Berggruen ist "irrsinnig glücklich" Karstadt-Rettung besiegelt
03.09.2010, 15:28 UhrNach zähem Ringen ist die Rettung der Warenhauskette endlich Wirklichkeit. Das Essener Amtsgericht stimmt dem Insolvenzplan zu. Dem gingen nervenaufreibende Verhandlungen mit dem Vermieter Highstreet voraus. Laut Investor Berggruen wird Karstadt "jetzt ein sehr aufregendes Leben haben".

Freudentag: Nicolas Berggruen besucht schon einmal eine Karstadt-Filiale am Berliner Kurfürstendamm.
(Foto: dpa)
Der Weg für den Einstieg von Investor Nicolas Berggruen bei der insolventen Warenhauskette Karstadt ist endgültig frei. Das Essener Amtsgericht nahm den Insolvenzplan an. Damit ist die Übernahme durch Berggruen in letzter Instanz bestätigt.
Zuvor hatten Berggruen und der Karstadt-Vermieter Highstreet die Mietverträge unterschrieben. Die darin vereinbarten Mietsenkungen waren Bedingung für den Einstieg des Investors, allerdings hatte sich eine Einigung über Wochen hingezogen. Am Morgen fehlten nach der grundsätzlichen Einigung vom Vortag dann zunächst noch einige Unterschriften.
Vor dem Gerichtsentscheid hatten Berggruen, Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen die Karstadt-Rettung in einer Filiale in Berlin verkündet. "Karstadt steht. Karstadt wird jetzt, glaube ich, ein sehr aufregendes Leben haben", sagte Berggruen. "Ich bin irrsinnig glücklich, dass ich dabei bin." Die Ministerin sprach von einem "Tag der Freunde" für das Unternehmen mit rund 25.000 Beschäftigten. Deren Arbeitsplätze und 120 Filialen will Berggruen erhalten.
Nun bestehe nur noch eine 14-tägige Beschwerdefrist, in der mögliche Verfahrensfehler beanstandet werden können, teilte das Essener Gericht mit. Am 1. Oktober soll dann Berggruen die Schlüsselgewalt für die Karstadt Warenhaus GmbH mit 120 Filialen und rund 25 000 Beschäftigten erhalten.
Die Tinte musste aufs Papier
Nach dem Treffen des Vermieterkonsortiums, dem der Großteil der 120 Karstadt-Warenhäuser gehört, am Vortag, hatte Berggruen lediglich eine grundsätzliche Einigung verkündet. "Alle, die ja sagen mussten, haben ja gesagt", hatte der Milliardär erklärt. "Aber die Unterschriften müssen zusammenkommen. Erst dann sind wir fertig." Der deutsch-amerikanische Milliardär hatte seit Monaten um Zugeständnisse der Vermieter gerungen. Sie belaufen sich angeblich auf mehr als 400 Millionen Euro. Der neue Mietvertrag war jetzt die letzte Voraussetzung für die Erfüllung des Kaufvertrags.

Wenn Puppen tanzen könnten. Es geht weiter. Auch im Karstadt-Stammhaus in der Innenstadt von Wismar.
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Highstreet erklärte, die Einigung mit Berggruen sei durch "enorme Zugeständnisse" der Vermieter möglich gemacht worden. Damit habe Highstreet "mehr als jeder andere Gläubiger" dazu beigetragen, einen soliden Neustart von Karstadt zu ermöglichen. Berggruen sei jetzt "in der Pflicht", Kapital und Ressourcen einzusetzen und zu beweisen, dass sein Plan für Karstadt gelingen könne. Highstreet hatte dies in der Vergangenheit stets bezweifelt. Das Konsortium war mit einem eigenen Angebot beim Karstadt-Gläubigerausschuss abgeblitzt.
Blick in eine ungewisse Zukunft
Berggruen will alle 120 Filialen erhalten. Sobald der Kaufvertrag in Kraft tritt, will er 70 Mio. Euro eigenes Kapital investieren. Die Marke Karstadt soll verjüngt und modischer werden. Der Warenhauskette würde damit - und wenn Berggruens Konzept aufgeht, - das Schicksal des Schwesterunternehmens Quelle erspart bleiben. Dem Versandhändler blieb vor fast einem Jahr nach gescheiterten Rettungsversuchen nur die Schließung.
Aber auch mit Berggruens Einstieg steht Karstadt nach Einschätzung von Branchenkenners eine ungewisse Zukunft bevor. Das Kaufhaus-Konzept für Innenstädte gilt als überholt, für die gesamte Warenhaus-Branche rechnen Experten in den kommenden Jahren allenfalls mit einer Stagnation. Entscheidend dürfte daher Berggruens Maßnahmen zur Neuausrichtung der Kette sein.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/DJ/rts/AFP