Regierung riskiert Milliarden-Haushaltslücke und Ärger Italien rückt von Sparversprechen ab
21.07.2013, 12:08 Uhr
Nicht nur die italienische Notenbank dürfte das politsche Hickhack in Rom mit viel Skepsis beobachten, auch die EU wird ihre Schlüsse daraus ziehen.
(Foto: REUTERS)
Die Regierung in Rom rudert bei ihren Anstrengungen, den maroden Staatshaushalt zu sanieren, zurück. Wichtige Einnahmequellen durch Steuererhöhungen werden plötzlich in Frage gestellt. Dem Haushalt droht eine Milliardenlücke, die kaum zu stopfen sein wird. Italiens Notenbank beobachtet das Hin und Her mit wachsender Sorge.
Um seinen maroden Haushalt zu konsolidieren, muss Italien einerseits sparen, andererseits aber auch sehen, wie es seine Einnahmen erhöhen kann – Steuererhöhungen sind die nächstliegende Maßnahme. Beides ist wichtig, um das Investorenvertrauen am Kapitalmarkt zu festigen und die EU-Budgetvorgaben zu erfüllen. Nun rückt die Regierung in Rom von zwei wichtigen Steuervorhaben wieder ab, ohne einen Plan, wie die Lücken im Haushalt geschlossen werden sollen.
Nach den Worten von Industrieminister Flavio Zanonato könnte die Regierung die umstrittene Immobiliensteuer kassieren und auf die geplante Mehrwertsteuererhöhung verzichten. "Ich denke, dass wir zum Herbstbeginn ankündigen könnten, dass die Mehrwertsteuer nicht um einen Prozentpunkt angehoben wird und dass es keine Immobiliensteuer auf den Erstwohnsitz geben wird", sagte Zanonato der italienischen Nachrichtenagentur Ansa zufolge.
Ministerpräsident Enrico Letta hat die Mehrwertsteueranhebung bereits aufgeschoben. Zudem setzte er die von Ex-Regierungschef Mario Monti eingeführte Immobiliensteuer aus und kündigte deren Reform bis Ende August an. Der Staat riskiert damit allerdings eine Milliardenlücke im Haushalt. Eine Abschaffung dieser Steuer würde den Fiskus des unter einer hohen Schuldenlast ächzenden Landes mit vier Milliarden Euro belasten. Dieses Geld müsste die Regierung an anderer Stelle einsparen, um ein Haushaltsloch zu vermeiden. Italien steht unter Druck, die EU-Budgetvorgaben zu erfüllen.
Italiens Notenbank: Politische Instabilität schadet
Das politische Hin und Her in Italien wird auch von der italienischen Notenbank mit Sorge bobachtet. Nach ihrer Einschätzung könnte die Wirtschaftsentwicklung dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden. "Dies ist eine entscheidende Phase", sagte Notenbankgouverneur Ignazio Visco am Wochenende am Rande des Treffens der G20-Finanzminister und -Notenbankchefs in Moskau.
Die Instabilität auf politischer Ebene behindere das Land bei der Ergreifung seiner Chancen, um der Rezession den Garaus zu machen. Erst Ende vergangener Woche hatte Italiens Innenminister Angelino Alfano einen Misstrauensantrag überstanden. Bezüglich des Bankensystems in Italien gab sich Visco optimistischer: Es gebe keinen Grund, sich viele Gedanken zu machen, sagte der Notenbanker. Vor einigen Monaten hatte die Zentralbank die Finanzinstitute aufgefordert, ihre Rückstellungen für faule Kredite auszubauen.
Italiens Wirtschaft durchlebt die längste Durststrecke seit Jahrzehnten und schrumpfte zuletzt sieben Quartale in Folge. Die Ratingagentur Standard & Poor's senkte jüngst ihre Bonitätsnote für die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone. Visco kritisierte diesen Schritt und betonte, die Bewertung entspreche nicht den Fundamentaldaten.
Quelle: ntv.de, ddi/rts