

Nach Ansicht der Opposition ist die Freude verfrüht. Kenny solle versuchen, den angeblichen Erfolg des Sparprogramms den Iren nahe zu bringen, die ihre Häuser verlieren könnten, hieß es in einer Stellungnahme von Sinn-Fein-Chef Gerry Adams. Er verwies auf die 415.000 Arbeitslosen im Land und die 300.000 Iren, die ausgewandert seien.

Vor dem Hintergrund der Rettungshilfen von Europäischer Union und der Internationalem Währungsfonds war für 2014 ein Defizit von höchstens 5,1 Prozent vereinbart worden. Im laufenden Jahr wird es Noonan zufolge wohl bei 7,3 Prozent liegen.

Baubranche wächst erstmals seit sechs Jahren wieder

Irland hatte im September nach drei Quartalen des wirtschaftlichen Minus die Rezession verlassen. Das Land steckt seit der Finanzkrise 2008 in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Positive Signale sendet auch die Baubranche, der erstmals seit sechs Jahren wieder gewachsen ist. Der Häusermarkt war 2007 eingebrochen, weil günstige Kredite nicht mehr zu bekommen waren. Nun beginnen die Immobilienpreise wieder zu steigen,insbesondere in Dublin, wo sie binnen eines Jahres zehn Prozent zulegten.

Und es wird wieder gebaut und gekauft: Der Ulster Bank Bau-Index stieg im September auf einen Wert von 55,7 von 49,7 im August und damit über die 50-Punkte-Marke, ab der Wachstum angezeigt wird.

Der einstige "Keltische Tiger" musste 2010 als erstes Land mit 67,5 Milliarden Euro aus dem offiziellen Rettungsschirm von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds gerettet werden. Insgesamt beläuft sich das Volumen auf 85 Milliarden Euro, von denen Irland 17,5 Milliarden Euro selbst aufbringen musste.

Irland kehrt an Finanzmarkt zurück

Die irische Koalition hatte seit langem erklärt, sie sei sehr zuversichtlich, wieder dauerhaften Zugang zu den Anleihemärkten zu erhalten. Die National Treasury Management Agency hatte im Jahresverlauf bereits eine erste Staatsanleihe erfolgreich am Markt platziert. Die derzeit 25 Milliarden Euro umfassenden Barreserven werden im Januar 2014 um 5 Milliarden Euro schrumpfen, wenn das Land eine auslaufende Staatsanleihe tilgen muss. Dennoch liegen die Rücklagen damit wohl hoch genug, um eine Staatsfinanzierung bis Anfang 2015 zu sichern.

Die Koalitionsregierung wird am morgigen Dienstag die Details des Sparhaushalts für 2014 vorlegen. Es wird das siebte Budget in Folge sein, das Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen vorsieht, um die 2008 hereingebrochene Immobilien- und Finanzkrise zu überwinden. Diesmal summieren sich die neuen Belastungen auf 2,5 Milliarden Euro.

Derweil attestierte Rehn auch Spanien den wirtschaftlichen Turnaround.  Das Land hat bisher 40 Milliarden Euro aus dem Rettungstopf für die Sanierung seiner Banken erhalten - war aber niemals von den Finanzmärkten abgeschnitten. Zugesagt hatten die europäischen Partner eine Kreditlinie von 100 Milliarden, die aber nach jetzigem Stand nicht noch einmal angezapft werden muss.

Portugal will 2014 zurück an Kapitalmarkt

Auch Portugal befindet sich auf dem Weg der Besserung und will ab Mitte nächsten Jahres wieder finanziell auf eigenen Beinen stehen. Finanzministerin Maria Luis Albuquerque hatte gesagt, dass Portugal vor Mitte nächsten Jahres "vollen Zugang zum Kapitalmarkt haben" werde. Insgesamt will sie 2014 rund zehn Milliarden Euro über Anleihen einnehmen. Die ersten Schuldtitel werden laut der Finanzministerin aber erst 2014 kommen.

Portugal war Mitte 2011 unter den Rettungsschirm geschlüpft und die Zusage über 78 Milliarden Euro bekommen. Irland wird Ende diesen Jahres die letzte Rate des insgesamt 67,5 Milliarden Euro umfassenden und 2010 vereinbarten Hilfspakets bekommen. Beide Euro-Mitglieder verpflichteten sich im Gegenzug zu einem schmerzhaften Sparkurs und Strukturreformen.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/dpa

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