Kampf gegen Yen-Stärke und Deflation Japan legt sich ins Zeug
30.08.2010, 06:44 UhrUm die heimische Wirtschaft zu stärken, schiebt die Tokioter Regierung wieder Geld nach. Die Zentralbank lockert darüber hinaus ihre sowieso schon extrem losen geldpolitischen Zügel, indem sie dem Finanzmarkt weitere zehn Billionen Yen zur Verfügung stellt.

Die Landeswährung Yen profitiert in einer ersten Reaktion von der Maßnahme der Bank of Japan: die Kurse von Exporttiteln steigen.
(Foto: REUTERS)
Japans Regierung will der schwächelnden Wirtschaft noch einmal unter die Arme greifen. Insgesamt sollen hierfür 920 Mrd. Yen (8,5 Mrd. Euro) an Haushaltsreserven verwendet werden, wie Ministerpräsident Naoto Kan ankündigte.
Mit dem neuen Konjunkturprogramm will die japanische Regierung den Kauf umweltfreundlicher Produkte ankurbeln, Studenten bei der Jobsuche helfen und kleinen Firmen unter die Arme greifen, wie es vergangene Woche hieß. Kan sagte, die Regierung fördere Arbeit, Investitionen und Bildung. Das neue Konjunkturprogramm solle in der kommenden Woche verabschiedet werden und Ende des Monats in Kraft treten.
Bank of Japan stellt Geld bereit
Die japanische Notenbank hatte zuvor auf einer Dringlichkeitssitzung beschlossen, den Banken des Landes mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Das bestehende Programm werde auf 30 Bill. Yen (275,5 Mrd. Euro) von 20 Bill. Yen aufgestockt, teilte die Bank of Japan (BoJ) mit.
Aggressivere Schritte behalte man sich für den Fall vor, dass es deutlichere Zeichen für eine wirtschaftliche Verlangsamung gebe. Die BoJ werde "angemessene Schritte zur geeigneten Zeit" einleiten, um die Konjunktur zu stützen, versicherte der BoJ-Gouverneur Masaaki Shirakawa in Tokio.

BoJ-Gouverneur Masaaki Shirakawa wird die Entscheidung am Wochenende in Jackson Hole bereits mit seinen Kollegen diskutiert haben.
(Foto: REUTERS)
Den Leitzins ließen die Notenbanker wie erwartet bei rekordniedrigen 0,1 Prozent. Zur Begründung des jüngsten Lockerungsschritts verwies der BoJ-Gouverneur auf die zuletzt schwachen Konjunkturdaten aus den USA, die Aufwertung des Yen und die fallenden Aktienkurse. Shirakawa schloss nicht aus, dass die BoJ ihre Beurteilung der Wirtschaftslage wieder senken könnte.
Der Yen legte nach der Ankündigung leicht zu, bleib jedoch im Tagesverlauf zum US-Dollar im Minus. Der Nikkei gab einen Teil seiner vorherigen Gewinne wieder ab. In einer ersten Reaktion sprach Andy Ji von der Royal Bank of Scotland in Singapur von einem halbherzigen Vorgehen der Notenbank. "Nichts hat sich grundsätzlich geändert", sagte er. Die BoJ widersetze sich weiter dem Druck der Regierung.
Tokio will mehr
Hintergrund der Sitzung war die anhaltende Stärke des Yen. Die Währung hatte zuletzt ein 15-Jahres-Hoch zum US-Dollar erreicht und belastete damit zunehmend die ausfuhrorientierte Wirtschaft Japans. Die BoJ steht entsprechend unter wachsendem Druck der Regierung, ihre Geldpolitik zu lockern. Im Laufe des Tages sollte Shirakawa Medienberichten zufolge mit Ministerpräsident Naoto Kan zu Gesprächen zusammengekommen. Wie es heißt, soll es dabei um weitere Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur gehen.
Japan, das gerade von seinem Nachbarn China als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt überholt worden ist, steckt nicht nur in einer Yen-Krise, sondern zudem weiter fest im Griff einer Deflation mit andauernd fallenden Preisen. Der Verbraucherpreisindex sank im Juli um 1,1 Prozent zum Vorjahr und damit im 17. Monat in Folge. Eine Deflation hat schlimme Auswirkungen: Sie drückt die Umsätze und Gewinne der Unternehmen, die dann Abstand von Investitionen nehmen und Arbeitsplätze abbauen. Verbraucher halten sich dann wiederum mit Anschaffungen zurück, wodurch sich der Preisverfall noch verschärft.
Quelle: ntv.de, rts/DJ