Was tun mit den Schulden? Isländer stimmen ab
06.03.2010, 16:00 UhrIn Island steuert die Aufarbeitung der Bankenkrise einen weiteren Höhepunkt an: Die Bevölkerung des Landes entscheidet in einem Referendum, zu welchen Bedingungen britische und niederländische Kunden einer Online-Bank entschädigt werden sollen. Die Stimmung ist gereizt, die Wahlbeteiligung niedrig.
Bei der Volksabstimmung in Island zeichnet sich eine schwache Beteiligung ab. Stimmberechtigt waren 235.000 Isländer. Das Referendum über die Tilgung gewaltiger Auslandsschulden hatte Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardòttir zuvor ausdrücklich als sinnlos eingestuft. Sie wollte selbst nicht abstimmen.
Entschieden werden sollte über ein im vergangenen Jahr ausgehandeltes Abkommen mit Großbritannien und den Niederlanden. Das Referendum gilt als die erste Volksabstimmung des Landes. Island muss beiden Ländern zusammen 3,8 Mrd. Euro Schulden aus dem Zusammenbruch der heimischen Internetbank Icesave Ende 2008 zurückzahlen. Die Summe entspricht einer Belastung von fast 12.000 Euro je Bürger oder zwei Drittel eines kompletten Staatshaushalts der Insel.
Bei dem ursprünglich ausgehandelten Tilgungsabkommen wurde den Isländern für die gescheiterten Kreditabenteuer einiger Bankmanager eine jährliche Zinsleistung von 5,5 Prozent auferlegt. Das führte zu breiter Empörung in der Bevölkerung. Islands Präsident Olafur Grimsson hatte sein Veto gegen das vom Parlament verabschiedete Gesetz unter dem massiven Druck der Öffentlichkeit eingelegt und damit eine Volksabstimmung erzwungen.
Auf Generationen belastet
Die Bevölkerung der Insel im Nordatlantik befürchtet, durch die Entschädigungszahlungen und vor allem die damit verbundenen Zinsen auf Jahrzehnte belastet zu werden. Im Vorfeld des Referendums fand sich niemand in Island dazu bereit, ein Ja zu empfehlen. Umfragen brachten Mehrheiten von bis zu 80 Prozent für ein Nein.
Sigurdardóttir wies allerdings unmittelbar vor Beginn des Referendums darauf hin, dass in der Zwischenzeit bereits bessere Rückzahlungsbedingungen erreicht worden seien. Weder ein Ja noch ein Nein hätten darauf irgendwelche Auswirkungen. Sie selbst wolle deshalb nicht teilnehmen.
Island ist durch den Zusammenbruch seiner drei größten Banken 2008 besonders hart von der Finanzkrise betroffen und dringend auf Auslandskredite angewiesen. Diese sollen nur fließen, wenn die Regierung sich mit Briten und Niederländern verbindlich über die Tilgung ihrer Schulden geeinigt hat.
Von Zinsen verlockt
Niederländische und britische Sparer hatten vor Beginn der Krise auf aggressive Zinsangebote der isländischen Online-Bank Icesave gesetzt. Sie verloren jedoch ihre Einlagen, nachdem die Institute des Inselstaates im Zuge der internationalen Finanzkrise zusammengebrochen waren. Die Regierungen in London und Den Haag hatten die Icesave-Kunden im eigenen Land zunächst entschädigt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzufedern. Seitdem fordern die beiden Staaten das Geld von Island zurück.
Die Entschädigung der 34.000 deutschen Anleger der isländischen Kaupthing Bank ist bereits im Sommer angelaufen und von dem Veto des Präsidenten nicht betroffen. Island ist unter anderem durch den Zusammenbruch seiner drei größten Banken 2008 besonders hart von der Finanzkrise betroffen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts