Inside Wall Street Job-Krise macht selbstständig
05.05.2009, 14:48 UhrDie bisher acht Wochen alte Rally an den amerikanischen Börsen hat in Anlegerkreisen vor allem ein Diskussionsthema angefacht: Reicht positives Denken aus, um an einem krisengeschüttelten Markt eine stabile Erholung herbeizuführen? Wahrscheinlich nicht. Doch hilft positives Denken in anderen Bereichen. Zum Beispiel am Arbeitsmarkt, wo immer mehr Amerikaner neue Wege gehen.
Viele Amerikaner, die gerade ihren Job verloren haben, suchen keinen neuen, sondern machen sich selbstständig. Sie zeigen Unternehmergeist und das schlägt sich in der Statistik durch: Laut einer aktuellen Umfrage arbeiten zur Zeit 26 Prozent aller Amerikaner auf eigene Faust – vor zwei Jahren waren es nur 19 Prozent. "In wirtschaftlich schwierigen Zeiten versuchen eben viele Leute, mit eigenen Ideen Geld zu verdienen", erklärt der Job-Berater Rob Palmer. "Unternehmen versuchen derweil, Kosten zu sparen. Freelancing bedient beide Seiten."
Profitieren können natürlich in erster Linie die Unternehmen. Die können dank der hohen Selbstständigkeit in den USA immer leichter Arbeitskräfte nur zeitweise einstellen und nach Bearbeitung eines gegebenen Projektes nach Belieben wieder freisetzen. Zudem müssen sich die Unternehmen weder um Steuern noch um Krankenversicherung und andere Nebenkosten kümmern - dafür sorgt der Freelancer. Der wiederum davon profitiert, dass die Unternehmen unter diesen Bedingungen eher bereit sind, überhaupt Jobs zu schaffen und zu vergeben.
Dennoch ist das Konzept nicht für jeden geeignet. Der Selbstständige trägt ein hohes Risiko, immerhin kommen die Gehaltsschecks oft unregelmäßig und Job-Garantien gibt es nicht. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt, und nach diesem Motto besinnen sich offensichtlich immer mehr Amerikaner auf den "Can-Do"-Lifestyle, der das Land einst groß gemacht hat.
Da hilft natürlich, dass neue Technologien heutzutage den Schritt in die Selbstständigkeit erleichtern. Branchenstudien zufolge nutzen etwa immer mehr junge Freelancer Online-Software, die früher teuer und damit den Konzernen vorbehalten war. Die "Apps", die der Suchmaschinen-Riese Google ins Netz gestellt hat, reichen etwa vom Email-Programm GMail mit zur Zeit mehr als 10 Mio. Usern über Textverarbeitungs- und Tabellenprogramme bis hin zu Software für Präsentationen, die sogar die gleichzeitige Bearbeitung eines Dokuments durch unterschiedliche Nutzer erlauben.
Dazu gibt es den einfach zu bedienenden Webseiten-Designer, den schnellen Eintrag in Online-Karten und -Datenbanken und die Möglichkeit, mit ein paar Mausklicks verbrauchergesteuerte Werbespots für wenige Dollar zu schalten. Mehr als 1 Million Selbstständige und kleine Firmen nutzen die Programme, heißt es bei Google.
"Software sollte so einfach verfügbar sein wie Strom", erklärt Google-Entwickler Rishi Chandra. "Man sollte sich gar nicht darum kümmern müssen." So weit ist, wer sich im Netz die richtigen Programme aussucht.
Die richtige Idee und eine Portion Unternehmergeist braucht auch heute noch, wer aus einem festen Job aussteigt und auf eigene Faust arbeitet. Doch wenn die Amerikaner eines haben, dann ist es – angemessen oder übertrieben – Optimismus; vor allem in Krisenzeiten. Und zur Zeit ist das ganz wichtig, denn diese Einstellung allein könnte über kurz oder lang helfen, die angespannte Lage am Arbeitsmarkt etwas zu lockern.
Quelle: ntv.de