Wirtschaft

Uralkali droht der Konkurrenz K+S widersteht dem Druck

Tief unter dem Ural schaben Uralkali-Bergleute den Rohstoff für Düngemittel aus dem Fels.

Tief unter dem Ural schaben Uralkali-Bergleute den Rohstoff für Düngemittel aus dem Fels.

(Foto: REUTERS)

Kampfansage im Kali-Markt: Mit einem Strategieschwenk im Düngemittelgeschäft versetzt der Branchenriese Uralkali die gesamte Branche in Aufruhr. Hektisch bessern Analysten ihre Prognosen nach: Eine Kursziel nach dem anderen fällt. Jetzt legt Uralkali-Chef Baumgertner nach. Für K+S geht es weiter abwärts.

Einige Produzenten dürften von der Bildfläche verschwinden: Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner rechnet mit deutlich geringeren Kalipreisen (Archivbild).

Einige Produzenten dürften von der Bildfläche verschwinden: Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner rechnet mit deutlich geringeren Kalipreisen (Archivbild).

(Foto: REUTERS)

Der russische Kalikonzern Uralkali hat seine einschneidende Strategieänderung untermauert und erneut ausdrücklich vor Umbrüchen in der Branche gewarnt. Einige Kaliproduzenten könnten von der Bildfläche verschwinden, sagte Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner. Probleme dürften künftig die Unternehmen bekommen, die in der Produktion zu hohe Kosten hätten.

Mit seinen Aussagen heizt Baumgertner die Krisenstimmung in der Branche weiter an. Analysten sehen nach der überraschenden Ankündigung der Russen, das BPC-Exportkartell zu verlassen und selbst mit Vollauslastung zu produzieren, einen Paradigmenwechsel in der Branche: Die Preisdisziplin wird aufgegeben, im Fokus steht künftig das Absatzwachstum.

Die neue Strategie von Uralkali erschüttert die Branche fundamental: An der Börse haben die Aktien von Düngemittelherstellern zuletzt massiv an Wert verloren. Allein an den vergangenen beiden Tagen ging es für die Titel der Kasseler K+S um rund 30 Prozent abwärts. Allein am Dienstag rauschten die K+S-Papiere im Frankfurter Aktienhandel um knapp 25 Prozent in die Tiefe. Seit dem Kurswechsel bei Uralkali geht unter Anlegern die Angst um, dass es zu einem scharfen Preisverfall bei dem Rohstoff Kali kommt. Die kühle Logik: Dies würde die Gewinne der am Abbau beteiligten Unternehmen wohl massiv belasten.

"Es war absehbar"

Für die Branche haben sich die Realitäten nach dem Strategiewechsel von Uralkali radikal verändert. Seitdem schrauben Analysten ihre Bewertung für die Unternehmen radikal zurück. Manche Beobachter hatten zuletzt noch gezweifelt, ob Uralkali es mit der Aufkündigung des Kartells tatsächlich ernst meint.

Baumgertner räumte alle Zweifel daran nun aus: An einer einschneidenden Neuausrichtung der Branche führe kein Weg vorbei, bekräftigte der Uralkali-Chef. Der Ausstieg aus der gemeinsamen Vertriebspartnerschaft mit Belaruskali sei unvermeidbar gewesen. Und die neue Strategie, mit der die Produktion voll ausgelastet wird, sei absolut erforderlich, verteidigte Baumgertner die neue Ausrichtung. "Es war absehbar, dass das Scheitern von BPC und ein steigender Wettbewerb eine Neubewertung von Kali-Assets rund um den Globus auslösen wird", erklärte der Uralkali-Chef.

Wettbewerb in Schieflage

Baumgertners Aussagen haben Gewicht: Uralkali ist der - gemessen am Ausstoß - größte Kaliproduzent der Welt. Der Markt wurde lange Zeit von Kartellen bestimmt. Neben dem BPC-Kartell kontrolliert Canpotex aus Nordamerika ein weiteres Drittel der Produktion. Lange schien es, als ginge es für die Kalinachfrage ausschließlich nach oben - im Gleichschritt mit dem wachsenden Appetit nach Düngemitteln in den Schwellenländern. Im Jahr 2008 wurden am Spotmarkt für eine Tonne Kali mehr als 1000 US-Dollar gezahlt. Derzeit liegt der Preis bei etwa 400 Dollar.

Einen Grund für den bisherigen Preisrutsch sehen Branchenkenner in der Weltkonjunktur: Das Wachstum der Nachfrage habe sich parallel zu dem der Schwellenländer abgekühlt, heißt es. In Brasilien und Indien verschärfen Wechselkursverluste der jeweiligen Landeswährungen die Situation. Dieser Effekt treibt die Kosten des importierten Düngers für die lokale Landwirtschaft in die Höhe. Noch immer aber steigt das Angebot.

Klare Preisvorstellungen

Uralkali-Chef Baumgertner geht nun davon aus, dass der Preis je Tonne zum Jahresende auf etwa 300 Dollar sinken wird. Das sollte wiederum die Nachfrage ankurbeln. Besonders Farmer in Indien oder China würden dann mehr nachfragen, argumentiert Baumgertner. Der weltweite Kalikonsum dürfte im kommenden Jahr auf 59 bis 60 Millionen Tonnen von 53 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr steigen, schätzt der Manager.

Ob sich diese Prognose erfüllt, ist offen. Kenner der Branche gehen mittlerweile sehr vorsichtig mit solchen Zahlen um: Frühere Schätzungen nach einer steigenden Nachfrage aus Wachstumsmärkten hatten sich zuvor als zu optimistisch erwiesen. Das führte letztlich dazu, dass die Kalipreise bei gestiegener Produktion erheblich sanken.

K+S-Aktie reagiert

Für K+S ging die Talfahrt mit den neuen Baumgertner-Einlassungen zunächst nur wenig gebremst weiter: Erste Erholungsversuche an der 20-Euro-Marke wurden durch die neuen Aussagen zunichte gemacht, hieß es am Markt. Die Aktie verlor nach den Aussagen des Uralkali-Chefs zeitweise 6 Prozent und fiel bis auf 17,40 Euro. Zuletzt stabilisierte sich der Kurs bei 18,72 Euro - die Aktie notierte gut 1 Prozent im Plus.

"Heute hat Uralkali nochmal einen draufgesetzt und explizit die Produktionskosten als Überlebensfaktor ins Spiel gebracht", sagte ein Händler. Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner hatte betont, dass besonders Unternehmen mit zu hohen Produktionskosten in der erwarteten Branchenkonsolidierung untergehen könnten.

"Die Aussagen sind sehr interessant, weil Uralkali die niedrigsten und K+S die höchsten Kosten hat", ergänzte ein Analyst. Gleichzeitig könne Uralkali die Produktion fast beliebig erhöhen und damit Preisrückgänge ausgleichen. K+S könne dies aber nicht, da sie voll ausgelastet sei. Zudem setzte sich die Serie an Neubewertungen fort: Analysten von JP Morgan reduzierten das Kursziel von K+S von 30 Euro auf 17 Euro. UBS sieht das Kursziel unterdessen nur noch bei 16 anstatt bisher 23 Euro.

Späte Depot-Entscheidung

Die DZ Bank verkauft aus ihrem Hausbestand im "DZ Value Ideas"-Depot eigenen Angaben zufolge ein Paket von 2000 K+S-Aktien. Der Verkaufspreis werde dem Schlusskurs der Aktie an diesem Donnerstag entsprechen, hieß es. Grund für den Verkauf sei der Ausstieg des Konkurrenten Uralkali aus dem Kali-Vertriebskartell BPC. Dadurch könne es zu deutlichen Verwerfungen des Marktes kommen, schrieb die DZ Bank.

"Verlierer dieses Prozesses wären die europäischen und kleineren Anbieter und damit besonders K+S, die zum einen über die höchsten Produktionskosten als auch relativ geringe zusätzliche Kapazitäten verfügt", teilte die Bank mit. Das Risikoprofil des Unternehmens und der Aktie habe sich dadurch zum Negativen verändert. Obwohl der Aktienkurs bereits deutlich zurückgegangen ist, sieht die Bank ausdrücklich kein Aufwärtspotenzial mehr und verkauft deshalb ihre Position - trotz absehbarer Verluste.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ

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