Wirtschaft

Kampf um EZB-Spitze Italien bietet Merkel Paroli

Geht es nach Kanzlerin Merkel, dann wird Bundesbankchef Weber künftig die Europäische Zentralbank führen. Doch Italiens Ministerpräsident Berlusconi hält das für keine gute Idee.

Jean-Claude Trichet und Mario Draghi.

Jean-Claude Trichet und Mario Draghi.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Kurz vor dem EU-Sondergipfel hat Italien seine Ansprüche auf den EZB-Chefposten im kommenden Jahr untermauert und damit Deutschland Paroli geboten. "Die Regierung wird Notenbankchef Mario Draghi als Kandidaten für die Führung der EZB tatkräftig unterstützen", sagte der Sprecher des Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Er sorgte damit für weitere Spannung im Rennen um den EZB-Chefposten, für den die Bundesregierung Bundesbank-Chef Axel Weber in Position gebracht hat. Presseberichten zufolge hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Webers Weg an die EZB-Spitze bereits geebnet. Mit einem EU-Gipfel am Donnerstag und dem Finanzministerrat am kommenden Dienstag könnte es dabei bereits zu einer Vorentscheidung kommen, wenn der Posten des EZB-Vizepräsidenten vergeben wird.

Sollte der als Favorit gehandelte Portugiese Vitor Constancio zum Nachfolger des im Mai aus dem Amt scheidenden EZB-Vizechefs Lucas Papademos bestimmt werden, hätte Weber nach Ansicht von EU-Kennern die besseren Karten für den EZB-Chefsessel: Denn aus Gründen des Regionalproporzes gilt es als wahrscheinlich, dass die beiden Top-Positionen auf je einen Vertreter aus Süd- und Nordeuropa verteilt werden. Sollten allerdings der Luxemburger Yves Mersch oder der Belgier Peter Praet zum Zuge kommen, stiegen dieser Logik zufolge die Chancen Draghis, Trichet zu beerben. Die Amtszeit des jetzigen EZB-Chefs Jean-Claude Trichet endet am 31. Oktober 2011.

Wegen dieser möglicherweise vorentscheidenden Bedeutung der Vizepräsidenten-Wahl bemüht sich die Bundesregierung in Berlin einem italienischen Pressebericht zufolge intensiv darum, dass Weber im Rennen um den Chefposten nicht strategisch ins Hintertreffen gerät. Es müsse verhindert werden, dass bereits durch die Besetzung des Vizepostens günstige Bedingungen für Draghis Kandidatur geschaffen würden, zitiert die Mailänder Zeitung "La Stampa" aus einem vertraulichen internen Schreiben des Bundesfinanzministeriums an deutsche EU-Diplomaten. Darin werden diese angeblich instruiert, wie sie am besten einen Erfolg Draghis verhindern könnten.

Daraufhin meldete sich Berlusconi zu Wort. Ihm sei nicht bekannt, dass Deutschland etwas gegen Italiens Notenbankgouverneur Mario Draghi als neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) einzuwenden habe, sagte er. Im Übrigen habe Italien Draghi noch nicht offiziell vorgeschlagen. Dafür sei es noch viel zu früh.

Unterdessen rechnet Portugal im Rennen um die Vizepräsidentschaft der Europäischen Zentralbank mit einer klaren Mehrheit für Vitor Constancio. Der Gouverneur der Bank von Portugal habe in der Eurogruppe derzeit gute Chancen, sagte Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos. Constancio ist auch EZB-Ratsmitglied.

Quelle: ntv.de, rts

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