Börsenhändler beichtet Milliardenfehler Kerviel schreibt ein Buch
02.05.2010, 14:47 UhrDer für einen der größten Spekulationsverluste aller Zeiten verantwortliche Börsenhändler Jérôme Kerviel hat kurz vor seinem Prozess ein Enthüllungsbuch geschrieben. Er sei ein Mann, der zu seinen Fehlern stehe, der es aber ablehne, für ein verrückt gewordenes Finanzsystem zu büßen, schreibt Kerviel.
Auf rund 270 Seiten berichtet der Franzose detailliert über seine verhängnisvolle Zeit bei der Pariser Großbank Société Générale. Er hoffe mit dem Buch einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion über das Handeln von Banken leisten zu können, so der 33-Jährige. Kerviel hatte bei der Société Générale auf die Entwicklung von Aktienindizes wie den deutschen Dax spekuliert und den für seine Position zulässigen Rahmen weit überschritten. Nach Milliardengewinnen im Jahr 2007 hatte er kein glückliches Händchen mehr und verlor. Mit immer höheren Einsätzen versuchte er, die Verluste wettzumachen. Als die Affäre aufflog, schloss die Bank alle offenen Positionen Kerviels und verbuchte insgesamt einen Verlust von 4,9 Mrd.Euro.
"Ich bewegte mich in einem Milieu, das vollständig von der Realität abgekoppelt war - in mancher Hinsicht unverantwortlich", sagte Kerviel jetzt der Zeitung "Journal du Dimanche". In der Bank sei es nur darum gegangen, so viel Geld wie möglich zu machen - in so wenig Zeit wie möglich und fast egal wie. Er und seine Kollegen seien für die Vorgesetzten "Prostituierte" gewesen. "Wieviel hast Du gemacht?" - das sei die immer wiederkehrende Frage am Ende des Tages gewesen. Den Milliardenverlust habe nicht er gemacht, betonte Kerviel. Es sei die Bank gewesen, die seine offenen Positionen zu Schleuderpreisen verramscht habe.
Kerviel drohen wegen der Affäre bis zu fünf Jahre Haft wegen Untreue, Dokumentenfälschung und Manipulation von Computerdaten. Der Prozess gegen ihn soll am 8. Juni beginnen. Sein Buch erscheint am Mittwoch unter dem Titel "L'engrenage - Mémoires d'un trader" (deutsch: Das Räderwerk - Erinnerungen eines Traders) im Verlag Flammarion. Es sei eine Art Therapie, sagte Kerviel. Derzeit arbeite er für eine Computerfirma und verdiene 2.300 Euro im Monat. In einen Handelsraum wolle er nie wieder zurück.
Quelle: ntv.de, dpa